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Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Keine Vergebung: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregor Weber
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war, um auf einem Feld Kim an den Rettungshubschrauber zu übergeben. Um Bernie herum gab es kaum Spuren. Die Profis der Feuerwehr hatten sofort diagnostiziert, dass ihm nicht mehr zu helfen war.
    »Wir haben bisher kein Projektil gefunden. Der Schuss auf Kim ging glatt durch den Hals und hat die Schlagader erwischt. Auch keine Hülsen der Tatwaffen bisher, eine Hülse aus Kims Dienstwaffe, das Projektil fehlt. Bei Bernie«, Drossel sah für einen Moment zur Seite, musste heftig atmen. Mit flackernder Stimme setzte er seinen Bericht fort. »Bei Bernie hab ich richtig gucken müssen, um den Einschuss zu sehen. Sitzt in der Augenbraue. Keine Austrittswunde. Also in jedem Fall Kleinkaliber, vermutlich …«, er stöhnte leise, »steckt das Geschoss noch im Kopf. Bei Kim muss es zumindest ein Kaliber mit mehr Wumms gewesen sein, sonst wäre der Schuss nicht durchgegangen.«
    Drossels Blick flog kreuz und quer über den Tatort. Alle Kollegen arbeiteten schweigend. Immer wieder sah man jemanden ein paar Schritte auf Abstand gehen, sich abwenden. Meist ging dann eine Hand zum Kopf, rieb über Stirn oder Augen, verharrte schließlich. Dann begann das Zucken in den Schultern, breitete sich aus.
    Auch Gerd Drossel sah gezeichnet aus. Während des letzten Jahres waren sein Haar und sein Schnurrbart ergraut von der Sorge um seinen ältesten Sohn. Niklas Drossel hatte sich für zwölf Jahre beim Bund verpflichtet und war seit vier Wochen in Afghanistan. Heute schienen Gerds Haare noch grauer und seine Falten noch tiefer. Er gehörte ohnehin nicht zu der Sorte Spurensicherer, die sich eine dicke Haut zugelegt hatten, auch deswegen war er so gut in seinem Job. Aber ein solcher Tatort, ein solcher Angriff auf Kollegen brachte jeden an die Grenze.
    »Herr Drossel, besteht Hoffnung, dass sich noch aussagekräftige Spuren finden?« Auch der stets so ruhige Kertsch klang tief erschüttert.
    »Ich sage niemals nie.« Drossel starrte auf einen Punkt irgendwo im Gewühl der Beamten. Dann wiegte er den Kopf einige Male hin und her. »Es ist immer möglich, dass wir beim dritten oder fünften Durchgang doch noch eine Hülse finden. Am ehesten besteht Hoffnung, dass wir an«, er schluckte, »an Bernies Leiche etwas finden. Seine Waffe und das Ersatzmagazin sind verschwunden, vermutlich von einem Täter mitgenommen. Wenn an Kim etwas zu finden war, ist es sicher mittlerweile weg oder verunreinigt. Und das ist mir ehrlich gesagt scheißegal. Hauptsache, sie kommt durch.« Drossel sah für einen Moment in den Himmel. Grewe und Kertsch taten es ihm wie unter Zwang nach. Wenn da oben jemand war, dann sollte er jetzt seine ganze Aufmerksamkeit einer achtundzwanzigjährigen Polizistin schenken, die nur noch ein seidener Faden mit dem Leben verband, weil ein paar Irre jede Menschlichkeit hinter sich gelassen hatten.
    »Fahrzeugspuren gibt es auf dem Asphalt natürlich nicht, ebenso wenig Schuhspuren. Wenn ein Täter sonstwo DNA hinterlassen hat, dann hat der Regen sie unauffindbar gemacht. Hat ja erst vor einer Stunde aufgehört«, setzte Drossel seine Überlegungen fort. »Also Bernies Obduktion und eine Aussage von Kim sind derzeit unsere einzigen Hoffnungen.«
    »Aber es bedeutet doch etwas, dass wir keine Projektile oder Hülsen finden. Dass Bernies Waffe verschwunden ist.«
    Grewe sah Drossel an. Der kniff die Augenbrauen zusammen. Arbeiten hilft, dachte Grewe, wir müssen arbeiten, damit wir nicht durchdrehen.
    »Vorausgesetzt«, Drossel hob einen Zeigefinger, »dass wir die Geschossteile nicht einfach deshalb nicht finden, weil sie unter irgendeinem Scheißgrashalm oder in einer verdammten Mausehöhle liegen, was auch immer – vorausgesetzt also, dass tatsächlich keine da sind, bedeutet das, dass wir es mit Tätern zu tun haben, die nicht in Panik geraten nach«, er wischte mit einem Arm über die Szene, »so etwas. So, wie Bernie vermutlich gestanden hat, kann die Hülse gut ins Täterfahrzeug geflogen sein, das wäre also eine Erklärung. Aber Kim wurde, sage ich jetzt mal einfach, vom Beifahrer beschossen. Abstand also mindestens drei Meter, eher fünf.«
    »Moment«, Grewe hob beide Hände, um Drossel kurz zu unterbrechen, »du gehst von zwei Schützen aus, ist das richtig?«
    »Ja. Absolut. Wie gesagt, können wir davon ausgehen, dass auf Bernie mit einem Kleinkaliber geschossen wurde, 6.35 mm oder so was. Die Waffe hatte kaum Wumms, deswegen keine Austrittswunde, obwohl der Schuss aus ganz kurzer Distanz gekommen sein dürfte. Bernie

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