Keine Schokolade ist auch keine Loesung
verbringen würde. Ich würde mir einen falschen Ausweis besorgen und durch die Kneipen ziehen.«
»Eigentlich«, sagt Stephanie und holt ihr BlackBerry hervor, »ist es dem Sender ganz recht, wenn die Mädchen sich heimlich rausschleichen. Das würde der Show viel mehr Dramatik verleihen.«
»Wirklich?«, sagt Lisa Wu. »Wenn sich eine Minderjährige heimlich aus diesem Gebäude schleicht und in eine Kneipe geht und ihr in Downtown New York City etwas Schlimmes zustößt, wird das Ihrer Show wohl tatsächlich mehr Dramatik verleihen. Aber ich bezweifle, dass das ein gutes Licht auf das New York College werfen wird beziehungsweise auf Tania Trace und letzten Endes auf Ihren Sender. Oder, Stephanie?«
O mein Gott. Lisa Wu hat gerade exakt das ausgespro chen, was ich gedacht habe. Vielleicht hatte Dr. Jessup doch recht.
»Was?« Stephanie wirkt verwirrt.
»Ich stimme Lisa zu«, sage ich. » Jordan liebt Tania ist schließlich eine Dokusoap über ein Ehepaar, und nicht eine Folge von Law & Order: Special Victims Unit .«
Das scheint Stephanie zu verstehen. Ihre Augenbrauen heben sich. »Wir sammeln doch bloß Ideen«, sagt sie bis sig. »So was nennt man Brainstorming.«
»Natürlich!« Lisa lächelt. »Sie arbeiten in der Fernsehbranche. Wir arbeiten in der Branche, die dafür sorgt, dass die Studenten in einer sicheren und gesunden Gemeinschaft leben und sich entwickeln, während sie ihre akademischen Ziele verfolgen. Ich bin mir sicher, wir werden einen gemeinsamen Nenner finden.«
Beeindruckt richte ich den Blick auf Dr. Jessup. Wo hat er Lisa Wu aufgetrieben? Wenn unsere Abteilung zehn mehr von ihrer Sorte hätte und zehn weniger wie Simon Hague, könnte es vielleicht sogar passieren, dass wir eines Tages nicht mehr das Gespött des Hochschulbetriebs sind.
Dr. Jessup ist zu sehr damit beschäftigt, eine SMS zu schreiben, als dass er überhaupt in meine Richtung sehen würde.
»Meine Damen, sollen wir die Räumlichkeiten inspizieren?«, fragt er. »Ich dränge ja nur ungern, aber die Personalabteilung möchte so schnell wie möglich den Papierkram mit Lisa erledigen.«
»Natürlich«, sage ich. »Aber eine Frage habe ich noch.« Ich sehe Stephanie an. »Warum fühlt Tania sich nicht sicher? Ich dachte, der Unfall von Bear wäre purer Zufall gewesen. Das haben Sie uns versichert«, füge ich hinzu, »und zwar mehrfach an jenem Abend.«
»Das war auch so«, sagt Stephanie rasch. »Es war ein absoluter Zufall. Aber Sie wissen ja, wie Popstars manchmal sind.« Sie rollt mit den Augen. »Solche Diven.«
Es entsteht ein unangenehmes Schweigen. Vielleicht bilde ich es mir auch nur ein. Oder denken alle so wie ich: Mensch, Heather war früher doch auch mal ein Popstar. Hat sie sich wie eine Diva benommen?
Offensichtlich denkt Stephanie das nicht. »Tania ist überzeugt, dass sie in der Stadt bleiben sollte«, fährt sie fort. Dort ist sie in der Nähe ihres Arztes, der sie später entbinden wird. Und da dies Tanias ausdrücklicher Wunsch ist, hat Cartwright Records sich natürlich nur allzu gern bereit erklärt, ihm zu entsprechen. Selbst die Catskills sind für Tania jetzt zu weit weg. Außerdem glaubt sie, wenn man das Camp an einem netten, vertrauten, überschaubaren Ort wie dem New York College Campus veranstaltet statt im Wald – seien wir ehrlich, Tania ist kein Mädchen fürs Land –, wird es für sie bequemer sein.«
Ich weiß nicht genau, inwiefern das alles einen Sinn ergibt, vor allem wenn man bedenkt, dass Bear in der Stadt angeschossen wurde, keine zwanzig Blocks vom New York College Campus entfernt.
»Tania steht gerade einmal kurz vor ihrem zweiten Trimester«, sage ich. »Es ist ein bisschen ungewöhnlich, dass sie jetzt schon unbedingt in der Nähe ihres Geburtshelfers bleiben möchte. Als sie bei ihrem Gynäkologen war, wie die Sanitäter ihr empfohlen haben, wurde doch kein Gesundheitsrisiko bei ihr festgestellt, oder?«
Vielleicht projiziere ich gerade wieder, wegen meines eigenen Gesundheitsrisikos. Nicht dass ich eins hätte. Meine Gesundheit ist nicht gefährdet. Es besteht nicht der geringste Grund zur Sorge. Bloß …
»Nein«, sagt Stephanie und wirft Dr. Jessup und Muffy lachend einen Blick zu. Bilde ich mir das ein, oder klingt ihr Lachen nervös? »Tanias Gesundheitszustand ist ausgezeichnet, abgesehen von einer leichten Anämie, von der Sie ja bereits wissen. Denken Sie, wir würden sie sonst weiterdrehen lassen?«
Ja, liegt mir auf der Zunge. Stattdessen sage ich:
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