Keine Gnade

gesagt?«
    Â»Ihre Worte waren kaum hörbar. Ich konnte sie nicht ganz verstehen.«
    Â»Ist sie noch bei Bewusstsein?«
    Â»Die Schwester – ich glaube, ihr Name war Miss Oliver – hat ihr ein Sedativ gegeben, damit sie ruhig bleibt. Der Doktor sagt, dass ihr Herz sehr schwach ist und wenn sie sie nicht sedieren, könnte sie einen Herzstillstand erleiden.«
    Â»Wie heißt der Doktor?«
    Â»Es gehen so viele Ärzte in ihrem Zimmer ein und aus, dass mir sein Name entfallen ist. Meine Schicht ist gerade zu Ende, und ich gehe zu meinem Einsatzwagen. Das Clipboard mit der Liste der Ärzte und Schwestern, die zu Miss O’Neill dürfen, ist bei Joe Martinelli, dem Officer, der mich abgelöst hat. Ich habe im Krankenhaus Schwierigkeiten mit dem Funkempfang, aber ich gehe gern noch mal hoch, schaue auf dem Clipboard nach und rufe Sie sofort wieder an.«
    Â»Das ist nicht nötig, Officer. Sie gehen jetzt nach Hause und schlafen sich aus. Ich werde mich direkt mit Doktor Templeton in Verbindung setzen und mich von ihm informieren lassen, was los ist. Vielen Dank für den Anruf.«
    Sie stellte ihren Wagen auf dem Parkplatz neben dem Kinderwunschzentrum ab und klappte ihr Handy auf. Sie nahm nicht an, Doktor Templeton so früh schon in seinem Büro anzutreffen, aber sie konnte sich daran erinnern, dass er sie vor ein paar Tagen von seinem Handy angerufen hatte. Sie drückte ein paar Tasten und rief im Menü »Eingegangene Anrufe« auf, wo sie seine Handynummer fand.
    Nach dreimal Klingeln erwartete sie die Voicemail zu ­hören, doch stattdessen vernahm sie die Stimme des Arztes.
    Â»Hier ist Doktor Templeton.« Er klang beschäftigt.
    Â»Hi, Doktor, es tut mir leid, Sie so früh schon zu stören, doch …«
    Â»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Detective Rizzo. Ich bin schon seit dem frühen Morgen auf. Habe gerade mein Kardio-Workout begonnen und könnte mich deshalb etwas kurzatmig anhören. Was kann ich für Sie tun?«
    Â»Ich habe gehört, dass McKenzie O’Neill kurz zu Bewusstsein gekommen ist, aber irgendein Arzt hat sie mit einem Beruhigungsmittel wieder in die Bewusstlosigkeit geschickt. Waren Sie das, Doktor?«
    Â»Nein, das war höchstwahrscheinlich Doktor Hastings, ein Kollege in der Kardiologie. Er war heute früh dazu eingeteilt, einige Pre- OP -Tests am Patienten abzuschließen. Wir haben noch nicht miteinander gesprochen.«
    Â»Warum hat er sie sediert? Wir haben eindeutige Anweisung hinterlassen, dass man uns informieren soll, sobald sie auch nur irgendwie zuckt. Nun haben wir die wichtige Gelegenheit verpasst, mit ihr zu reden, was uns zu ihrem Angreifer hätte führen können.«
    Â»Detective, es ist schwer für mich, das jetzt zu kommentieren, ohne vorher mit Doktor Hastings gesprochen zu haben. Trotzdem kommt es mir so vor, als ob er das Richtige getan hätte. Das Leben dieser jungen Frau hängt an einem seidenen Faden. Jede Aufregung kann sie in eine lebensbedrohliche Lage versetzen. Unter normalen Umständen – wenn es denn in der Medizin überhaupt so etwas gibt – hätten wir diese junge Frau schon operiert. Doch leider ist das Risiko, sie nicht unter der Anleitung des erfahrenen Doktor Fishers, ein Herzchirurg aus San Francisco, zu operieren, größer als das Risiko eines kurzen Aufschubs der OP . Doktor Fisher fliegt am späten Vormittag ein. Er und ich sowie zwei weitere Herzchirurgen werden Miss O’Neills Zustand dann gemeinsam beurteilen und entscheiden, wie das weitere Procedere aussehen wird. Die Operation ist gleich als erste für morgen früh angesetzt, und wenn wir erfolgreich sind, sollte sie innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden wieder zu Bewusstsein kommen. Dann können Sie so lange mit ihr sprechen, wie Sie möchten, ohne dabei ihr Leben aufs Spiel zu setzen.«
    Wie könnte sie als Laie seine professionelle Meinung in Frage stellen? »Ich danke Ihnen für die Erklärung, Doktor. Haben Sie irgendeine Vorstellung, wie lange die Operation dauern wird?«
    Â»Das ist schwer zu sagen. Die chirurgischen Eingriffe, mit denen wir es hier zu tun haben, werden voraussichtlich zehn bis zwölf Stunden in Anspruch nehmen. Letzten Endes wird Miss O’Neill eine Herztransplantation brauchen, die – man kann es kaum glauben – weniger riskant sein könnte als das, womit wir es morgen zu