Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
nachdenke, glaube ich, dass es doch keine so gute Art ist, jemanden kennen zu lernen. Immerhin – es könnte einen Versuch wert sein und wenn auch nur, um das Speed-Dating in ein besseres Licht zu rücken ... Himmel hilf, ich brauche eine Idee für diese Kampagne!!!
Büro, Dienstag, 18. Januar, 11:30 Uhr
Ach du liebes bisschen. Duncan hat mir gerade was gezeigt, das an Niveaulosigkeit sowohl »Dating in the Dark« als auch Speed-Dating in den Schatten stellt. Offenbar sind die Briten mittlerweile derart vereinsamt und haben so wenig Zeit, dass sie auf eine Methode der Partnersuche verfallen, die geschmackloser nicht sein könnte: »Fast Food Dating«.
Der Gedanke hinter dieser Initiative ist, dass sich eine Gruppe hungriger Singles im geschmackvollen Ambiente des Regent Street Burger Kings versammelt. Man wird in Pärchen eingeteilt und hat nun die Gelegenheit, in der Zeit, die man braucht, um ein Flame-Grilled-Whopper-Menü zu vertilgen, einander kennen – und lieben – zu lernen. Kein Witz. Das gibt es wirklich. Offenbar ist bereits eine landesweite Ausweitung der Idee geplant. Laut den Organisatoren ist dies der »effektivste Weg, die Liebe zu finden, wenn man zeitlich etwas unter Druck steht«.
Schimpft mich ruhig einen unverbesserlichen Romantiker, aber haben wir wirklich so wenig Zeit und nur das berufliche Vorankommen im Kopf, dass wir es mit Burger Dating versuchen müssen? Kann die txt-Generation wirklich nicht mehr die nötige Zeit für die Liebe aufbringen? Ich meine, es gab einmal eine Zeit, als Romanzen eine langsame, quälende Angelegenheit waren, voll peinlicher Gesprächspausen über eleganten Diners, atmosphärischen Spaziergängen an Flüssen oder Seen, ein Labyrinth aus Er-liebt-mich-er-liebt-mich-nicht-Dilemmas und Wird-sie-wird-sie-nicht-Komplexen... und obwohl all das ganz schön anstrengend sein kann, so gehört es doch sicher zum Prozess der Liebesfindung? Heutzutage scheint sich die Suche nach der wahren Liebe in einen hektischen Mischmasch aus Bewertungskarten und Kulis, Küssen über Ketchup, Heirat über Pommes verwandelt zu haben... Es wird nicht mehr lange dauern, bis MacDonald’s mit einem McLove aufwartet! Ist Cupido unserer so überdrüssig geworden, dass er sich verkrümelt hat, um irgendwo in Ruhe mit seiner X-Box zu spielen?
Und noch was. Was sollen zwei »Kreuzchen«, die einander gefunden und geheiratet haben, später einmal ihren Kindern und Enkelkindern erzählen, wie sie sich kennen gelernt haben?
»Daddy hat Mummy eines Abends in einer Bar kennen gelernt – und noch bevor die Glocke das Ende der drei Minuten einläutete, wusste Mummy, dass er der Richtige war!«
Ich meine, ist es das, was wir unseren Enkeln erzählen wollen?
»Mummy hat Daddy über ein Cordon Bleu im Dunkeln kennen gelernt. Es war Liebe auf den ersten Biss!«
Ist es das, was wir sagen werden?
Büro, Dienstag, 18. Januar, 15:00 Uhr
Nun, da ich weiß, dass weder Ketchup noch Essen im Dunkeln im Spiel sind, erscheint mir Speed-Dating schon ein klitzekleines bisschen sympathischer. Meine Inbox erfreut sich nach wie vor einer geraumen Anzahl von Follow-Up-Mails. Leider gibt es dabei ein entscheidendes Problem. So nett einige von diesen Männern auch sein mögen, ich kann mich beim besten Willen an kein einziges Gesicht mehr erinnern, oder gar wer wer war. Ich habe daher beschlossen, dass es am besten ist, sämtliche Kontakte abzubrechen und noch mal ganz von vorne anzufangen – nur diesmal methodischer. Duncan hat seine Kreuzchen schon längst aufgegeben und stattdessen angefangen, Lotto zu spielen – das sei weitaus befriedigender und zahle sich außerdem finanziell besser aus, meint er. Ganz unter uns, ich habe den Eindruck, dass er es mit dem Lottospielen allmählich ein wenig übertreibt, doch hat er schon immer eine etwas zwanghafte, obsessive Natur gehabt. Ich werde ihn unauffällig im Auge behalten.
Sally andererseits hat sich seit dem Speed-Dating-Abend schon mit einer Reihe von mehr oder weniger aussichtsreichen Kandidaten getroffen – allesamt den »Extra-Zeitaufwand« nicht wert, wie Sally meint. Ihr vorläufiges Urteil lautet, dass drei Minuten eindeutig zu wenig sind, um einen Menschen richtig einschätzen zu können. Sicher, drei Minuten können eine Ewigkeit sein, wenn es sich um die total Undiskutablen handelt – aber jene, bei denen du dir nicht ganz sicher bist, die lassen sich in drei Minuten unmöglich fair beurteilen. Laut Sally besteht eine eindeutige Gefahr,
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