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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Weber
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Problemen in diesem Bereich gab und dass er sie als Leiter der Kripo ganz nach eigenem Gusto hätte angehen können. Er blinzelte, atmete tief ein und nickte.
    »Selbstverständlich, Herr Kertsch. Das mache ich doch gerne.«
    Kertsch hatte die Arme auf dem Tisch verschränkt, den Rücken durchgedrückt und das Kinn etwas gehoben, was ihm im Ganzen einen feierlichen Ausdruck gab.
    »Schön. Ich weiß doch, Herr Grewe … Also dann, wollen wir ein paar Einzelheiten besprechen?« Kertsch klopfte mit den Fingerspitzen der Rechten auf die vor ihm liegenden Akten. »Personell, meine ich.«
    Grewe nickte.
    Die Nacht war ruhig gewesen in der Einsatzleitstelle. Ein VU ohne an der AS 12, die Kollegen hatten das bisschen Blechschaden in zwanzig Minuten aufgenommen. Eine häusliche Gewalt auf der Sinzler Höhe, der Mann nüchterte gerade im Gästezimmer aus und würde nach dem Frühstück den Haftrichter kennenlernen. Zweimal Ausrücken wegen »verdächtiger Geräusche im Garten«, hinter denen die Einsamkeit einer alten Frau steckte. Eine Kneipenschlägerei, die vorübergehend zwei weitere Gästezimmer der Direktion gefüllt hatte. Beide Jungs waren zu besoffen gewesen, um sich ernsthaft zu verletzen, aber sie hatten einigen Sachschaden verursacht.
    Polizeikommissar Merten Zingerle füllte frisches Wasser in die Kaffeemaschine. In einer guten halben Stunde kam die Ablösung. Zingerle schaltete die Maschine ein und ging wieder rüber an seinen Platz. Er hatte sich noch nicht so recht gefunden in dieser Arbeit. Manchmal war er froh, dass er einen Notruf nur entgegennahm und nicht selbst zum Einsatz musste. Entweder weil schon klar war, dass da etwas Übles auf die Kollegen zukam, oder aber weil der Anlass so nichtig und die Aufregung des Anrufers dazu so unverhältnismäßig war. Beides konnte einem Polizisten den Tag vollständig versauen.
    Aber viel öfter blieb in Merten Zingerle eine Leere zurück, wenn er die Meldung weitergeleitet hatte. Eine Sehnsucht, jetzt die angebissene Brezel mit einem Stöhnen fallen zu lassen, den frisch eingegossenen Kaffee bedauernd anzusehen, die Mütze aufzusetzen und mit seinem Partner zum Einsatzfahrzeug zu spurten. Dafür war er Polizist geworden. Für das Kribbeln in der Magengrube, weil man trotz aller Infos nie genau wissen konnte, was auf einen wartete. Für die Befriedigung, eine schwierige Situation gemeistert zu haben. Für das Glück, einem Menschen in Not geholfen zu haben. Für den stillen Stolz, einen von den Bösen aus dem Verkehr gezogen zu haben. Für die Kameradschaft.
    Oft verfluchte er den Tag, an dem er seiner Freundin von der frei werdenden Stelle in der Zentrale erzählt hatte. Sie hatte nicht mehr lockergelassen und dabei den schnell wachsenden Bauch gestreichelt. Innendienst. Keine Angst mehr um den Vater ihres Kindes haben müssen. Geregelte Dienstzeiten – Schichtdienst, aber keine Überstunden mehr.
    Vielleicht würde sich Svenja beruhigen, wenn das Kind erst mal da war. In ein, zwei Jahren würde sie die Dinge vielleicht wieder ganz anders sehen. Es war ja verständlich. Svenjas Vater war als Feuerwehrmann im Einsatz ums Leben gekommen, da war sie noch ganz klein gewesen.
    Merten Zingerle nippte an seinem Kaffee, da klingelte das Telefon. Er hob ab und spulte seinen Spruch runter, neutral, aber offen und freundlich, so hatten sie es auf dem Lehrgang geübt. Eine Frauenstimme.
    »Hören Sie genau zu. Ich melde zwei schwerstverletzte Beamte nach Schusswechsel. Eine Kopfverletzung, ein Halsdurchschuss. An der Kreisstraße 3107, zirka sieben Kilometer von der L 343 in Richtung Kappeller Forst fahrend. Haben Sie das verstanden?«
    In Mertens Kopf hallte die Meldung nach, verdoppelte, verdreifachte sich. Sein Mund war schlagartig ausgetrocknet, seine Hände schweißnass. Was sollte das? Das konnte nur ein ganz böser Scherz sein.
    »Verdammt noch mal, haben Sie das?« Die Stimme wurde nicht schrill, nicht hysterisch, sondern klar, metallisch.
    »Ich habe die Meldung aufgenommen, sind Sie noch vor Ort?«
    »Ja, und wenn Sie nicht sehr flott machen, dann war’s das hier für Ihre Kollegen.«
    »Gibt es irgendetwas, das uns hilft, den Ort genauer zu bestimmen?«
    »Noch nicht mal Sie können das verfehlen, Mann. Was …?« Die Frau hielt jetzt offensichtlich eine Hand über das Telefon. Merten hatte nur undeutlich eine Männerstimme im Hintergrund gehört. Alles in Zingerle sträubte sich dagegen, dieser Anruferin zu glauben. Das konnte einfach nicht wahr sein.
    Plötzlich

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