Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
rot wurden, gerichtet.
Die Dame auf dem Podium, deren wasserstoffblonde Haare in zwei kurze steife Zöpfe gebunden waren, senkte ungehalten ihr Klemmbrett. Sie setzte ein falsches Lächeln auf und sagte: »Sie wollen am Fast-Love-Abend teilnehmen, der bereits begonnen hat, wie ich annehme?!«
»Ja, hallo! Ja, das würde ich gerne«, stammelte Amelie vor der gaffenden Speed-Dating-Schar. Sie hasste sich für ihre Trägheit und dass sie vor dem Fernseher sitzen geblieben war, um sich die Simpsons fertig anzusehen. Nur deshalb hatte sie sich diese Demütigung eingebrockt.
Die weißblond bezopfte Hostess stieg mit einem theatralischen Seufzer von der Bühne, um sich des lästigen Nachzüglers anzunehmen. Die anderen Teilnehmer verfolgten das Ganze amüsiert. Amelie wäre am liebsten davongelaufen. Das Einzige, was sie davon abhielt, war Sally, die sie in diesem Moment erspähte und deren Blick mit einer unbehaglichen Mischung aus Zorn und Mitleid auf ihr ruhte. Die hochmütige Hostess, deren Name, laut Namensschildchen, »Anna« lautete, warf einen Blick auf ihre Liste und sagte in jenem arroganten Ton, der Amelie immer furchtbar auf die Nerven ging: »Wie war noch gleich der Name?«
»Den habe ich Ihnen noch gar nicht gesagt«, brummelte sie rebellisch und fügte dann, etwas lauter, hinzu: »Ich heiße Amelie. Amelie Holden.«
»Also gut, Amy, mal sehen.« Anna ließ einen kirschrot lackierten Fingernagel über die Teilnehmerliste gleiten. »Hier haben Sie Stift und Bewertungskarte, dann können Sie schon mal Ihren Namen draufschreiben und Ihr Namensschildchen beschriften. Sie sind Nummer 26, verstanden?«, sagte sie, während sie Amelie besagte Gegenstände aushändigte.
»Also, da die Partner bereits zugeteilt wurden, werden Sie wohl oder übel ein paar versäumen. Augenblick, lassen Sie mich nachdenken.« Annas rundes Gesicht nahm eine angespannte Miene an, und ihre nussbraunen Augen verengten sich; es war offensichtlich, dass sie, wie sie es angekündigt hatte, »nachdachte«. Ihr Blick glitt über die fünfundzwanzig nervös wartenden Paare, dann schaute sie auf ihre Uhr. Ihre Zöpfe bedauernd schüttelnd sagte sie: »Ja. Nein. Bedaure. Sie werden wohl oder übel bis zur ersten Pause warten müssen. Alles andere wäre zu störend.«
Amelie gab sich große Mühe, enttäuscht auszusehen. »Ach, na ja, da kann man nichts machen. Tut mir leid, dass ich Ihnen solche Ungelegenheiten bereitet habe. Ich setze mich einfach an die Bar und bestelle mir was zu trinken, okay? Danke für Ihre Hilfe.«
Anna ging, um ihre Rede zu beenden. Und Amelie verdrückte sich entzückt zur Bar, wo sie sich einen Champagnercocktail bestellte, um zu feiern dass sie – wenn man den Instruktionen glauben durfte – »bis zu sieben Dates« verpassen würde.
Zurück auf dem Podium fuhr Anna fort: »Also, ihr habt alle eure Bewertungskarten vor euch liegen, ihr habt euer Namensschildchen und euren Kuli. Und wie ihr alle wisst, wenn ihr eure Instruktionen gelesen habt, sind die Fast-Love-Bewertungskarten kinderleicht zu verstehen. Ihr notiert euch einfach den Namen eures Partners und ein paar weitere Angaben. Und vergesst nicht, euch zu notieren, ob es ein ›ja‹, ›nein‹ oder ›vielleicht ein Freund‹ ist.« Anna hielt inne und warf einen freudig erregten Blick in die Runde. Dass die Teilnehmer zunehmend ungeduldig auf ihren Sitzen herumrutschten, schien sie nicht zu bemerken.
»Und morgen geht es dann online weiter: Ihr könnt euch in die Fast-Love-Site einloggen, eure Bewertungen abgeben und sehen, mit wem ihr zusammenpasst!« Anna ließ ihren Blick wohlwollend über die Menge gleiten, als habe sie eine Schar armer Waisenkinder vor sich, die sie vorübergehend unter ihre Fittiche genommen hatte.
»Also, ich hoffe ihr seid gut in Form, denn wir haben heute Abend ein volles Haus und ihr werdet bis zu siebenundzwanzig Dates bekommen! Die Mädels müssen heute Abend rotieren, die Männer dürfen sitzen bleiben. Da die Männer leider ein klein wenig in der Unterzahl sind, kann es zu der einen oder anderen Lücke kommen. Ihr Mädchen könnt diese Zeit nutzen, um eure Eintragungen auf den neuesten Stand zu bringen!«
Amelie nippte an ihrem Cocktail und musterte Annas knappes Tanktop, auf dem die Worte prangten: »You’ve got to be quick! Fast Love «. Erleichterung durchströmte sie. Wenn das der Slogan war, mit dem Fast Love im Moment operierte, dann war ihr Job ja vielleicht doch nicht so gefährdet, wie sie befürchtet
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