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Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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vielsagend ohne Worte. Warum in aller Welt gab sie sich Mühe, einen Mann, der ihr Großvater sein könnte, so einladend anzuschauen? Es konnte gar nicht persönlich gemeint sein!
    »Es gibt eine kleine Einleitung, bevor der eigentliche Walzer beginnt«, teilte Lady Godwin ihnen mit. Sie nickte, senkte die Hände auf die Tasten, und die Musik setzte ein.
    In diesem Walzer kamen keine der förmlichen Schritte vor, an die Stephen sich vage erinnerte. Nein, dazu war der Tanz viel zu schnell.
    Einen Augenblick stand er wie erstarrt, hatte bereits seinen Einsatz verpasst. Dann schlang er seinen Arm um Lady Beatrix’ Taille, fasste ihre Hand und stürzte sich in die Schlacht.
    Sie galoppierten mitten durch den Salon. Stephen wollte lieber keine Drehung versuchen, da er vollauf damit beschäftigt war, dem Takt zu folgen. Da brach die Musik unvermittelt ab.
    »Es tut mir ja so leid!«, rief Lady Godwin hinter dem Pianoforte. »Der Takt ist viel zu schnell. Das wird mir jetzt klar. Einen Augenblick bitte …«
    Stephens Partnerin kicherte. »Sie sind doch viel beweglicher als Großvater.« Ihr Gesicht war rosig überhaucht, und ihre Brust hob sich in heftigen Atemzügen.
    Es bestand die akute Gefahr, dass ihr Kleid zur Taille hinabrutschen würde, dachte Stephen mit plötzlich gewecktem Interesse. Für ein Schulmädchen hatte sie eine prächtig entwickelte Brust. Wobei sie allerdings kein Schulmädchen mehr war, nur sehr, sehr viel jünger als er.
    »Sie scheinen gar nicht außer Atem zu sein«, bemerkte sie.
    »Wir beginnen noch einmal von vorn!«, verkündete Lady Godwin.
    Stephen legte nun seine Hand fester um die Taille seiner Partnerin. Dieses Mal setzte die Musik langsamer ein, also wagte er eine Drehfigur. Plötzlich fiel ihm ein, wie gern er früher getanzt hatte, doch das war vor langer Zeit gewesen, bevor er in die Politik gegangen war. Jetzt blieb ihm keine Zeit für derlei Frivolitäten. Die Musik trug sie über das Parkett, nahm schon wieder an Tempo zu.
Eins,
zwei, drei!
Eins,
zwei, drei! Schneller und schneller drehten sie sich. Lady Beatrix lächelte wie das Schulmädchen, das sie nicht mehr war, und ihre Augen strahlten vor Vergnügen.
    »Darf ich Ihnen ein Kompliment machen?«, fragte sie, sichtlich außer Atem. »Sie folgen diesem raschen Takt außerordentlich gut.«
    Sprach sie ihm ein Kompliment aus, weil er sich für sein Alter gut hielt?
»Dasselbe könnte ich von Ihnen sagen«, erwiderte Stephen steif. Verärgert stellte er fest, dass die Hand, die auf ihrer Taille lag, zu kribbeln begonnen hatte.
Dass es ihm ausnehmend gut gefiel, solch ein üppiges Weib in den Armen zu halten … Sie hingegen dachte ja wohl, er sei reif für den Abdecker. Es war widerwärtig.
    Kein Mann konnte von einer solchen Frau unberührt bleiben. Stephen fühlte mit der Hand an ihrem Rücken, dass Lady Beatrix kein Korsett trug. Bei der nächsten Drehung streifte er ihr Bein.
Wenn dieser Tanz in meiner Jugend in Mode gewesen wäre,
dachte er unvermittelt,
dann wäre ich jetzt ein verheirateter Mann.
Es war einfach berauschend, eine Frau bei diesem Tanz im Arm zu halten. Kein Wunder, dass die alten Schachteln bei Almack’s der Ansicht waren, Walzer sei zu anstößig. Noch nie war Stephen einer Liebeswerbung durch Musik so nahe gekommen.
    Der Musik schwoll an und riss sie mit. Doch dann wurde sie unvermittelt langsamer und melancholisch, wechselte in eine Molltonart. Auch auf deren Schwermut glitt das Paar dahin.
Diese wunderbar geschwungene Unterlippe kann nicht durch künstliche Mittel betont worden sein,
dachte Stephen zerstreut.
    »Sie findet wohl in der Musik einen Ausdruck für ihre Ehe«, sagte Lady Beatrix leise und sah ihm in die Augen. »Wenn man sich anhört, wie traurig die Melodie geworden ist …«
    Es war außerordentlich gewagt, zu einem vollkommen fremden Mann über die Ehe der Gräfin zu sprechen! Sie behandelte ihn wie einen alten Bekannten, wie einen Onkel oder ihren verdammten Großvater. Und erwartete ganz offensichtlich eine Antwort. »Darin kann ich Ihnen nicht beipflichten«, sagte Stephen steif. »Ich würde diese Musik eher als schicksalsergeben bezeichnen.«
    »Das ist sogar noch trauriger«, sinnierte Lady Beatrix.
    Sobald der letzte Akkord verklungen war, nahm Stephen seine Hand von ihrer Taille. Sie sollte nicht glauben, dass sie ihn mit ihrer korsettlosen Schönheit geködert hatte. »Es war mir ein Vergnügen, Lady Beatrix.« In seiner Stimme schwang nur ein Hauch Ironie mit.
    Den sie sehr wohl

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