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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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er wegfuhr. Sie hoffte, daß es
Lia gutging. Sie sprach sehr selten über ihr Leben, abgesehen davon, was sie
mit den Kindern unternommen hatte. Sie führte Tagebuch über Guy, genauso wie
über Anouska, in dem sie detailliert aufschrieb, was er gegessen und gesagt
hatte, und was sie unternommen hatten. Sie war eine außergewöhnlich engagierte
Tagesmutter, die zu glauben schien, irgendwie versagt zu haben, wenn das Wetter
zu schlecht war, um jeden Tag mit den Kindern spazieren zu gehen, oder wenn sie
am Ende der Woche nichts Neues gelernt hatten. Es war, als hätte sie kein
Selbstvertrauen, was lächerlich war, denn jeder Blinde konnte sehen, daß sie
intelligent, gütig und schön war — die Verkörperung praktisch aller
Eigenschaften, die es sich zu haben lohnte.
    Obwohl sie Freundinnen waren und sie
ihr unendlich dankbar dafür war, daß sie auf Guy aufpaßte, hatte Ginger nie das
Gefühl, ihr näherzukommen. Es war keine Klassenfrage, wie sie zuerst gedacht
hatte, sondern eine Frage des Selbstvertrauens, wenn ihre unterschiedliche
Erziehung auch etwas damit zu tun haben mußte. Lia versuchte immer, über alle
etwas Nettes zu sagen, und manchmal hatte Ginger große Lust, ihr klarzumachen,
daß sie es viel lieber hätte, wenn sie wenigstens ab und zu mal ein bißchen
zickig wäre.
    Ginger war sich sicher, daß Lias Beziehung
zu Neil es auch nicht gerade besser machte. Lia sagte nie etwas gegen ihn, aber
er schien nie für sie da zu sein, und nach dem zu urteilen, was sie an diesem
Abend erzählt hatte, klang ihr Sexualleben ziemlich trostlos. Nach Gingers
Erfahrung waren Männer, die so gut aussahen wie Neil, normalerweise arrogant
und unzuverlässig, und selbst, wenn er eine Ausnahme war, hatte er genug
Komplexe, um den Lebensunterhalt mehrerer Psychiater gleichzeitig zu sichern.
    Als das Auto verschwand, drückte
Ginger Guy an sich und dachte, daß sie nichts dagegen tun konnte. Lia mußte ihr
Selbstvertrauen selbst finden. Man konnte es nicht kaufen oder geschenkt
bekommen. Sogar ihren Versuch, sie ins Ballett einzuladen, hatte sie höflich,
aber stolz abgelehnt. Bei solchen Dingen mußte man feinfühlig sein, konnte
Ginger Pic geradezu mit warnender Stimme sagen hören.
    »Was wollen wir heute abend machen?«
fragte sie Guy und setzte ihn neben dem Sofa auf den Boden. Sofort versuchte
er, sich hochzuziehen.
    »Da da da da da«, antwortete er und
schwankte triumphierend neben ihrem Knie, bevor er sich abrupt auf den Hintern
setzte.
    »Hmm, ich denke, du hast recht. Wir
sehen ein bißchen fern, essen einen Happen, baden und gehen ins Bett, okay?«
übersetzte Ginger.
    Guy lächelte und zog sich wieder hoch.
    Das Telephon klingelte. Ginger nahm
lachend ab. »Hallo? Ach hallo, Daddy.« Sie sah Guy an und zog die Augenbrauen
bis zum Himmel.
    »Geht es dir gut?« fragte ihr Vater.
    »Ja, danke. Müde wie immer, aber es
geht mir gut.«
    »Und der kleine Kerl?«
    Ginger freute sich sehr über die
liebevolle Art, mit der ihr Vater inzwischen über Guy sprach.
    »Ihm geht’s gut. Er steht gerade neben
mir.«
    Als wollte er ihre Worte widerlegen,
verlor Guy die Balance und setzte sich mit einem Bums wieder hin.
    »Er steht? In seinem Alter? Meine
Güte, er macht wirklich Fortschritte«, sagte ihr Vater.
    Sie hörte förmlich, wie er sich diese
Information mit einem Kugelschreiber notierte, damit er bei seinen Freunden,
die ebenfalls kleine Enkel hatten, mit Guys neuester Leistung angeben konnte.
Das Leben ihres Vaters war von Konkurrenzdenken geprägt. Ginger fragte sich,
wie er reagiert hätte, wenn Guy ein zartes, kleines Mädchen wie Anouska gewesen
wäre statt des robusten Rabauken, zu dem er sich entwickelte.
    »Nun, ich hoffe, euch beide morgen zum
Rennen bei Ian zu sehen«, sagte ihr Vater.
    Sein engster Freund besaß in
Hammersmith ein Haus, das an den Fluß grenzte. Dort gab er anläßlich des
Bootsrennens eine alljährliche Party. Ginger und Pic waren jedes Jahr dort
gewesen, seit sie alt genug waren, eine Schüssel mit Erdnüssen zwischen den
erwachsenen Gästen herumzureichen, die sich im Garten versammelten und wie
Fußballhooligans lautstark die gegnerischen Boote anfeuerten. Jedes Jahr, außer
im letzten, als sie wegen ihrer Schwangerschaft in Ungnade gefallen war. Allein
diese Tatsache verlieh dem Angebot ihres Vaters zusätzliche Bedeutung. Sie und
ihr Sohn wurden in der feinen Gesellschaft wieder willkommen geheißen, und es
war eher ein Befehl als eine Einladung.
    »Ach, es tut mir leid, Daddy, aber

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