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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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sah zu, wie der Mann unsere Hoffnung mit einem Tritt zunichte machte.

36
    Liegen bleiben!«
    »Ich bin Agentin des Federal Bureau of Investigations«, sagte Rachel.
    »Halt’s Maul.«
    Die Gesichter noch immer in den Staub gedrückt, ließ er uns die Hände über dem Kopf zusammenlegen. Er drückte mir das Knie ins Rückgrat. Ich verzog das Gesicht vor Schmerz. Mit aller Kraft riss der Mann meine Arme nach hinten und hätte sie mir dabei fast ausgekugelt. Gekonnt band er meine Handgelenke mit flexiblen Nylonfesseln zusammen. Sie fühlten sich an wie diese unglaublich komplizierten Plastikbänder, mit denen Spielzeug zusammengebunden wird, damit es nicht aus dem Laden geklaut wird.
    »Die Beine zusammen.«
    Mit einer weiteren Fessel band er meine Füße zusammen. Er stieß sich von meinem Rücken ab. Dann kümmerte er sich um Rachel. Ich wollte schon irgendetwas Ritterliches rufen wie »Lassen Sie sie in Ruhe!«, wusste jedoch, dass das bestenfalls vergeblich sein würde. Ich sagte nichts.
    »Ich bin FBI-Agentin«, wiederholte Rachel.
    »Das hab ich schon beim ersten Mal verstanden.«
    Er stemmte ihr ein Knie in den Rücken und zog ihre Hände nach hinten. Sie stöhnte vor Schmerz auf.
    »Hey«, begehrte ich auf.

    Der Mann beachtete mich nicht. Als ich mich auf den Rücken drehte und ihn zum ersten Mal richtig ansah, kam es mir vor, als wäre ich in eine Zeitschleife geraten. Kein Zweifel – der Camaro gehörte ihm. Seine Haare waren so lang wie die eines Eishockeyspielers aus den Achtzigern, möglicherweise mit einer Dauerwelle, und in einem seltsamen orangefarbenen Blondton. Er hatte sie hinter die Ohren geklemmt und zu einer Art Nackenspoiler gestylt, den man allenfalls noch aus Night Ranger- Musikvideos kannte. Er trug einen dürftigen blonden Schnurrbart, der notfalls auch als Milchbart durchgegangen wäre. Auf seinem T-Shirt stand UNIVERSITY OF SMITH AND WESSON. Seine Jeans war unnatürlich dunkelblau und wirkte sehr steif.
    Als er Rachels Hände gefesselt hatte, sagte er: »Hoch mit Ihnen, Kleine. Wir beide gehen ein bisschen spazieren.«
    Rachel legte so viel Strenge in ihre Stimme, wie sie konnte: »Haben Sie nicht gehört?«, sagte sie, während ihr die Haare über die Augen fielen. »Ich bin Rachel Mills …«
    »Und ich bin Verne Dayton. Na und?«
    »Ich bin FBI-Agentin.«
    »Auf Ihrem Ausweis steht, dass Sie im Ruhestand sind.« Verne Dayton lächelte. Er war zwar nicht zahnlos, eignete sich jedoch auch für ein Zahnarzt-Werbefoto. Der rechte obere Schneidezahn war vollkommen nach innen gebogen, wie eine Tür, die nur an einer Angel hing. »Bisschen jung für die Rente, finden Sie nicht?«
    »Ich mache Sondereinsätze. Die wissen, dass ich hier bin.«
    »Echt? Sagen Sie’s nicht. Da hinten wartet ein Haufen Agenten auf Sie, und wenn die in drei Minuten nichts von Ihnen gehört haben, stürmen sie die Ranch. Wollten Sie das grade sagen, Rachel?«
    Sie brach ab. Er hatte ihren Bluff durchschaut. Sie kam nicht weiter.

    »Aufstehen«, sagte er noch einmal und zog ihre Arme hoch.
    Rachel kam stolpernd auf die Beine.
    »Wo bringen Sie sie hin?«, fragte ich.
    Er antwortete nicht. Sie gingen zur Scheune. »Hey!«, rief ich, und in meiner Stimme schwang Hilflosigkeit mit. »Hey, kommen Sie zurück!« Aber sie gingen weiter. Rachel wehrte sich, aber ihre Hände waren hinter dem Rücken zusammengebunden. Immer, wenn sie sich zu heftig bewegte, hob er sie an und zwang sie damit, sich nach vorne zu beugen. Schließlich gab sie auf und ging einfach mit.
    Die Angst fraß sich in mich hinein. Verzweifelt suchte ich nach irgendetwas, womit ich mich befreien konnte. Die Pistolen? Nein, die hatte er mitgenommen. Und selbst wenn sie noch da gewesen wären, was hätte ich damit machen sollen? Auf die Fesseln zielen und mit den Zähnen abdrücken? Ich überlegte, ob ich mich auf den Rücken drehen sollte, doch das hätte mir auch nicht weitergeholfen. Und was jetzt? Ich begann, wie eine Raupe zum Traktor zu kriechen. Ich suchte eine Klinge oder zumindest eine scharfe Kante, an der ich die Fesseln aufschneiden könnte.
    Mit einem Quietschen wurde die Scheunentür geöffnet. Als ich hinübersah, verschwanden sie gerade darin. Dann fiel die Tür hinter ihnen zu. Der Knall verhallte. Die Musik – es musste eine Kassette oder CD gewesen sein – war zu Ende. Jetzt war es still. Und von Rachel war nichts mehr zu sehen.
    Ich musste die Hände frei bekommen.
    Ich kroch weiter, hob den Hintern an und schob mich mit den

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