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Keine Gnade

Keine Gnade

Titel: Keine Gnade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Annechino
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sehen, was sich hinter der Tür tat, ging aber davon aus, dass sein Klient den Umschlag abholte, den Spencer dort hinterlassen hatte, und sich schnell wieder auf den Weg machen würde. Glücklicherweise konnte Spencer am Ford Fusion das hintere Nummernschild sehen, ohne aus seinem Wagen aussteigen zu müssen, und notierte sich das Kennzeichen.
    Nachdem er über eine Viertelstunde gewartet hatte, wunderte sich Spencer, warum sein Klient immer noch nicht wieder herausgekommen war. Wie lange brauchte man denn, um einen großen Umschlag abzuholen? Vielleicht kaufte er Briefmarken? Verschickte einen Brief? Er verwarf seine Neugierde als inkonsequent und versuchte nicht weiter darüber nachzudenken. Doch Spencer überreagierte allgemein in den meisten Situationen. Und seine misstrauische Natur hatte ihm sein Fell schon sehr oft gerettet. »Vorsicht ist besser als Nachsicht« war schon immer sein Motto gewesen.
    Es war fast halb neun, als sein Klient mit einem dicken Umschlag unter dem Arm aus der Tür des Postamtes kam und in seinen Wagen stieg. Spencer ließ den Motor an und war bereit, seinem Klienten zu folgen. Er wartete und wartete, aber der Wagen seines Klienten bewegte sich nicht. Ah, dachte Spencer, »John Smith« war so gespannt auf die Informationen über Detective Rizzo, dass er mit dem Lesen nicht bis zu Hause warten konnte. Nach zwanzig Minuten hörte Spencer endlich das Brummen des Motors und sah die Rücklichter. Sehr darauf bedacht, sich in sicherem Abstand zu halten, folgte Spencer seinem Klienten so unauffällig wie möglich. Wenn man das Verfolgen eines Wagens, ohne bemerkt zu werden, als Kunst bezeichnen wollte, dann war Spencer Michelangelo.
    Während Spencer »John Smith« beschattete, ihm durch Bird Rock und Pacific Beach auf den Freeway 5 folgte, rief er Detective D’Angelo an, und ohne sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen – er sprach in einem Geheimcode, den nur wenige Menschen verstanden –, bat er den Detective, für ihn das Kennzeichen seines geheimnisvollen Klienten durchlaufen zu lassen. Er war so gespannt darauf, wer dieser mysteriöse Mann war, dass Spencer sich fühlte wie ein Kind am Weihnachtsmorgen, das auf den Sonnenaufgang wartet, um endlich die Geschenke öffnen zu können, die der Weihnachtsmann unter den Baum gelegt hatte.
    Â»John Smith« verließ den Freeway 5 an der Ausfahrt Del Mar Heights und fuhr Richtung Meer. Nach etwa anderthalb Kilometern stellte der geheimnisvolle Mann seinen Ford Fusion auf einem kleinen Parkplatz an der 10th Avenue neben einem kleinen freistehenden Gebäude ab. Spencer fuhr auf der anderen Straßenseite an den Rand. Als er seinen Klienten durch die Eingangstür gehen sah, fiel ihm der Firmenname auf dem Schild vor dem Gebäude auf, und er musste zweimal hinsehen, um sicherzugehen, dass ihn seine Augen nicht täuschten.
    Del-Mar-Kinderwunschzentrum?

    Es gab vieles bei der Arbeit eines Detectives, was Sami nicht mochte, doch ganz oben auf der Liste stand die Befragung von Verwandten eines Mordopfers. Egal wie diplomatisch oder taktvoll sie auch vorging, die Familienmitglieder emp fanden diese Fragen immer als unsensibel und unangemessen.
    Â»Ich habe noch nicht viel Erfahrung mit der Befragung von Familienmitgliedern«, gab Osbourn zu.
    Â»Nun ja, ich schon«, antwortete Sami. »Aber es wird niemals einfacher.«
    Osbourn fuhr, und Sami lotste ihn mit ihrem abgegriffenen Stadtplan durch die Straßen. Das Budget der Polizei von San Diego war so eingeschränkt, dass nicht einmal Detectives sich ein GPS -System anschaffen konnten. Doch die Tatsache, dass höhergestellte Beamte wie Captain Davison und Chief Larson, Vorgesetzte, die herzlich wenig im Außendienst unterwegs waren, diesen Vorteil nutzen konnten, machte Sami Rizzo wütend.
    Â»An der Orange Avenue vorbeifahren«, sagte Sami, »E Avenue ist die zweite auf der linken Seite. Dort suchen wir nach der Nummer 2264.«
    Wenn man erst einmal die Brücke passiert hatte, glaubte man sich in Coronado Island in einer völlig anderen Welt als in San Diego, in einer anderen Dimension. Es war idyllisch hier, so gar nicht wie in einer großen Stadt. Straßencafés und ausgefallene Läden säumten die Hauptstraßen. Könige, Königinnen, Filmstars und Präsidenten waren häufige Gäste im Hotel Del Coronado.
    Osbourn fuhr an den Straßenrand und

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