Keine Lady fuer Lord Strensham
verwandelte sich in ein Stöhnen, denn plötzlich vertiefte Marcus den Kuss. Die Knie drohten unter Thea nachzugeben. Sehnsüchtig schmiegte sie sich an seinen starken männlichen Körper, da sie nie mehr als diese leidenschaftlichen Momente von ihm bekommen würde.
Er bedeckte ihren Hals mit kleinen, heißen Küssen. Sie zitterte am ganzen Leib und ahnte, wie kurz beide davor waren, endgültig die Selbstbeherrschung zu verlieren. Sie küssten sich auf einem öffentlichen Weg, und es war ihr völlig egal! Durfte sie die warnende Stimme ihres Gewissens so einfach überhören? Sollte sie das Wohlwollen, das Lady Lydia ihr erwies, aufs Spiel setzen, nur um mit dem gut aussehenden Verwandten besagter Dame ein aufregendes Schäferstündchen zu erleben?
Mühsam öffnete sie die Augen und sah Marcus’ feurigen Blick auf sich ruhen. Seine Wangen waren vor Verlangen gerötet, der Mund war leicht geöffnet. Thea wünschte sich so sehr, wieder jene betörende Mischung aus Leidenschaft und Zärtlichkeit zu spüren. Und doch wich sie vor ihm zurück und schüttelte benommen den Kopf, als könnte sie sich so dem Bann dieses Verführers entziehen.
Sein dunkles Haar war wieder zerzaust. Thea dachte fast ehrfürchtig: Das habe ich getan. Einen kurzen Moment lang durfte ich mich seine Geliebte nennen. Und jetzt nicht mehr.
„Nein“, sagte sie leise, sobald sie wieder zu Atem kam. „Ich lasse nicht zu, dass Sie sich entehren, Major.“
Mit finsterer Miene wollte er sie wieder an sich reißen.
„Und ich möchte ebenso wenig von Ihnen entehrt werden“, fügte sie unnachgiebig hinzu. „Außerdem kann ich Sie nicht Ihren guten Namen beflecken lassen, Major Ashfield.“
Abrupt wich er vor ihr zurück, als hätte sie ihn geschlagen, und sah sie schwer atmend und mit finsterer Miene an. „Beflecken?“, stieß er heftig hervor. „Wie könnte ich einen Namen beflecken, den mein Vater schon so besudelt hat, dass nichts an ihm mehr rein genannt werden kann?“
„Indem Sie ihn durch eigenes Zutun weiter besudeln.“
„So viel Frömmigkeit steht dir nicht, Hetty“, fuhr er sie an. „Sag einfach Nein, wenn du es ernst meinst, dann wirst du mich schon los.“
„Das kann ich nicht“, antwortete sie kläglich. Zu ihrem Entsetzen füllten ihre Augen sich mit Tränen.
„Wenigstens bist du ehrlich“, meinte er verächtlich. „Sei das nächste Mal vorsichtiger, in welchen Gewässern du angelst, mein Kind. Es könnte sein, dass du einen Fang machst, den du nicht an Land zu ziehen vermagst.“
Thea bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. Ohne ein weiteres Wort machte sie auf dem Absatz kehrt und ließ Marcus einfach stehen.
„Du bringst besser dein Kleid und dein Haar in Ordnung, wenn du nicht auch aus dieser Gegend gejagt werden willst“, rief er ihr spöttisch nach.
Ungestüm drehte sie sich um und streckte ihm die Zunge heraus wie ein frecher kleiner Gassenjunge.
„Dir auch alles Gute, meine Liebe“, bemerkte er nur fröhlich und ging pfeifend seiner Wege, als hätten der Kuss und die leidenschaftliche Umarmung ihm nichts bedeutet.
„Ich bin nicht Ihre Liebe!“, rief sie ihm trotzig nach und lief dann über die Gemeindewiese, ohne auf den unebenen Weg vor sich zu achten.
„Ich hasse dich, Marcus Ashfield. Ich wünschte, ich könnte dich so leicht vergessen wie du mich“, schimpfte sie wutentbrannt. „Falls du je eine verblendete Frau findest, die bereit ist, dein Bett zu wärmen, hoffe ich, dass sie dir das Leben zur Hölle macht.“
Als sie ihr Ziel erreichte, war ihr Zorn verebbt, und sie kehrte und wischte jede Ecke in Miss Turners Häuschen, um sich für die Freundlichkeit der alten Dame zu bedanken. Gemeinsam nahmen sie ein einfaches Abendessen ein und legten sich zeitig zu Bett. Morgen würde sie ins Herrenhaus umziehen und sofort mit der Ausübung ihrer Pflichten beginnen. Es erwartete sie also ein anstrengender Tag. Trotzdem dauerte es lange, bevor sie einschlief. Irgendwann mitten in der Nacht erwachte sie mit einem erstickten Schrei aus einem Albtraum. Wieder einmal hatten die Gründe, weswegen sie sich auf der Flucht befand, sie eingeholt.
Es war ein seltsames Gefühl für Thea, einen Haushalt von der anderen Seite der vielen Türen zu erleben – von der Seite der Dienerschaft. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang war sie beschäftigt, doch sie gewöhnte sich an ihre Pflichten. Sehr viel härter traf sie die Nachricht, dass Major Marcus Ashfield den Titel des Viscount Strensham geerbt hatte.
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