Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
sorgfältig zu analysieren, aber dafür reichte die Zeit nicht. Der Mann am Telefon hatte Recht gehabt. Ich war auf blöde Ideen gekommen. Bei der ersten Lösegeldübergabe hatte ich die Polizei und das FBI eingeweiht. Bei der zweiten hatte ich mir eine Ex-FBI-Agentin zu Hilfe geholt. Lange war ich davon ausgegangen, dass meine Entscheidung für das Misslingen der ersten Lösegeldübergabe verantwortlich war. Das dachte ich nicht mehr. Beide Male hatte ich es darauf ankommen lassen, aber jetzt glaube ich, dass es von Anfang an ein abgekartetes Spiel gewesen war. Sie hatten nie vorgehabt, meine Tochter zurückzugeben. Weder vor achtzehn Monaten noch gestern Nacht.

    Und auch jetzt nicht.
    Vielleicht hatte ich zu lange nach einer Antwort gesucht, die ich schon lange kannte. Verne hatte Verständnis für meine Suche gezeigt, hatte aber auch eine Warnung ausgesprochen. Solange man sich nichts vormacht. Aber vielleicht hatte ich mir etwas vorgemacht? Selbst jetzt, wo wir dabei waren, diesen Babyschmuggelbetrug aufzudecken, hatte ich mir wieder Hoffnungen gemacht. Vielleicht lebte meine Tochter doch noch. Vielleicht war sie irgendwie in diesen Adoptionsschwindel hineingeraten. Natürlich wäre das schrecklich. Aber die Alternative – dass Tara tot war – wäre sehr viel schlimmer.
    Ich wusste nicht mehr, was ich glauben sollte.
    Ich sah auf die Uhr. Zwanzig Minuten waren vergangen. Ich fragte mich, wie ich vorgehen sollte. Eins nach dem anderen. Ich rief Lenny unter der Privatnummer in seinem Büro an.
    »Ein Mann namens Steven Bacard wurde gerade in East Rutherford ermordet«, sagte ich.
    »Bacard? Der Anwalt?«
    »Kennst du ihn?«
    »Ich habe vor ein paar Jahren was mit ihm zusammen bearbeitet«, sagte Lenny. Dann fiel ihm etwas ein: »Oh, Scheiße.«
    »Was ist?«
    »Du hast nach Stacy und einer Adoption gefragt. Ich hab da erst keine Verbindung gesehen. Aber jetzt, wo du Bacard erwähnst … Stacy hat nach ihm gefragt. So vor drei, vier Jahren etwa.«
    »Was wollte sie von ihm?«
    »Ich weiß es nicht. Irgendwie ging’s um Mutterschaft oder so was.«
    »Was bedeutet das?«
    »Keine Ahnung. Ich hab nicht richtig zugehört. Ich hab ihr nur gesagt, sie soll nichts unterschreiben, ehe sie es mir gezeigt
hat.« Dann fragte Lenny: »Woher weißt du, dass er ermordet worden ist?«
    »Ich hab gerade seine Leiche gesehen.«
    »Halt. Kein weiteres Wort dazu. Die Leitung könnte abgehört werden.«
    »Ich brauche deine Hilfe. Ruf die Polizei an. Sie müssen Bacards Unterlagen sicherstellen. Er war der Anführer eines betrügerischen Adoptionsrings. Gut möglich, dass er was mit Taras Entführung zu tun hat.«
    »Inwiefern?«
    »Ich hab jetzt keine Zeit, das zu erklären.«
    »Ja. Okay, ich ruf Tickner und Regan an. Regan sucht dich schon die ganze Zeit.«
    »Hab ich mir gedacht.«
    Ich legte auf, bevor er weitere Fragen stellen konnte. Ich weiß nicht, was ich mir von der Durchsuchung von Bacards Büro erhoffte. Ich konnte nicht recht glauben, dass die Antwort zu Taras Schicksal im Aktenschrank einer Anwaltskanzlei lag, aber vielleicht täuschte ich mich. Und falls hier etwas schief ging – und die Chancen dafür standen gar nicht schlecht –, sollte irgendjemand dem nachgehen können.
    Ich war jetzt in Ridgewood. Ich hatte dem Mann am Telefon keine Sekunde lang geglaubt. Die wollten keine Informationen verkaufen. Sie wollten reinen Tisch machen. Rachel und ich wussten zu viel. Sie lockten mich dorthin, um uns beide umzubringen.
    Was also sollte ich tun?
    Ich hatte sehr wenig Zeit. Wenn ich sie hinhielt – wenn ich deutlich länger als eine halbe Stunde brauchte –, würde der Mann nervös werden. Das wäre schlecht. Noch einmal überlegte ich, ob ich die Polizei anrufen sollte, doch mir fiel die Warnung bezüglich meiner blöden Ideen ein, und ich machte mir immer
noch Sorgen wegen des Informanten. Ich hatte eine Pistole, und ich konnte damit umgehen. Ich war ein ziemlich guter Schütze, wenn auch bisher nur auf dem Schießstand. Auf Menschen zu schießen war wohl etwas anderes. Vielleicht aber auch nicht. Ich verspürte keine Skrupel mehr, diese Leute umzubringen. Ich weiß nicht einmal, ob ich je welche verspürt hatte.
    Einen Block vor Denise Vanechs Haus parkte ich den Wagen, nahm meine Pistole und ging die Straße hinab.

    Er nannte sie Lydia. Sie nannte ihn Heshy.
    Die Frau war vor fünf Minuten angekommen. Sie war zierlich und hübsch und hatte ihre Puppenaugen vor Aufregung weit aufgerissen. Sie stellte sich

Weitere Kostenlose Bücher