Keine große Affäre
auch eine Verabredung?«
fragte Lia Alison, als Ginger hinter ein paar großen Koniferen verschwand.
»Na ja, eigentlich kommt meine Mutter
heute nachmittag, deshalb sollte ich auch lieber nach Hause gehen«, sagte
Alison. Als sie Lias langes Gesicht sah, fühlte sie sich schuldig und fügte
spontan hinzu: »Aber wieso kommst du nicht mit zu mir? Wir könnten zusammen
einen Happen essen...«
»Bist du sicher?« fragte Lia.
»Natürlich. Wenn du nichts gegen Reste
aus dem Kühlschrank hast«, sagte sie und versuchte sich zu erinnern, was sie
noch da hatte. Seit Justine, ihre Kinderfrau, sich um Ben kümmerte, machte sich
Alison nicht mehr so viele Gedanken über den Haushalt. Einkaufen und Kochen
waren Tätigkeiten, die ihr ab und zu großen Spaß machten, doch wenn sie zur
Routine wurden, langweilte sie sich dabei. Stephen hatte schon seinen Kommentar
dazu abgegeben, daß sie sich anscheinend nur noch von Pizza ernährten, die sie
sich telefonisch bestellten, wenn er spätabends nach Hause kam, und die von
einem pickeligen Jungen auf dem Moped ausgeliefert wurde.
»Es ist nur, daß Neil heute abend ein
Fußballspiel hat, deshalb ist der Tag heute etwas lang für mich«, sagte Lia,
als sie die Straße hinabschlenderten, in der Alison wohnte.
»Ja. Stephen scheint im Moment auch
nur noch zu arbeiten, und ich habe Justine anstatt Samstag heute frei gegeben.
Habe ich dir schon erzählt, daß wir eine Nacht verreisen? Zwar nur in ein Hotel
am anderen Ende der Straße, aber ich bin schon so aufgeregt... Na ja,
jedenfalls will ich nicht, daß sie mit meiner Mutter in Kontakt kommt.« Alison
zog eine Grimasse. »Das ist wahrscheinlich etwas unfair, denn meine Mutter hat
mir viel geholfen und alles, aber... Da sind wir.«
Sie manövrierten die Kinderwagen in
den geräumigen Flur. Beide Babys schliefen noch.
»Das bunte Glas in der Tür gefällt mir
sehr gut«, sagte Lia.
»Oh, danke.« Alison lächelte. »Das ist
leider nicht die Originalglasscheibe. Als wir das Haus gekauft haben, mußten
wir fast alles rauswerfen. Es war in den Siebzigern >verschönert< worden.
Sie hatten Spanplatten über die Paneeltüren genagelt, kannst du dir das
vorstellen?«
Lia machte ein angemessen überraschtes
Gesicht, obwohl sie keinen Schimmer hatte, was eine Paneeltür war. Sie folgte
Alison in den großen Raum, der sich vom vorderen Teil des Hauses bis zu einem
Wintergarten am hinteren Ende erstreckte. Mit den nackten, polierten
Dielenbrettern und den Läufern sah es hier aus wie bei Schöner Wohnen, dachte sie. Im Wohnbereich säumten Bücher die Wände, und mittendrin stand ein
gigantisches Sofa mit einem Überwurf aus Terracottaleinwand, auf dem sich
prächtig gemusterte Kissen häuften. Der Küchenbereich war vorwiegend in
Dunkelgrün gehalten. Dort gab es einen riesigen, stabilen Holztisch, auf dem
eine große, blaue Glasschale mit Zitronen stand. Sie faßte sie an, um herauszy.
finden, ob sie echt waren.
Alison füllte einen Wasserkocher, der
ebenfalls dunkelgrün war, und öffnete die Tür eines gewaltigen Kühlschranks im
amerikanischen Stil. »Bist du einverstanden mit Salat und etwas Pastete?«
fragte sie.
»Toll«, sagte Lia, die versuchte,
nicht allzu beeindruckt zu wirken. Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte
sich.
»Möchtest du ein Glas Wein?« fragte
Alison, die sich der leichten Verlegenheit bewußt war, die man immer verspürte,
wenn jemand zum ersten Mal zu Besuch kam.
»Ja, gerne.«
Lia beobachtete, wie Alison eine
Flasche entkorkte, die sie aus dem Kühlschrank genommen hatte, und Weißwein in
grüne Stilgläser goß. Dann machte sie den Salat fertig. Sie zerriß
Kopfsalatblätter und rosageäderten Mangold und warf ihn in eine gigantische
Schüssel mit Form und Farbe eines Kohlblattes. Sogar der Salat paßte ins
Farbschema, dachte Lia.
»Phantastische Küche«, sagte sie.
»Danke. Kochst du oft?« fragte Alison.
»Früher ja. Nichts Ausgefallenes. Aber
jetzt scheine ich einfach nicht mehr dazu zu kommen. Ich weiß nicht, warum. Das
Leben verändert sich in jeder Hinsicht, findest du nicht? Und keiner sagt es
einem.«
»Wahrscheinlich tun sie es schon«,
sagte Alison. »Man kann sich nur nicht vorstellen, wie es wirklich ist, bevor
man bis zum Hals drinsteckt.«
Lia lachte schwach und trank einen
Schluck Wein. »Kann Stephen gut mit Ben umgehen?« fragte sie und sah
Überraschung in Alisons Gesicht.
Sie hatten noch nie über ihre Partner gesprochen,
was eigentlich seltsam war, weil sie immer, wenn
Weitere Kostenlose Bücher