Keine Lady fuer Lord Strensham
wie eindringlich Marcus sie ansah.
Tatsächlich erinnerte er sich gerade daran, wie seine Frau sich in seinen Armen angefühlt, wie inbrünstig sie seine Küsse erwidert hatte. Plötzlich wünschte er, sie wären wieder auf Rosecombe, wo er und seine kleine Hetty sich öfter in den Armen gelegen hatten als jetzt, da sie miteinander verheiratet waren. Hier unter freiem Himmel konnte er sie unmöglich verführen, denn es bestand die Gefahr, jeden Moment von einem vorbeikommenden Schäfer oder Waldarbeiter gestört zu werden. Doch die Röte auf ihren Wangen und die wunderschönen Augen, die jetzt in ihrer Erregung wieder tiefgrün wurden, machten es ihm schwer, die Selbstbeherrschung zu bewahren.
„Zum Teufel, Thea, ich kann nicht gegen uns beide ankämpfen“, stieß er leise hervor.
Im nächsten Moment war er dicht neben ihr, um ihr einen Kuss zu stehlen. Sehnsüchtig kam sie ihm entgegen, und Marcus umarmte sie, obwohl die Pferde sich unruhig bewegten. Theas sinnliches Stöhnen schürte das Feuer in seinen Adern. Er bebte vor Verlangen. Wie sollte er es schaffen, sie nicht hier und jetzt zu nehmen? Obwohl er seine Leidenschaft zu ersticken suchte, fachte er sie gleichzeitig mit seinen heißen Küssen an.
Meine Thea, dachte er fieberhaft. Ohne sich richtig bewusst zu sein, was er tat, hob er sie aus ihrem Sattel und auf seinen Schoß, um den Kuss zu vertiefen. Sehnsüchtig schmiegte sie sich an ihn und erschauerte, als er stöhnte. Sie küssten sich so wild und ungezügelt, dass sie alles um sich herum vergaßen. Erst beharrliches Bellen riss sie aus dem Nebel ihrer Leidenschaft und brachte sie in die Wirklichkeit zurück.
„Oh, Thea, was werden die Nachbarn bloß sagen?“, neckte Marcus sie mit heiserer Stimme.
Rasch hob er sie genauso mühelos in ihren Sattel zurück. Es vergingen einige Sekunden, bevor Thea sich von ihrem inneren Aufruhr erholte.
„Dass ich schamlos und verdorben bin natürlich“, antwortete sie atemlos.
„Lass mich nie wieder solchen Unsinn hören“, befahl er schroff. „Die Klatschmäuler können von mir aus zum …“
Doch bevor er weiter fortfahren konnte, wurde er unterbrochen.
„Was seid ihr doch für Schnecken!“, rief Nick ihnen von einer Anhöhe aus zu, begleitet von einigen der schönen Jagdhunde des Squire.
Marcus begrüßte seinen Cousin mit gelassener Freundlichkeit. „Wie hast du dem Squire denn die Erlaubnis abgeluchst, seinen besten Hengst zu reiten, Nick?“
„Mit meinem bekannten Charme natürlich“, meinte der selbstzufrieden. „Von dir hätte ich gern gewusst, was das für eine Abkürzung ist, bei der du länger brauchst als auf dem normalen Weg. Ich bin schon vor einer Stunde angekommen, und man schickt mich wie die Taube zur Arche, um euch den Weg zu weisen.“
Falls ihm der etwas erhitzte Zustand seines Cousins und dessen Gattin auffiel, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken.
„Wohl eher wie der Rabe“, meinte Marcus, hin und her gerissen zwischen seiner Erleichterung, dass Nick nicht Zeuge des Kusses geworden war, und dem kindischen Wunsch, ihm an die Gurgel zu gehen.
Nick lächelte nur ungerührt. „Sehr viel eher. Außerdem quält mich ein verteufelter Hunger. Und von Thea möchte ich wissen, was ihr beide auf Rosecombe eigentlich so getrieben habt, bevor ich herbeieilen konnte, um sie vor dir zu retten.“
Dabei bedachte er Thea mit einem bewundernden Blick. Marcus musste an sich halten, ihm nicht mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. „Wenn du so weitermachst, verpasst du noch dein kostbares Dinner“, sagte er schroff und trieb Herkules zu schnellem Trab an.
Der Abend beim liebenswürdigen Squire und seiner Frau brachte Thea leider nur Kummer. Das Gespräch drehte sich um die Möglichkeit eines erneuten Kriegsausbruchs. Theas Bestürzung kannte keine Grenzen, da Marcus der versammelten Gesellschaft versicherte, dass er sich ohne Umschweife wieder zum Dienst melden würde, sollte Bonaparte sich aus seiner Gefangenschaft befreien.
Beklommen überlegte sie, dass Marcus gewiss zu Hause bliebe, hätte er eine Frau, die er liebte, und Kinder, die ihn brauchten. Dann würde er unmöglich ein solches Risiko eingehen wollen. Sie war deshalb bereit, die Ehe annullieren zu lassen, wenn sie ihn dadurch nur von jeder Gefahr fernhielt.
Von ihm selbst bekam sie allerdings den ganzen Abend lang kein freundliches Wort zu hören. Er trank viel mehr, als seine Gewohnheit war, und brütete auf eine Weise vor sich hin, die Thea sehr beunruhigte.
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