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Keine große Affäre

Keine große Affäre

Titel: Keine große Affäre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imogen Parker
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nicht«, sagte
sie, enttäuscht darüber, daß er sie nicht verstanden hatte. Ein Tragetuch wäre
noch schlimmer. Sie hatte Paare gesehen, die sich ihre Kinder umgebunden hatten
wie Indianerinnen ihre Indianerbabys. Das sah einfach lächerlich aus.
    Als sie an ein paar Familien
vorbeikamen, die mit ihrem Nachwuchs im Kinderwagen vor der Orangerie
picknickten, beobachtete sie, wie Stephen freudig lächelte und »Guten Tag«
sagte, während sie es vermied, auch nur hinzusehen. Es erinnerte sie an die
Szene in Vom Winde verweht, in der Rhett Butler fest entschlossen ist,
seine Tochter in die feine Gesellschaft einzuführen, und den stolzen Vater
gibt, während Scarlett peinlich berührt neben ihm herschleicht. Es war, als
hätte sie innerlich den Wandel von Frau zur Mutter noch nicht vollzogen, als
würde ihre Identität hinter der Realität herhinken.
    »Ich hab eine Idee. Laß uns zum Tee
ins Maids of Honour gehen«, schlug Stephen vor, als sie sich dem Haupttor
näherten. Er war sehr aufgeräumt und genoß ganz offensichtlich den Urlaub und
seinen neuen Status als Vater.
    »Okay«, stimmte sie zu. Sie war zwar
nicht besonders hungrig, hoffte jedoch, jeden Moment von seiner Begeisterung
angesteckt zu werden.
    Auf Kew Green war ein Kricketmatch im
Gange. Sie blieben einen Augenblick an dem niedrigen Zaun stehen und
bewunderten die nahezu perfekte englische Kulisse: die weißgekleideten
Kricketspieler vor der Kirche und der Ahornreihe, der leise Applaus der
Zuschauer. Ein Werfer nahm Anlauf. Dem Schlagmann an der Linie gelang ein
Sechserschlag. Das Geräusch von Leder auf Weidenholz schien einen Moment in der
Luft zu verweilen, als sie den Ball in hohem Bogen durch die Luft fliegen
sahen. Außer Sichtweite fiel er zu Boden.
    »Guter Schlag!« rief Stephen. Er nahm
die Hände vom Kinderwagengriff und klatschte.
    Alison stand neben ihm und zitterte,
von der Macht des Déjà-vu aus der Fassung gebracht. Ein Déjà-vu im wahrsten
Sinne des Wortes, dachte sie, denn sie hatte es wirklich schon einmal gesehen,
diese entschlossene Schulterbewegung und das Ausholen mit dem Schlagholz. Schon
tausendmal. Ein einfacher Schlag gegen einen Kricketball, und die Erinnerungen
eines Sommers übermannten sie.
     
    Auch damals war das Gras braun
gewesen, verdorrt von der wochenlang erbarmungslos herabbrennenden Sonne. Neil
war einer der besten Schlagmänner der Stadt, und man sagte, wenn er so
weiterspielte, würde er in die Mannschaft der Grafschaft berufen, noch bevor er
zwanzig würde. Treu und brav sah sie sich jedes Spiel an, und wenn er vom Feld
kam und der weiße Kricketdreß seine Augen noch leuchtender und blauer
erscheinen ließ als sonst, stiegen sie auf sein Motorrad und fuhren hinaus zur
Blauen Lagune, einer überschwemmten Kiesgrube ein paar Meilen von der Stadt
entfernt, der sie diesen romantischen Namen gegeben hatten. Es war gefährlich,
dort zu schwimmen. An der Oberfläche war das Wasser warm, darunter war es
jedoch tief, kalt und tückisch. Jeder wußte, daß schon gute Schwimmer dort
ertrunken waren, aber das hielt sie nicht davon ab, sich die Kleider
abzustreifen und ins Wasser zu tauchen, um sich Abkühlung zu verschaffen.
    Abends fuhren sie mit einer
Motorradgang zu Pubs auf dem Land und tranken Cider. Und eines Nachts, als
seine Eltern wie jedes Jahr vierzehn Tage in Scarborough waren, hatte Neils
Bruder Pete das Parktor aufgeschlossen und alle hereingelassen. Sie lagen auf
dem Rücken im flachen Kinderplanschbecken und schauten zu den Sternen.
    Neil ließ noch einen Viererschlag über
die trockenen braunen Stoppeln fliegen.
    »Dieser Schlagmann ist wirklich nicht
schlecht«, bemerkte Stephen.
    »Elast du während der Schulzeit
Kricket gespielt?« fragte Alison, die versuchte, sich abzulenken, und sah ihren
Mann an.
    »Ein bißchen. Ich war mal ein halbwegs
annehmbarer Werfer«, antwortete Stephen.
    Wie seltsam es war, nichts darüber zu
wissen, wie der Mann an ihrer Seite diesen traumhaften Sommer verbracht hatte,
aber sich an jede Minute davon mit dem Mann in der Ferne zu erinnern.
    »Laß uns nach Hause gehen«, sagte sie und
wandte sich von dem Match ab.
    »Kein Tee?« fragte Stephen.
    »Doch, natürlich, wenn du gern
möchtest«, sagte sie hastig. Er sollte nicht denken, daß sie es vergessen
hatte.
    »Müde?« fragte er, wendete den
Kinderwagen mit einer Hand in Richtung Heimat und legte den Arm um sie.
    »Ja«, sagte sie matt. »Hundemüde.«

Kapitel 3
    — -----------
     
     
    September
     
    Am ersten

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