Keine Zeit für Vampire
denken ständig an Sex«, bemerkte ich und stand auf. »Sie sollten unbedingt mal mit einem Seelenklempner reden. Und wenn sie mich noch einmal mit diesem Ding da piksen, dann werde ich meinem teuflischen Gespielen von Ihnen erzählen!«
Entsetzt zog sie die Luft ein und schlug sich ein riesiges emailliertes Kruzifix vor die Brust. Dabei waren ihre Augen vor Schreck geweitet, und sogar ihre riesigen Locken schienen sich noch mehr zu kräuseln. »Das würdet Ihr nicht wagen! Der Teufel würde meine Seele stehlen und mich in einen Krampus verwandeln!«
Ich erinnerte mich vage, dass Gretl einmal eine Sagengestalt dieses Namens erwähnt hatte, doch soweit ich wusste, hatte sie etwas mit Weihnachten zu tun. In welchem Zusammenhang stand Weihnachten damit, dass ich Satans Betthäschen sein sollte? »Wie auch immer, vielleicht verkneifen Sie sich jetzt mal Ihre Anschuldigungen, dann wird auch niemand gekrampust. Okay?«
Wieder holte sie tief Atem, beschränkte sich dann aber darauf, etwas auf Deutsch vor sich hin zu murmeln und mit mir zu Imogens Zimmer zu trotten. Dass Imogen krank war, beunruhigte mich, und es war auch der einzige Grund, weshalb ich mich von ihrer griesgrämigen Gesellschafterin aus dem Bett hatte zerren lassen.
»Wie geht es dir?«, erkundigte ich mich, als ich wenig später an Imogens Bett saß. Ihre Haut war fahl und klamm und ihre Wangen glühten. »Dein Kindermädchen, oder was immer sie auch ist, hat behauptet, du wärst krank, wolltest mich aber trotzdem sprechen. Kann ich etwas tun, damit es dir besser geht?«
»Ich wurde vergiftet«, erklärte sie schwach. Der Griff, mit dem sie meinen Arm packte, war allerdings so stahlhart, dass ich aufjaulte. »Meine Onkel haben mir etwas in den Wein geschüttet.«
»W as haben sie getan?«, schrie ich entsetzt auf.
Ihre Augenlider flatterten und sie nickte. »Sie wissen von meiner Schwäche für guten Wein … aber das ist jetzt nebensächlich.«
»Also, ich weiß nicht recht. Ich würde sagen, vergiftet zu werden ist nicht gerade eine Nebensächlichkeit.«
»Frevlerin!«, keuchte Anna. »Gotteslästerin!«
»Gehen Sie mal zum Arzt, Sie Irre!«, empfahl ich ihr, ergriff Imogens Hand und überlegte angestrengt, wie man Vergiftungen behandelte. »Ganz viel Milch trinken oder Brot essen? Oder soll man sich lieber übergeben … oh Mann, ich hätte mich doch für den Erste-Hilfe-Kurs im Büro anmelden sollen, aber ich bin einfach nicht dazu gekommen. Durchhalten, Imogen! Das wird schon wieder.«
Sie lächelte ein wenig. »Ich werde nicht sterben. Nur, falls du dir deswegen Sorgen machen solltest. Meinesgleichen stirbt nicht so schnell und durch Gift sowieso nicht. Wir werden nur für kurze Zeit krank, und Anna hat mir schon dabei geholfen, den Wein wieder abzuführen. Mir wird es bald besser gehen. Ich fühle mich nur schwach, zu schwach, um Papa zu suchen.«
»Wenn du ihm sagen willst, was seine Brüder getan haben, suche ich ihn für dich. Ich wette, er wird ihnen ganz schön den Marsch blasen, und nach dem, was sie angerichtet haben, würde ich glatt dabei mitmachen. Bis du sicher, dass du zurechtkommst?«
»Mir geht es gut, ich bin nur etwas schlapp. Io, du musst Papa retten. Nur du kannst sie aufhalten.«
»Aufhalten …« Sie umklammerte meine Hand, und endlich kam mir die Erleuchtung. Ich schielte nach Anna. Konnte ich offen vor ihr sprechen? »Aber wir haben doch schon geklärt, dass gewisse Dinge erst in zwei Jahren passieren werden.«
»Ich weiß, was du gesagt hast, aber irgendwie ist jetzt alles anders. Vielleicht hast du … in der anderen Zeit etwas falsch verstanden.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Du hast mir erzählt, du wärst beim Tod deines Vaters zweiundzwanzig gewesen, und Nikola hat vorhin gesagt, du wärst jetzt erst zwanzig …«
»Nein!« Imogen kämpfte sich hoch. Dabei brach ihr der Schweiß aus. Sie packte meine Arme und schüttelte mich. »Ich bin zweiundzwanzig! Papa vergisst ständig, wie alt ich bin. Io, ich bin jetzt zweiundzwanzig! Heute ist der Tag, an dem er sterben soll!«
Ich bekam eine Gänsehaut und fing obendrein an zu zittern.
»Lieber Himmel. Dann wollen seine Brüder …«
»Er ist jetzt gerade mit ihnen unterwegs!«
Ich sprang auf und verspürte den verzweifelten Drang, etwas zu unternehmen – nur was? »Bist du dir auch ganz sicher? Vielleicht sitzt Nikola auch nur in seinem Arbeitszimmer und spielt mit seinem Roboter. Hast du dort schon nachgesehen?«
»Er ist fortgegangen,
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