Keine Schokolade ist auch keine Loesung
mit dem privaten Teil des Ermittlungsbedarfs seiner Klienten. Ich habe das immer an ihm bewundert, auch wenn ich als diejenige, die seine Unterlagen sortiert, organisiert und abheftet und die Rechnungen an seine Kunden verschickt, einiges von dem mitbekomme, was er macht. Ich denke, er redet nicht gern darüber, weil es sich in vielen seiner Fälle um erbitterte Scheidungskriege handelt, in denen er damit beauftragt wird, fotografisches Beweismaterial für die Untreue des Nochehepartners zu liefern, und er daher fürchtet, meine weibliche Sensibilität zu verletzen. Wir alle haben unsere kleinen Geheimnisse. Es ist schön zu wissen, dass es Menschen gibt, die sie bewahren können.
»Obwohl es noch viel mehr ist als nur eine Spaßbremse«, beklage ich mich weiter bei Tom und Steve n, »wenn es sich dabei um eine Vierzehnjährige handelt, die frei in der Stadt herumläuft, während sie am Tania Trace Rock Camp teilnimmt, das in dem Gebäude stattfindet, in dem du arbeitest und in dem eine Dokusoap für den neuen Fernsehsender, der den Eltern deines Freundes gehört, gedreht wird.«
»Himmel«, sagt Tom. »Dafür gibt es keine Bezeichnung.«
»Nun, das ist genau das, womit ich mich in den nächsten zwei Wochen herumschlagen muss.«
»Steven und ich werden für dich beten«, sagt Tom, und wie der Messdiener, der er einmal war, bevor er sich outete (seine Mutter sagt heute, dass sie schon immer gewusst habe, dass ihr Sohn schwul ist, und dass es sie nicht störe, solange er und Steven eins dieser hinreißenden chinesischen Babys adoptieren wie dieses Schwulenpaar in dieser lustigen Fernsehsendung), macht er mit seinem Bierglas über mir das Kreuzzeichen.
»Und wie haben deine Mitarbeiter diese Neuigkeit aufgenommen?«, möchte Steven wissen. »Betrachten sie das Camp als ihre gottgegebene Chance, Tania Trace flachzulegen? Von meinen Jungs höre ich nämlich nichts anderes mehr.« Steven ist der Basketballtrainer des New York College. »Die glauben tatsächlich, weil sie in dem Gebäude wohnen, können sie an sie rankommen.«
»Ich bezweifle stark, dass sie überhaupt in ihre Nähe gelassen werden«, sage ich. »Sie hat Bodyguards. Beziehungsweise sie wird wieder einen haben, sobald sie einen Ersatz für den alten aufgetrieben haben, der angeschossen wurde. Deinen Jungs ist übrigens schon klar, dass Tania verheiratet ist und schwanger, oder? Nicht dass verheiratete Schwangere nicht immer noch unglaublich sexy sein können, aber für einen jungen Typen …«
Steven rollt mit den Augen. »Ich bitte dich. Sie ist weiblich. Für manche der Jungs ist das alles, was zählt. Die würden sogar einen Baum bumsen, wenn er weiblich wäre.«
Ich kaue nervös an meiner Unterlippe. »Tja, dann kann ich nur hoffen, sie haben sich nicht vorgenommen, die Camperinnen zu bumsen«, sage ich. »Die sind nämlich noch minderjährig.«
»Ich werde sie daran erinnern«, erwidert Steven. »Aber ich bezweifle stark, dass sie sich für eine Sechzehnjährige aus Kansas interessieren, wenn Tania Trace in der Nähe ist, schwanger oder nicht schwanger. Was ist mit deinen Leuten?«
»Keine Ahnung«, sage ich. »Ihr Tagesprogramm ist so irrsinnig, dass ich sie kaum zu Gesicht bekomme.« Außer natürlich, ich gebe ihnen Geld für Pizza. »Ich habe ihnen eine Gruppen-SMS geschickt. Drei haben mit Smileys geantwortet, vier mit lauter Ausrufezeichen, und einer, Gavin natürlich, zog ausführlich über die Missstände im Reality-TV im Gegensatz zum Drehbuchschauspiel her und darüber, dass Autorenfilmer wie er darunter zu leiden hätten. Als könnte ich etwas tun, um das Wesen dieser Dokusoaps zu ändern.«
Mir war im Laufe des Tages, nachdem ich weitere Leute kennengelernt hatte, die an den Dreharbeiten zu Jordan liebt Tania beteiligt waren, immer klarer geworden, dass meine Meinung niemanden auch nur die Bohne interessierte.
Als ich Stephanie Brewer und einen Mann, den sie mir mit Jared Greenberg, Regisseur und Aufnahmeleiter, vorstellte, durch das Haus führte, dämmerte mir allmählich, wie wenig Realität tatsächlich in »Reality-TV« steckt. Stephanie und der Jared, ein großer schlaksiger Kerl, legten nämlich bereits fest, was wo gefilmt werden würde (sehr wenig außerhalb der Räume, die die Mädchen bewohnen würden, entschieden die beiden, nachdem sie die Gemeinschaftsbereiche der Fischer Hall gesehen hatten, die »völ lig unmöglich« waren). »Gotterbärmlich« lautete Jareds Beschreibung der Cafeteria, als ich ihn dorthin
Weitere Kostenlose Bücher