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Keine Pizza für Commissario Luciani

Titel: Keine Pizza für Commissario Luciani Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Paglieri
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vorstellig geworden, mit einer Browning mit abgeschliffener Registriernummer,
     deren komplette Ladung er Kader in den Leib gejagt hatte.
    »Woher wusste der Vater, wo der Mann steckte?«, fragte ein Reporter.
    »Dazu ermitteln wir noch«, sagte der Kommissar, obwohl |249| er genau wusste, wie es gelaufen war. Ein Schwager des Barbetreibers war bei der Polizei. Er gab es zwar nicht zu, aber er
     musste ihm die Adresse gegeben haben. Und womöglich auch die Waffe.
    »Dieser Vater, was ist das für ein Typ?«, fragte ein anderer Journalist.
    »Normal. Ein Vater, dessen Tochter vergewaltigt wurde. Keine Vorstrafen. Einer, der in der Zeitung gelesen hat, dass man den
     Täter freigelassen hatte.« Er setzte eine Pause. »Was meint ihr, was er sich gedacht hat?«
    »Dass er abhauen könnte«, sagte Ferroni.
    »Oder zurückkommen, um sich zu rächen«, sagte ein Dritter.
    Marco Luciani nickte. Im Raum herrschte betretenes Schweigen.
    »Das hört sich an, als wollten Sie ihn rechtfertigen, Herr Kommissar«, sagte plötzlich eine junge Journalistin. Sie war noch
     nicht oft da gewesen und wollte ihre Unabhängigkeit demonstrieren, als wäre der Kommissar auf ihr Plazet angewiesen und nicht
     sie auf die Informationen des Kommissars. »Wenn dieser Mann aber von zu Hause mit einer Waffe aufgebrochen ist, um den Albaner
     umzubringen, dann ist das vorsätzlicher Mord, und nun riskiert er zwanzig Jahre Gefängnis.«
    »So sieht’s aus. Und genau deshalb bin ich heute einen Tick angepisst. Es gibt Verhaftungen, die ich lieber nicht vornehmen
     würde.« Luciani wandte sich zum Gehen, als Zeichen, dass die improvisierte Pressekonferenz zu Ende war. Aber die junge Dame
     hob den Kugelschreiber. »Entschuldigen Sie, Herr Kommissar. Das wirkt jetzt aber so, als ob … ich meine, als ob die Leute
     zu Selbstjustiz greifen sollten.« Marco Lucianis eisblaue Augen fixierten sie und ließen sie erschaudern. »Wenn Sie eine offizielle
     Stellungnahme wollen, dann kann ich Ihnen sagen, dass die Polizei |250| da ist, um denjenigen der Justiz zu übergeben, der das Recht gebrochen hat, und um die Bürger zu schützen. Und dass jemand,
     der Selbstjustiz übt, unter keinen Umständen gerechtfertigt werden kann. Wenn Sie eine Stellungnahme ›off the record‹ wollen,
     dann sage ich, wäre das meiner Tochter passiert, hätte ich genau dasselbe getan.«

|251| Einundvierzig
    Ventotene, Oktober 1968
     
    Sieben Tage waren vergangen, seit die Kameraden ihn auf der Insel zurückgelassen hatten. Wie konnte ich nur so naiv sein,
     dachte der Genueser immer wieder. Da sie zu feige waren, ihm wie Männer entgegenzutreten, auch wenn sie fünf gegen einen waren,
     hatten sie beschlossen, ihn einfach verdursten zu lassen. Ein schlauer Plan, den musste sich der Bootsführer ausgedacht haben,
     der Einzige, der ein bisschen Grips im Hirn hatte. Und er war wie ein Vollidiot darauf hereingefallen. Hätte er es früher
     durchschaut, hätte er versuchen können, den Meeresarm von Santo Stefano nach Ventotene zu durchschwimmen. Im Grunde nur eine
     knappe Meile, ein Kilometer und siebenhundert Meter. Aber inzwischen war er so entkräftet, dass daran nicht mehr zu denken
     war. Kein Boot hatte an der Insel angelegt, keines war nah genug herangekommen, als dass er um Hilfe hätte rufen können. Um
     genau zu sein, waren am dritten Tag ein paar aufgetaucht, aber da wartete er noch auf die Rückkehr seiner Leute und hielt
     sich versteckt. Dann hatte es drei Tage hohe See gegeben, und es war schwierig geworden, an der ehemaligen Gefängnisinsel
     anzulegen. Aber an einer runden Insel, mit vier klug verteilten Anlegeplätzen, fand man immer eine Stelle im Windschatten.
     Vorausgesetzt natürlich, dass man sie finden wollte.
    Der Wind und die Wolken hatten nicht einmal Regen gebracht, auch wenn er sie die ganze Zeit beobachtet und beschworen hatte.
     Irgendwann war er sogar mit offenem Mund auf dem Rücken liegend eingeschlafen, in der Hoffnung, dass ein paar Tropfen hineinfallen
     könnten. Er hatte |252| das Wasser, das sie ihm gelassen hatten, aufs Äußerste rationiert, hatte sogar aus einem Kaktusstamm ein paar Tropfen klebrige
     Flüssigkeit gepresst, aber die letzten zwei Tage hatte er gar nichts mehr getrunken. Er betrachtete die Silhouette von Ventotene,
     und zwangsläufig fiel sein Blick auch auf die Stelle der Acqua Roce. Dort schoss ein dünner Süßwasserstrahl aus den Klippen,
     und manchmal versorgten sie sich da vor dem Auslaufen mit

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