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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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die zwischen den Kieseln aufblitzen. Danach wird es sogar noch schlimmer
     kommen. Wollen Sie wissen, warum, werter Commissario?« Diesmal schwieg Marco Luciani, aber Mennella ließ sich auch durch diese
     Hürde nicht aus dem Tritt bringen. »Ich werde es Ihnen sagen: Re-cy-cling. Das Glas ist zwar wieder da, wird aber nicht mehr
     weggeworfen, es landet nicht mehr im Meer. Es wird wieder und wieder benutzt, eingeschmolzen, komprimiert und vergewaltigt.«
    »Nun, das Meer braucht tausend Jahre, um eine Flasche abzubauen …«
    Sein Gegenüber schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an. »Und die Kohle braucht Jahrtausende, um sich in Diamant zu verwandeln«,
     sagte er und gab dem Kommissar seine Glasfragmente zurück, mit einer Geste, die sagen wollte: Die hätten Sie genauso gut zu
     Hause lassen können. Dann öffnete er die erste von vier langen Schubladen, die die halbe Breite des Arbeitstisches einnahmen.
     Darin standen, in perfekter Ordnung, mindestens zweihundert Gläser für Babynahrung, randvoll mit Glassteinchen. »Die erste
     Schublade ist ausschließlich Ligurien gewidmet«, sagte er. »Schauen Sie ruhig hinein, Herr Kommissar. Für manche Orte habe
     ich nur einen Behälter, in diesem Fall habe ich die Scherben im Proportionalsystem gesammelt, das heißt, ihre Verteilung auf
     dem Terrain beachtend. Hier zum Beispiel, das ist Pietra Ligure: Untere Schicht: Grün, üppig, dann eine Schicht Weiß, was
     nicht ganz so häufig vorkommt, dann Braun und schließlich Hellblau, das findet man hier selten. Ich denke, das müsste weitgehend
     den Ablagerungen in Camogli entsprechen, ganz Ligurien hat übrigens recht ähnliche Charakteristiken.«
    |180| »Und dunkelblaue Scherben, wo findet man die?«, fragte der Kommissar, während er die Farbpalette danach absuchte.
    Mennella tat, als hätte er ihn nicht gehört. Er war von jenem Schlag, der jede noch so langweilige Erklärung sturheil bis
     zum bitteren Ende führte. Von dieser Sorte hatte Marco Luciani viele anhören müssen, als er noch zur Schule ging. »Das Material
     von anderen Stellen ist reichhaltiger, da sind die Fragmente farblich geordnet. Wissen Sie, dass von denen, die ein Laie schlichtweg
     grün nennt, in Wirklichkeit mindestens vierzehn signifikante Varianten existieren, die ihrerseits noch einmal rund zehn verschiedene
     Nuancen haben? Das muss des Künstlers Auge berücksichtigen: So ein weißes Seepferdchen, wie das eben gesehene, aus Glasfragmenten
     eines einzigen Farbtons, das ist zwar leicht zusammenzusetzen, aber das Material zu sammeln, das ist verflixt schwer. Ein
     Splitter mit einer rosa Maserung oder einem Hauch von Hellblau reicht, und das Gesamtbild ist unrettbar zerstört.«
    Die Waffe!, dachte Marco Luciani. Warum habe ich sie nur nie dabei? Ich könnte sie jetzt ziehen, ihm in den Mund schieben
     und schreien: »Sag mir, wo du diese verschissenen DUNKELBLAUEN Scherben herhast!«
    Die Welle unterdrückten Hasses schien den Meister erreicht zu haben. »Um auf Ihre Frage zurückzukommen, Herr Kommissar, in
     Ligurien sind dunkelblaue Scherben schwer zu finden. In seltenen Fällen nahe der Grenze, hier, sehen Sie, Bordighera? In dem
     Behälter sind drei davon, das reicht nicht einmal für eine Schicht. Es ist kein Zufall, dass ich kaum mit Dunkelblau arbeite.«
    »Aber wenn Sie es brauchen, wo beschaffen Sie es sich dann?«
    »In Bristol natürlich. Dort hat dunkelblaues Glas eine lange Tradition. Kennen Sie Ty Nant?«
    |181| Der Kommissar schüttelte den Kopf. Das war vollkommen ab vom Schuss. »Ihre Scherbe, Commissario, könnte meiner Meinung nach
     Apothekerglas sein. Und das wurde vielerorts hergestellt, auch in Altare zum Beispiel, nicht weit von hier.«
    »Hmm … ich bräuchte einen Ort im östlichen Ligurien. Maximal an der Grenze zur Toskana.«
    Mennella öffnete die zweite Schublade. »Norditalienische Küsten. Suchen Sie ruhig, so lange Sie wollen, aber Sie werden höchstens
     ganz sporadische Spuren von Dunkelblau finden.« Er zog die dritte Lade auf. »Die ist den süditalienischen Küsten gewidmet.«
     Er öffnete die vierte Lade. »Europa und restliche Welt. Hier gibt es ein bisschen was. Aber weniger, als man annehmen sollte.
     Italien ist in vielerlei Hinsicht von einzigartiger Schönheit, auch was unsere Glasscherben angeht, liegen wir mit Riesenabstand
     vorn. Es gibt Gegenden, wo man sie in rauen Mengen findet, wie Chesapeake Bay oder bestimmte Strände in Galizien. Aber die
     Qualität der unsrigen, wie

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