Keine halben Küsse mehr!: Roman (German Edition)
Weise, die Wahrheit des Produkts zu präsentieren – ist dies hier.«
Amelie trat beiseite und hielt das Herzstück ihrer Kampagne hoch. Sie ließ Josh einen Moment Zeit, sie aufzunehmen. Gespannt schaute sie ihn an. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Sie hatte nicht gewusst, wie viel ihr seine Meinung bedeuten würde. Auf einmal hatte sie schreckliche Angst, es könne ihm nicht gefallen, dass er weniger von ihr halten würde. Oder noch schlimmer, dass er sie für verrückt hielt, weil sie ihn an einem Sonntag aus dem Haus gesprengt hatte, um ihm, überdreht und übernächtigt wie sie war, irgendwas von Funken vorzufaseln. Je mehr Amelie darüber nachdachte, desto peinlicher war ihr das Ganze. Sie begann sich zu schämen, begann zu glauben, dass Duncan Recht gehabt hatte – sie wusste wirklich nicht, wann sie Schluss machen sollte. Sie war derart besessen von ihrer Arbeit, dass sie jede Perspektive verloren hatte und nicht mehr länger beurteilen konnte, ob eine Idee gut oder schlecht war. Sie ließ den Kopf hängen, wartete eine Ewigkeit und sagte schließlich in die Stille, weil sie es einfach nicht länger aushielt: »Okay, ich geh deine Jacke holen. Du denkst, ich bin verrückt. Tut mir leid, dass ich deine Zeit verschwendet habe. Ich hab letzte Nacht kaum geschlafen, und um ehrlich zu sein, bin ich immer noch ein wenig alkoholisiert – nimm das als Entschuldigung für meine Spinnerei. Ich werde den Scheiß hier wegschmeißen, und wir sehen uns dann morgen. Puh, zumindest kann ich mich jetzt schlafen legen.«
Sie bückte sich und begann, die Blätter zusammenzusammeln. Sie schüttelte den Kopf und schalt sich innerlich für ihre Blödheit. Doch plötzlich packte Josh, der immer noch kein Wort gesprochen hatte, ihren Arm. Sein Griff war so fest, dass sie erschrocken innehielt.
»Ich bin begeistert«, sagte er leise.
Amelie erstarrte. »Echt?«
»Es ist genial. Einfach genial. Ich bin total von den Socken. Du bist unglaublich, ehrlich unglaublich.« Er ließ sie los, und Amelie fiel eine ganze Gerölllawine vom Herzen. Josh beugte sich vor und umarmte sie spontan, wie um ihr zu gratulieren. »Im Ernst. Gut gemacht. Ich kann nicht glauben, dass ich nicht schon längst drauf gekommen bin. So brillant! Und so simpel! Und wenn der Kunde annimmt, könnte das der Agentur jede Menge PR einbringen... es könnte zu einer weiteren Profilierung führen!«
Amelie grinste entzückt. Sie war total erleichtert. »Du glaubst also, wir sollen was draus machen? Im Moment ist alles total durcheinander, wie du siehst...«
Sie knieten sich auf den Boden und begannen die Entwürfe durchzusehen. Josh musste lachen, als er sah, wie viel Amelie bereits produziert hatte. »Was bist du? Ein Karnickel?«, neckte er sie, aber aus seiner Miene sprach Bewunderung.
Josh sah sich sämtliche Storyboards, Sloganentwürfe und Werbekonzepte an und begann, systematisch die Spreu vom Weizen zu trennen. Amelie schaute ihm zu, hörte sich seine Kommentare zu ihren Ideen an und musste ihm in neun von zehn Fällen zustimmen. Es dauerte nicht lange, und sie hatten die Highlights herausgepickt und die schwächeren Ideen verworfen. Dann machten sie sich ernsthaft an die Arbeit. Wie sich herausstellte, konnte Josh sowohl zeichnen als auch texten, woraufhin er den grafischen Teil der Arbeit übernahm. Amelie setzte sich derweil an ihren Computer und bastelte an ihren Slogans herum, Slogans, die sie sowohl für die Kampagne als auch für die Powerpoint-Präsentation morgen verwenden würden. In den Stunden, die folgten, bevor der Morgen graute und die Vögel zu zwitschern begannen, trug Josh viele clevere Ideen bei. Amelie zeigte ihm, was sie machte, und er zeigte ihr seine Zeichnungen. Alle paar Minuten rief einer von beiden: »Toll! Du bist ein Genie!« oder »Natürlich! Gefällt mir!«
Bei Sonnenaufgang hatten sie eine Fünf-Sterne-Kampagne ausgearbeitet.
Amelie erhob sich, während draußen der Milchwagen vorbeiratterte und die Vögel zwitscherten, drückte auf »Drucken« und erklärte ekstatisch: »Tja, das wär’s! Wir haben’s geschafft.«
»Brillant«, sagte Josh und trat zurück, um ihr gemeinsames Werk zu bewundern. Er schaute Amelie an, ein breites Grinsen im Gesicht, und fuhr sich durch seine mittlerweile reichlich zerzausten und verschwitzten Haare.
»Ich fahre jetzt wohl besser kurz nach Hause, um mich zu duschen, damit ich für die Präsentation präsentabel bin«, sagte Josh. »Die Sachen hier nehme ich mit, ich habe ja das Auto
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