Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
Media/Creative-Special sein soll, hoffentlich also eine Gelegenheit, Leute mit ähnlichen Interessen und beruflichem Hintergrund kennen zu lernen. Dies zumindest ist ermutigend.
Um also das meiste aus dem Abend herauszuholen, hat Sally sich einige Richtlinien einfallen lassen. Jeder wahrhaft passionierte Speed-Dater sollte sich (wenn möglich) an folgende Regeln halten: (nebenbei bemerkt, Sally arbeitet in der Buchhaltung, hat also viel mehr Zeit als wir kreativen Köpfe, daher ist mein Beitrag zu dieser Liste eher gering)
Sallys (und Amelies) wichtigste Speed-Dating-Tipps:
a. Konzentriere dich!
Dies ist absolute Voraussetzung (betrifft besonders Amelie: versuche nicht gar so gelangweilt dreinzuschauen).
b. Mach dir mehr und bessere Notizen!
Falls nötig, folge einer Serie von Kürzeln, die du hinterher entschlüsseln kannst, z.B. folgende:
Jude = gemeißelte Gesichtszüge
Jonny = schöne Haare
Brent = nervtötender Idiot
Norman = langweiliger Strebertyp
Michael = möglicherweise Päderast
Mackenzie = humorvoll
und so weiter.
c. Merke dir ihre Namen!
Ebenfalls unabdingbar. Versuche dir einzuprägen, wer wer ist. Wir wollen bei möglichen Folgetreffen schließlich nicht unsere Zeit mit einem Brent oder Norman verschwenden. Falls nötig, lass dir Gedächtnishilfen oder Eselsbrücken einfallen, um dir die Namen zu merken.
d. Denk dir ein paar dämliche Fragen für den Notfall aus!
Verlegenes Schweigen ist aus irgendeinem Grunde beim Speed-Dating noch viel schlimmer als sonst. Deshalb brauchen wir ein wenig Reservemunition. Aber nicht ganz so blöde Fragen, wie wir sie beim letzten Mal gestellt bekommen haben – über irgendwelches Gemüse. Irgendwas Unverfängliches, aus dem sich was machen lässt. Oh, ach ja, und diesbezüglich müssen wir uns absprechen, um nicht dieselben Phrasen zu benutzen – immerhin werden wir dieselben Männer kennen lernen.
e. Tu so, als ob dir das Ganze Spaß macht!
Du willst schließlich nicht, dass sie dir auf die Schliche kommen, oder? (Betrifft abermals Amelie)
Na gut, das sollte fürs Erste reichen.
7. KAPITEL
Glockenläuten
Als Amelie vor Langley’s Bar in Covent Garden auftauchte, erwarteten sie dort, im Gegensatz zu ihrem ersten Speed-Dating-Abend, keine Menschenschlangen. Wo waren die Leute geblieben? Wo war Sally? Hatte sie sich im Lokal geirrt? Sie war bestimmt nicht so spät dran, oder? Ein Blick auf ihre Uhr und ihre Bestätigungs-E-Mail, und sie erkannte mit wachsender Bestürzung, dass sie möglicherweise die Anmeldung verpasst hatte. Ihre Kehle war wie zugeschnürt, und das Fertiggericht, das sie eine Stunde zuvor vertilgt hatte, drohte ihr aufzustoßen. Was würden die Organisatoren sagen? Würde man sie öffentlich für ihren mangelnden Sinn für Pünktlichkeit rügen? Sie von der Veranstaltung ausschließen? Sie holte tief Luft und stieg die steile Treppe zur Bar hinunter. An der Tür hing ein Schild: »Privatveranstaltung«. Mutig zog sie sie auf.
»Also dann, ich bitte um Eure AUFmerksamkeit! Danke. Ähem. Guten Abend allerseits. Ich begrüße euch recht herzlich zu unserem Creative Fast Love Event, hier in der Langley’s Bar in Covent Garden. Ich freue mich, dass ihr alle so zahlreich erschienen seid. Also, bevor wir beginnen, habe ich noch ein paar Dinge mitzuteilen. Aber ich mache es kurz! Marty und ich werden heute Abend eure Gastgeber sein. Wenn ihr Fragen oder Probleme habt, bitte zögert nicht, euch an einen von uns zu wenden. Wir sind hier, um dies zu einem unvergesslichen Abend für euch zu machen!«
Amelie, die die schwere Chromtür so leise wie irgend menschenmöglich hinter sich geschlossen hatte, fand sich jäh im direkten Blickfeld der missbilligenden Augen ihrer Fast-Love-Hostess, die auf einem Podium stand, von wo aus sie die einleitenden Worte sprach. Amelie warf einen raschen Blick um sich und sah, dass der Raum bereits vollgepackt war mit kleinen Tischen für zwei, auf denen je eine romantische Kerze flackerte. Die Wände waren mit lila Samtvorhängen ausgekleidet, und auf der Bar lagen rote Rosenblütenblätter verteilt. Im Hintergrund lief dezente Schmusemusik. Als Amelie klar wurde, dass sie im denkbar ungünstigsten Augenblick hereingeplatzt war, versuchte sie sich rasch hinter einem der lila Samtvorhänge zu verstecken, aber es war bereits zu spät. Die Augen aller Anwesenden waren neugierig auf diesen Nachzügler, deren wilder brauner Lockenschopf feucht vom Regen an ihrer Stirn klebte und deren Wangen merklich
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