Keine Lady ohne Tadel
wieder als Mann sah. Und sich selbst als Frau, und nicht nur als Mutter. Sebastian schaukelte und überlegte, während William friedlich schnarchte.
35
Lady Beatrix empfängt
Da Bea nie einem Gentleman ein zweites Rendezvous gestattet hatte, wusste sie nicht, ob sie eine Einladung aussprechen musste oder ob Stephen stillschweigend annehmen würde, dass er jederzeit an ihre Tür klopfen konnte. Während des Dinners hatte er ihr keine Botschaft zukommen lassen. Das wäre auch schlechterdings nicht möglich gewesen, denn er saß zwischen Fanny und Arabella, die sich hinter seinem Rücken bissige Bemerkungen zuwarfen und seine schüchternen Konversationsversuche vollständig ignorierten. Auch Beas Freude an dem Mahl war getrübt, als sie hören musste, wie Esmes Mutter Arabella vorwarf, sie lasse Bea mit der »reinen kleinen Kinderseele« im selben Haus wohnen.
Bei der Erinnerung daran ballte Bea die Fäuste. War es überhaupt möglich, dass sie Stephen heiratete? Sie mit ihrem schlechten Ruf und ihrem unheilvollen Einfluss, der offenbar schon Babys in der Kinderstube in Mitleidenschaft zog? Zum vierhundertsten Male verbot sie sich diese Grübeleien. Heute Nacht würde lediglich eine weitere Verführung stattfinden, keine Werbung um einen zukünftigen Bräutigam. Und Bea hatte sich entsprechend gekleidet – oder vielmehr entkleidet, wie auch immer man es nennen mochte. Ihr hauchdünnes Negligé war … hauchdünn. Und sie hatte sich angemalt und parfümiert und ihr Haar mit der Brennschere gelockt. Sie war derart nervös, dass sie noch eine Schicht Kajal auftrug und die Kerzen neu arrangierte, damit ihr Schein wie zufällig auf das Bett fallen konnte. Eine Weile verharrte sie in einer Positur, die ihren Körper besonders vorteilhaft präsentierte, doch sie war so unruhig, dass sie wieder aufstand und nervös hin und her lief.
Worüber machte sie sich nur Sorgen? Die Kerzen brannten, und sie war an allen Stellen parfümiert, die er möglicherweise küssen wollte. Bea hatte sogar vorsorglich ein Glas Wasser auf den Nachttisch gestellt, denn nach der Ziegenweide war sie schrecklich durstig gewesen. Aber hätte sie nicht gleich zwei Gläser hinstellen sollen, um ihm auch eines anzubieten? Oder hätte das übertrieben gewirkt?
Als Bea endlich das ersehnte Klopfen vernahm, war sie nervöser als je zuvor in ihrem Leben. »Einen Augenblick!«, rief sie mit krächzender Stimme und warf sich schwungvoll aufs Bett. Leider wischte ihr weiter Ärmel dabei das Wasserglas vom Nachttisch, und es flog in hohem Bogen auf das Bett, wo es seinen Inhalt verlor.
»Verdammt!«, fluchte Bea unterdrückt. Wieder wurde leise an die Tür geklopft. Natürlich wollte Stephen nicht gern auf dem Korridor gesehen werden, nicht von Helene und nicht von Esme – und schon gar nicht von diesem Drachen, Esmes Mutter.
»Herein!«, rief sie, wälzte sich auf den nassen Fleck und legte sich auf die Seite, den Kopf malerisch auf eine Hand gestützt. Ihr Haar fiel genau richtig, um von ihrem perlblauen Negligé betont zu werden. Dennoch störte sie die Feuchtigkeit, die durch das hauchdünne Gewebe drang.
Stephen trat so ruhig und gelassen ein, als sei diese Art Ausflug nicht Neues für ihn. Und das stimmte ja auch. Schließlich war er der Mann mit den zwei Geliebten und einer Verlobten.
»Guten Abend, schöne Bea«, begrüßte er sie, machte die Tür zu und lenkte seine Schritte zum Bett.
Bea räusperte sich. »Guten Abend«, brachte sie heraus, gleichfalls um einen gelassenen Ton bemüht. Verstohlen schaute sie an sich hinab und stellte entsetzt fest, dass das Negligé offenbar die Feuchtigkeit von der Decke aufgesogen hatte. An ihrer Hüfte war ein Fleck, der sich rasch ausbreitete und die Farbe des Gewandes ins Grünliche veränderte. Rasch schob sie den verräterischen Fleck nach hinten und drehte sich auf den Rücken, legte sich auf die feuchte Bettdecke.
»Und wie ist Ihr Befinden, Sir?«, fragte sie und lächelte zu ihm auf. Er hatte sich auf die Bettkante gesetzt und schaute sie mit einem fragenden Ausdruck an.
»Sehr gut, weil ich bei dir bin«, erwiderte er.
Was war das nur für ein Ausdruck in seinen Augen? Bea rutschte ein wenig auf der feuchten Decke herum. Ihr Po war nun eindeutig feucht. Wer hätte gedacht, dass ein kleines Glas so viel Wasser enthalten konnte?
Er beugte sich vor und küsste sie auf die Stirn. »Was für ein apartes Parfüm«, flüsterte er.
Er beugte sich über sie, war ihr ganz nah. Vielleicht sollte sie ihn
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