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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Beinen vorwärts. Endlich erreichte ich den Traktor. Ich suchte nach etwas Scharfkantigem. Nichts. Mein Blick wanderte zur Scheune.
    »Rachel!«, schrie ich.
    Meine Stimme hallte durch die Stille. Sonst geschah nichts. Mein Herz begann, Purzelbäume zu schlagen.

    Mein Gott. Was sollte ich tun?
    Ich drehte mich auf den Rücken und setzte mich auf. Den Rücken an den Traktor gelehnt, stemmte ich mich hoch. Die Scheune hatte ich klar im Blick. Ich wusste nicht, was mir das bringen sollte. Dort rührte sich immer noch nichts. Es war auch nichts zu hören. Mein Blick streifte über den Hof. Verzweifelt suchte ich nach irgendetwas, das mir eine Eingebung gegeben hätte. Aber ich fand nichts.
    Ich überlegte, ob ich es bei dem Camaro probieren sollte. So ein Waffennarr hatte wahrscheinlich immer zwei bis drei Pistolen irgendwo versteckt. Vielleicht hatte er auch eine im Wagen. Aber selbst wenn ich rechtzeitig hinkam, wie hätte ich die Tür öffnen sollen? Wie nach der Waffe suchen? Wie damit schießen, falls ich eine fand?
    Nein, als Erstes musste ich die Fessel loswerden.
    Ich suchte auf dem Boden nach … ich kann es gar nicht sagen. Einem scharfen Stein. Einer zerbrochenen Bierflasche. Irgendwas. Ich fragte mich, wie viel Zeit vergangen war, seit sie in der Scheune verschwunden waren. Ich fragte mich, was er mit Rachel machte. Meine Kehle schnürte sich zusammen.
    »Rachel!«
    Aus dem Hall hörte ich die Verzweiflung heraus. Das machte mir Angst. Aber wieder bekam ich keine Antwort.
    Scheiße, was war da drin los?
    Erneut suchte ich den Traktor nach einer Kante ab, die mir helfen könnte, mich von meinen Fesseln zu befreien. Da war Rost. Viel Rost. Ging das? Konnte ich die Fessel an einer rostigen Ecke durchscheuern? Ich konnte es mir nicht recht vorstellen, hatte aber keine andere Wahl.
    Ich kniete mich hin, drückte meine Handgelenke an eine rostige Kante und bewegte mich auf und ab wie ein Bär, der sich am Baumstamm den Rücken kratzt. Meine Arme rutschten zur Seite,
meine Haut schrammte über den Rost und Schmerz schoss mir den Arm hinauf. Wieder sah ich zur Scheune, horchte noch einmal, hörte aber immer noch nichts.
    Ich scheuerte weiter.
    Das Problem war, dass ich einzig und allein nach Gefühl vorgehen konnte. Ich drehte den Kopf, so weit es ging, konnte meine Handgelenke jedoch nicht sehen. Brachte das überhaupt irgendwas? Ich hatte keine Ahnung. Aber was sollte ich sonst tun? Also bewegte ich die Handgelenke weiter auf und ab und versuchte, die Arbeit zu unterstützen, indem ich die Arme auseinander zog wie ein Herkules in einem B-Film.
    Ich weiß nicht, wie lange es dauerte. Wahrscheinlich kaum mehr als zwei oder drei Minuten, obwohl es mir viel länger vorkam. Die Fessel riss nicht und machte auch keine Anstalten, sich zu lockern. Trotzdem hörte ich erst auf, als ich ein Quietschen hörte. Das Scheunentor wurde geöffnet. Erst sah ich nichts. Dann kam der Hinterwäldler mit dem Nackenspoiler raus. Allein. Er kam auf mich zu.
    »Wo ist sie?«
    Ohne ein Wort beugte Verne Dayton sich herunter und überprüfte meine Fesseln. Ich konnte ihn riechen. Er roch nach getrocknetem Gras und Schweiß. Er musterte meine Hände. Ich sah auf den Boden. Da waren Blutflecken. Zweifellos von mir. Plötzlich hatte ich eine Idee.
    Ich lehnte mich nach hinten und zielte mit einem Kopfstoß auf ihn.
    Ich weiß, was für eine verheerende Wirkung ein richtiger Kopfstoß haben kann. Ich habe Gesichter operiert, die durch solche Stöße zerstört worden waren.
    Das würde mir nicht gelingen.
    Meine Haltung war ungünstig. Meine Hände und Füße waren gefesselt. Ich kniete und war nach hinten verdreht. Mein Schädel
traf ihn nicht auf die Nase oder an einem anderen weichen Teil im Gesichts. Ich erwischte ihn an der Stirn. Wir hörten ein dumpfes Donk wie in einem alten Schwarz-Weiß-Film. Verne Dayton fiel fluchend hintenüber. Ich verlor vollkommen das Gleichgewicht und knallte direkt aufs Gesicht. Die rechte Wange schlug zuerst auf den Boden. Ich hörte meine Zähne klappern. Aber Schmerz konnte mir nichts mehr anhaben. Ich sah ihn an. Er schüttelte benommen den Kopf. An der Stirn hatte er eine kleine Platzwunde.
    Jetzt oder nie.
    Immer noch gefesselt, kroch ich auf ihn zu. Doch ich war zu langsam.
    Verne Dayton lehnte sich zurück und hob einen Arbeitsstiefel. Als ich nahe genug war, trat er mir ins Gesicht, als wollte er einen Waldbrand ersticken. Ich fiel hintenüber. Er schob sich etwas von mir weg und griff nach seinem

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