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Keine Frage des Geschmacks

Keine Frage des Geschmacks

Titel: Keine Frage des Geschmacks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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morgen gegen Mittag aus. Ich freue mich riesig, ich habe schon so lange keinen Törn mehr gemacht. Du bist ja kaum auf ein Boot zu bringen.«
    »Und wohin geht’s?«
    »Mal sehen, wie weit wir kommen«, sagte Laura. »Hängt vom Wind ab. Nach Süden halt.«
    »Wie heißt der Kahn eigentlich?«
    »›Amor II‹. Eine Grand Soleil, fünfzig Fuß. Zwei Bäder an Bord, eine Küche, in der es an nichts mangelt, und massenhaft Platz. Jede von uns hat eine eigene Doppelkabine. Wenn ich am Mittwoch keinen Termin hätte, würde ich am liebsten die ganze Woche draußen bleiben.«
    »Da könnt ihr ja noch Passagiere aufnehmen.«
    »Das würde dir so passen, mein Lieber.« Da war wieder ihr fröhliches, glockenhelles Lachen, in das er sich vor fast dreißig Jahren Hals über Kopf verliebt hatte. Eine wunderbare Frau.
    »Wer ist der Skipper?«
    »Mariantonietta natürlich.«
    »Wer?«
    »Aber ich hab dir doch von ihr erzählt, Schatz!«
    »Na, hoffentlich behält sie den Kopf auf den Schultern. Weiter südlich sind Gewitter angesagt«, behauptete er.
    Natürlich hatte Laurenti keinen Blick auf den Wetterbericht geworfen. Von Mariantonietta hatte Laura bisher noch nie erzählt.
    »Mach dir keine Sorgen, sie ist sehr erfahren. Sie hat mehrere Atlantiküberquerungen hinter sich.«
    »Habt ihr nicht zufällig noch einen Platz frei?«
    »Du kannst es einfach nicht lassen, Proteo. Platz gibt’s genug, aber wir Frauen wollen endlich einmal unter uns sein.«
    Als wäre Laura dies nicht auch daheim, Marco und er waren in diesem vor Weiblichkeit strotzenden Haushalt eine belanglose Minderheit.
    »Wer kocht?«
    »Wir sind bestens versorgt. Ach, Marco wird übrigens am Sonntag dich und seine Schwestern bekochen. Er hat frei, und Mamma kann sich endlich einmal erholen. Dann ist sie auch wieder zufriedener. Marco fährt schon seit Tagen mit dem Ruderboot zum Fischen hinaus. Allerdings weiß ich nicht, ob er was gefangen hat.«
    Laurenti gefiel der Gedanke, dass sein Sohn das Mittagessen zubereiten und damit Abwechslung in den Speiseplan der Familie bringen würde. Die Kochkünste seiner Schwiegermutter waren zwar nicht schlecht, doch wiederholten sich ihre Rezepte immer öfter.
    »Und falls wir beim Auslaufen an dem Haus vorbeikommen, ruf ich an und winke dir zu«, flötete Laura.
    »Ich wollte morgen ohnehin runter an den Strand.«
    »Ich glaube, Patrizia wird dort sein. Mit einem Freund«, warf Laura blitzschnell ein.
    »Was heißt das jetzt? Bin ich zu Hause nicht mehr erwünscht?«
    »Ich wollte nur, dass du Bescheid weißt. Sie ist im Moment leicht irritierbar und hat mit ihm in aller Ruhe etwas zu besprechen.«
    Bedeutete das wieder einmal, dass Laura längst über die Eskapaden ihrer Tochter im Bild war, während Laurenti erst vorletzte Nacht rein zufällig davon erfahren hatte? Und nur weil es der alten Camilla gegen den Strich ging. Wollte Laura etwa sagen, er möge Patrizia nicht stören, während sie dem frischgebackenen Vater ihrer Tochter Hörner aufsetzte? Armer Seemann.
    »Ist die Geschichte mit dem Neuen eigentlich ernst?«, fragte er unvermittelt.
    »Welcher Neue?«, fragte Laura mit großen Augen.
    »Patrizias Affäre. Dieser Typ von der Entbindungsstation.«
    »Ich weiß es nicht, Proteo.« Sie atmete auf und nahm rascheinen großen Schluck Wein. »Sag schon, wer es dir erzählt hat.«
    »Die Welt ist voller Spitzel. Vergiss nicht, welchen Beruf ich habe.«
    »Wir werden sehen, was passiert, wenn Gigi zurückkommt. Sie haben vereinbart, dass er die zwei Monate Urlaub bei uns verbringt. Und Patrizia hat auch davon geredet, dass sie vielleicht zusammen mit der Kleinen ein paar Tage wegfahren. Gigi will in die Berge.«
    »In die Berge«, raunzte Laurenti. »Im Sommer in die Berge!«
    »Auf See ist er schließlich die ganze Zeit. Also ich finde es prima, Patrizia muss sich erst wieder an ihn gewöhnen.«
    »Hast du dich eigentlich schon einmal gefragt, Laura, ob Gigi wirklich Barbaras Vater ist?«
    »Wie bitte?«
    »Barbara hat zwar das Haar ihrer Mutter, aber sie hat blaue Augen! Patrizia hat leuchtend grüne wie du, meine sind fast schwarz. Niemand in unserer Verwandtschaft hat blaue Augen! Und die von Gigi sind auch braun.«
    »Ach, Proteo.« Laura lächelte milde. »Erinnerst du dich gar nicht mehr an deine Kinder? Die wahre Farbe bildet sich doch erst in den nächsten Monaten aus. Hab Vertrauen.«

Morgens im Park
    Seit drei Stunden war er bereits auf den Beinen. Er brauchte endlich seinen Espresso. Es würde ein langer

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