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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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Sie mir die Wahrheit, oder Sie verbringen die nächsten Jahre im Knast.«
    »Und wenn ich Ihnen erzähle, was ich weiß?«
    »Dann halte ich Sie aus der Sache raus«, sagte Rachel. Das war eine Lüge. Aber sie fiel ihr nicht schwer. Die Frau war an einem Babyhandel beteiligt. Rachel würde sie auf keinen Fall davonkommen lassen. Denise setzte sich. Die Bräune war aus ihrem Gesicht gewichen. Sie wirkte älter. Die Falten um Augen und Mund waren tiefer geworden. »Es ist nicht so, wie Sie glauben«, sagte sie.
    Rachel wartete.
    »Wir tun niemandem etwas zu Leide. Wir helfen den Menschen sogar.«
    Denise Vanech nahm ihre – natürlich weiße – Handtasche und kramte eine Zigarette heraus. Sie bot Rachel eine an. Die schüttelte den Kopf.
    »Wissen Sie was über Waisenhäuser in armen Ländern?«, fragte Denise.
    »Nur das, was ich in PBS-Dokumentarfilmen gesehen habe.«
    Denise zündete die Zigarette an und nahm einen tiefen Zug. »Sie sind mehr als grauenhaft. Oft gibt es für vierzig Babys nur eine Krankenschwester. Und die hat keine Ausbildung. Die Stellen werden über politische oder sonstige Seilschaften vergeben. Manche Kinder werden missbraucht. Viele kommen drogenabhängig zur Welt. Die medizinische Versorgung …«
    »Ich hab’s begriffen«, sagte Rachel. »Es ist schlimm.«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Und wir haben eine Möglichkeit gefunden, einige dieser Kinder zu retten.«

    Rachel lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. Sie merkte, worauf das hinauslief. »Sie bezahlen schwangere Frauen dafür, dass sie hier rüberfliegen und Ihnen ihr Kind verkaufen?«
    »Das ist eine Übertreibung«, sagte sie.
    Rachel zuckte die Achseln. »Wie würden Sie es ausdrücken?«
    »Versetzen Sie sich in ihre Lage. Sie sind eine arme Frau – ich meine wirklich arm –, vielleicht eine Prostituierte oder jemand, der in weiße Sklaverei verwickelt ist. Sie sind der letzte Dreck. Sie haben nichts. Irgendein Mann schwängert Sie. Sie können abtreiben oder, wenn Ihr Glaube das verbietet, Ihr Kind in ein gottverlassenes Waisenhaus stecken.«
    »Oder«, ergänzte Rachel, »wenn ich ganz viel Glück habe, gerate ich an Sie?«
    »Ja. Wir bieten angemessene medizinische Versorgung. Wir bieten eine finanzielle Entschädigung. Und vor allem sorgen wir dafür, dass Ihr Kind in einem finanziell geordneten Elternhaus liebevoll aufgenommen wird.«
    »Finanziell geordnet«, wiederholte Rachel. »Also reich?«
    »Die Dienstleistung ist teuer«, gab sie zu. »Aber ich möchte Ihnen eine Frage stellen. Nehmen wir Ihre Freundin da draußen. Katarina war ihr Name, sagten Sie.«
    Rachel schwieg.
    »Wie würde ihr Leben jetzt aussehen, wenn wir sie nicht hier rübergeholt hätten? Und wie das Leben ihres Kindes?«
    »Ich weiß es nicht. Aber ich weiß auch nicht, was Sie mit dem Kind gemacht haben.«
    Denise lächelte. »Gut, von mir aus widersprechen Sie ruhig. Aber Sie wissen, was ich meine. Glauben Sie, dem Baby ging es dort besser, bei einer bettelarmen Prostituierten in einem vom Krieg verwüsteten Höllenloch – oder hier, bei einer fürsorglichen Familie in den Vereinigten Staaten?«

    »Verstehe«, sagte Rachel, die sich beherrschen musste, um sich nicht zu schütteln. »Sie sind also gewissermaßen die wunderbarste Sozialarbeiterin der Welt. Was Sie hier machen, ist die reine Wohltätigkeit?«
    Denise gluckste. »Schauen Sie sich um. Ich habe einen teuren Geschmack. Ich wohne in einer noblen Gegend. Mein Kind geht aufs College. Ich fahre gern nach Europa in den Urlaub. Wir haben ein Haus in den Hamptons. Ich mache das, weil es extrem profitabel ist. Aber was soll’s? Wen interessieren meine Motive? Meine Motive ändern nichts an den Zuständen in diesen Waisenhäusern.«
    »Ich verstehe immer noch nicht«, sagte Rachel. »Die Frauen verkaufen Ihnen ihre Babys.«
    »Sie überlassen uns ihre Babys«, korrigierte sie. »Und wir geben ihnen dafür eine finanzielle Entschädigung …«
    »Ja, ja, nennen Sie es, wie Sie wollen. Sie bekommen das Baby. Die Mutter bekommt Geld. Aber was dann? Es muss doch Papiere für das Kind geben. Sonst würde die Regierung einschreiten. Sie würden Bacard nicht einfach so Adoptionen vermitteln lassen.«
    »Stimmt.«
    »Wie machen Sie das also?«
    Sie lächelte. »Sie wollen mich auffliegen lassen, stimmt’s?«
    »Ich weiß noch nicht, was ich tun werde.«
    Denise Vanech lächelte weiter. »Aber Sie vergessen nicht, dass ich mit Ihnen zusammengearbeitet habe, nicht

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