Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine Lady ohne Tadel

Keine Lady ohne Tadel

Titel: Keine Lady ohne Tadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
Vom Netzwerk:
bemerkte. Ihre Lider flatterten, und sie ließ einen trägen Blick über seine Gestalt gleiten, unter dem sich unverzüglich etwas regte. »Das Vergnügen«, gurrte sie, »lag ganz auf meiner Seite.«
    Verflucht, sie war noch schlimmer als eine Kurtisane!
    Lady Godwin erhob sich vom Pianoforte. Die Gräfin würde sich niemals so sittenlos verhalten. Schon bei ihrem Anblick schlug sein Herz wieder in einem ruhigeren Rhythmus. Tatsache war, dass er diesen Aspekt seines Lebens zu lange vernachlässigt hatte. Er gebärdete sich ja wie ein tumber Halbwüchsiger, der nach jeder Frau lechzte, die seinen Weg kreuzte! Beruhige dich, befahl er sich. Lass dich nicht reizen.
    Er schritt auf Lady Godwin zu, nahm ihre Hand und hob sie an den Mund. »Das war eine entzückende Darbietung«, lobte er in gedämpftem Ton. »Ihr Walzer ist exquisit.«
    »Nein, gar nicht!«, protestierte die Gräfin. »Er ist viel zu schnell. Sie müssen doch recht erschöpft sein.« Aber sie lächelte.
    Stephen beschloss, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Er drehte ihre Hand um und drückte einen Kuss auf die Innenseite. »Nichts, was Sie tun, könnte mich jemals ermüden«, sagte er und blickte ihr tief in die Augen.
    Ihr Erröten war wirklich bezaubernd.

4
    Der Garten Eden
    Ein regelmäßiger Leser des
Tatler
muss zu der Überzeugung gelangen, dass englische Damen nichts Besseres zu tun haben, als ihre Butler und Lakaien zu verführen.
    »Dieses Blatt ist wirklich eine Schande!«, protestierte Mrs Cable und warf die anstößige Zeitung auf den Tisch. »Wenn Lady Snydenham töricht genug war, mit ihrem Diener durchzubrennen – und ich wüsste nicht, warum ich dem Bericht keinen Glauben schenken sollte –, dann müsste eine solche Meldung unterdrückt werden, damit ihr Beispiel niemals Schule macht!«
    Der Kommentar ihrer Gastgeberin war so frivol wie deren Charakter. »Von Lady Snydenhams Liebesabenteuern zu erfahren, dürfte wohl kaum die Neigung hervorrufen, einen Diener mit lüsternen Blicken zu verfolgen«, behauptete Esme Rawlings. »Dazu müssten Dienstboten sehr viel besser aussehen als die, die ich beschäftige.«
    »Das ist erst der Anfang«, prophezeite Mrs Cable böse. »Bevor wir wissen, wie uns geschieht, werden leicht beeindruckbare junge Damen ihre Diener oder am Ende sogar ihre Gärtner heiraten! Sie mögen lachen, Lady Rawlings, aber die Angelegenheit ist ernst.« Sie erhob sich und raffte Handtasche und Umschlagtuch zusammen. »Ich für meinen Teil beginne ab heute damit, die unverbesserlichen Sünder aus meiner Dienerschaft zu entfernen, und ich hoffe sehr, dass Sie desgleichen tun werden.«
    Mrs Cable hatte es sich zur Aufgabe gemacht, Lady Rawlings oft zu besuchen, da die bedauernswerte Dame Witwe und überdies in anderen Umständen war. Oftmals konnte sie sich jedoch des Eindrucks nicht erwehren, dass ihre Bemühungen auf wenig Gegenliebe stießen. Lady Rawlings besaß einen beunruhigenden Hang zu frivolen Bemerkungen, als wollte sie ihrem früheren Ruf der »berüchtigten Esme« gerecht werden.
    Für Mrs Cable war dies umso mehr Anlass, Lady Rawlings so oft wie möglich zu besuchen und ihr die Weisheit der Bibel näherzubringen. Schon Lady Rawlings’ Anblick machte Mrs Cable unruhig. Selbst als Schwangere war sie noch viel zu schön. Ihre Wangen waren hochrot und sahen ein wenig fiebrig aus. Und erst das Lächeln, das um ihren Mund spielte … Mrs Cable konnte nur hoffen, dass sie nicht auch einen ihrer Lakaien im Sinn hatte. Aber woher denn! Nicht einmal eine Esme Rawlings konnte über eine derart schwere Sünde lächeln.
    Mrs Cable vermochte nicht, aus ihren Beobachtungen Schlüsse zu ziehen, aber sie vertraute auf ihre Augen. Wenn Lady Rawlings zu ihrem Haushalt gehörte, dann würde sie sie ohne viel Federlesens – oder Empfehlungsschreiben – vor die Tür setzen. Mrs Cable hatte nie in ihrem Leben auf solch schamlose Weise gelächelt. Morgen musste sie Lady Rawlings unbedingt ein paar lehrreiche Traktate mitbringen.
    Mrs Cable hatte recht.
    Allerdings hatte Esme mitnichten ihren Butler im Sinn gehabt, einen würdigen älteren Herrn namens Slope. Auch an ihre Lakaien, ein paar ungehobelte Bauernburschen, die unter Slopes Bevormundung sehr zu leiden hatten, hatte sie keinen Gedanken verschwendet. Es war viel schlimmer. Sie hatte für einen Augenblick den Faden verloren, weil ihr der Gärtner in den Sinn gekommen war.
    Esme verabschiedete sich von Mrs Cable. Dann setzte sie sich ins Wohnzimmer und versuchte sich alle

Weitere Kostenlose Bücher