Keine zweite Chance
Vanech?«
»Ich brauche nicht mit Ihnen zu reden.«
»Ja, da haben Sie Recht. Ich könnte auch von Tür zu Tür gehen und mit den Nachbarn reden.«
»Und was wollen Sie die fragen?«
»Ich könnte zum Beispiel fragen, ob sie irgendwas über den Babyhandel wissen, der über dieses Haus abgewickelt wird.«
Die Tür wurde schnell geöffnet. Denise Vanech streckte ihren braun gebrannten Kopf mit den weißen Haaren heraus.
»Ich verklage Sie wegen Verleumdung.«
»Wegen übler Nachrede«, verbesserte Rachel.
»Was?«
»Üble Nachrede. Bei Verleumdung weiß ich, dass es nicht stimmt. Wenn ich weiß, dass es stimmt, heißt es üble Nachrede. Sie meinen üble Nachrede. Und in beiden Fällen müssten Sie beweisen, dass es nicht wahr ist. Und das wissen wir beide besser.«
»Sie haben keinen Beweis dafür, dass ich was Unrechtes getan habe.«
»Natürlich habe ich den.«
»Ich habe eine Frau behandelt, die behauptet hat, sie wäre krank. Das ist alles.«
Rachel zeigte auf den Pick-up. Katarina stieg aus. »Und was ist mit dieser ehemaligen Patientin?«
Denise Vanech schlug die Hand vor den Mund.
»Sie wird bezeugen, dass Sie ihr Geld für ihr Baby bezahlt haben.«
»Nein, das wird sie nicht. Die werden sie verhaften.«
»Ja, klar, das FBI wird viel lieber eine arme Serbin festnehmen, als einen Ring von Babyschmugglern auffliegen zu lassen. Machen Sie sich doch nicht lächerlich.«
Als Denise Vanech schwieg, stieß Rachel die Tür auf. »Was dagegen, wenn ich reinkomme?«
»Sie verstehen das falsch«, sagte Denise Vanech leise.
»Okay.« Rachel war jetzt im Haus. »Dann sind Sie bestimmt bereit, meine Bedenken zu zerstreuen.«
Plötzlich schien Denise Vanech nicht mehr zu wissen, was sie tun sollte. Sie sah Katarina noch einmal an und schloss leise die Tür. Rachel war schon auf dem Weg ins Wohnzimmer. Es war weiß. Vollkommen weiß. Eine weiße Polstergruppe auf einem weißen Teppich. Weiße Porzellanstatuen von nackten Frauen auf Pferden. Ein weißer Kaffeetisch mit weißen Beistelltischchen und zwei weiße, ergonomisch geformte Stühle ohne Lehnen. Denise folgte ihr hinein. Ihre weiße Kleidung wurde eins mit dem Hintergrund, so dass es fast aussah, als schwebten Kopf und Arme frei im Raum.
»Was wollen Sie?«
»Ich suche ein ganz bestimmtes Kind.«
Denise blickte zur Tür. »Ihres?«
Sie meinte Katarina.
»Nein.«
»Spielt auch keine Rolle. Ich weiß nicht, wo die Kinder hinkommen.«
»Sie sind Hebamme, stimmt’s?«
Sie verschränkte die glatten, muskulösen Arme unter ihrem Busen. »Ich beantworte Ihre Fragen nicht.«
»Denise, das meiste weiß ich schon. Sie brauchen nur ein paar kleine Lücken zu füllen.«
Rachel setzte sich auf die Vinyl-Couch. Denise Vanech blieb regungslos stehen. »Sie haben Leute irgendwo im Ausland. Ich weiß nicht, ob in einem oder in mehreren Ländern. Ich weiß nur von Serbien. Also fangen wir da an. Ihre Leute werben dort Mädchen an. Die Mädchen kommen schwanger nach Amerika, sagen am Zoll aber nichts von ihrer Schwangerschaft. Hier bringen sie dann das Baby zur Welt. Wo genau, weiß ich allerdings nicht.«
»Viel wissen Sie nicht.«
Rachel lächelte. »Ich weiß genug.«
Denise stemmte die Hände in die Hüften. Die Pose wirkte so unnatürlich, als hätte sie sie vor dem Spiegel eingeübt.
»Jedenfalls bekommen die Frauen Babys. Sie bezahlen sie dafür. Sie geben die Babys Steven Bacard. Er arbeitet für verzweifelte Paare, die bereit sind, ein bis zwei Augen zuzudrücken. Und die adoptieren das Kind.«
»Das ist eine schöne Geschichte.«
»Und Sie wollen behaupten, ich hätte sie frei erfunden.«
Denise grinste. »Mit großer Fantasie.«
»Okay. Prima.« Sie zog das Handy aus der Tasche. »Dann rufe ich mal das FBI an. Ich werd ihnen von Katarina erzählen. Dann können sie nach Union City fahren und Tatiana in die Mangel nehmen. Sie können die Liste Ihrer Telefongespräche durchgehen, Ihre Kontenbewegungen …«
Denise fing an, mit den Händen abzuwinken. »Okay, okay. Sagen Sie mir, was Sie wissen wollen. Ich meine, Sie haben gesagt, Sie sind keine FBI-Agentin mehr. Was wollen Sie dann von mir?«
»Ich will wissen, wie das Ganze funktioniert.«
»Wollen Sie mit einsteigen?«
»Nein.«
Denise wartete einen Moment. »Sie haben eben gesagt, Sie suchen ein ganz bestimmtes Kind.«
»Ja.«
»Dann arbeiten Sie also für irgendjemand?«
Rachel schüttelte den Kopf. »Passen Sie auf, Denise. Sie haben im Prinzip keine Wahl. Entweder erzählen
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