Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
Vom Netzwerk:
blieben.
    Jetzt hatte er sie gesehen.
    Es wäre pervers gewesen, hätte sie den Ausdruck auf seinem Gesicht nicht sehen wollen.
    Die Sekunden vergingen. Das hatte sie so geplant. Sie wollte die Spannung ins Unermessliche wachsen lassen, ihn über die Grenze dessen belasten, was ein Mensch ertragen konnte, ihn weich kochen, ehe sie ihm den letzten, endgültigen Schlag versetzte.
    Lydia zog ihre Sig-Sauer aus der Tasche. Sie hielt sie neben sich am Körper. Seidman war noch gut zehn Meter von dem Busch entfernt, hinter dem sie sich versteckt hatte. Sie führte den Sprachverzerrer und das Handy wieder zum Mund. Sie flüsterte hinein. Flüstern oder Schreien war egal. Durch den Verzerrer klang alles gleich.
    »Öffnen Sie die Geldtasche.«
    Er bewegte sich wie in Trance. Er tat, was sie von ihm verlangt hatte – ohne weitere Fragen zu stellen. Jetzt schaltete sie ihre Taschenlampe ein. Sie leuchtete ihm ins Gesicht und senkte den Strahl dann auf die Tasche.
    Geld. Sie konnte die Bündel erkennen. Sie nickte. Sie waren abmarschbereit.
    »In Ordnung«, sagte sie. »Stellen Sie die Tasche auf den Boden. Gehen Sie langsam den Pfad entlang. Tara erwartet Sie dort.«
    Sie sah, wie Dr. Seidman die Tasche abstellte. Er blinzelte in
die Richtung, in der er seine Tochter vermutete. Er bewegte sich steif, aber vermutlich war seine Sicht noch durch den Taschenlampenstrahl beeinträchtigt. Auch das würde es leichter machen.
    Lydia wollte aus kürzester Entfernung schießen. Zwei Kugeln schnell hintereinander in den Kopf, für den Fall, dass er eine schusssichere Weste trug. Sie war eine gute Schützin. Wahrscheinlich würde sie seinen Kopf auch von hier treffen. Doch sie wollte auf Nummer sicher gehen. Nur keinen Fehler machen. Ihm keine Möglichkeit zur Flucht geben.
    Seidman kam auf sie zu. Er war noch rund acht Meter weg. Dann fünf. Als er nur noch drei Meter von ihr entfernt war, hob Lydia die Pistole und zielte.

    Falls Marc die U-Bahn genommen hatte, war es fast unmöglich, ihm unbemerkt zu folgen.
    Rachel lief zur Treppe. Als sie oben angekommen war, blickte sie hinab in die Dunkelheit. Marc war verschwunden. Mist. Sie betrachtete die Umgebung. Ein Schild deutete in Richtung der Fahrstühle, die nach unten zum A-Train fuhren. Rechts von ihr war ein geschlossenes, schmiedeeisernes Tor. Sonst nichts.
    Er musste zur U-Bahn hinuntergefahren sein.
    Und jetzt?
    Von hinten hörte sie Schritte. Rasch wischte sie sich mit der rechten Hand übers geschwärzte Gesicht und hoffte, dass sie so wenigstens halbwegs vorzeigbar aussah. Mit der Linken schob sie das Nachtsichtgerät nach hinten.
    Zwei Männer kamen die Treppe herabgetrabt. Einer sah sie an und lächelte. Sie wischte sich noch einmal übers Gesicht und erwiderte das Lächeln. Die Männer liefen die restlichen Stufen herab und wandten sich zu den Fahrstühlen.

    Rachel ging schnell ihre Möglichkeiten durch. Sie konnte die beiden Männer als Deckung benutzen. Sie würde gemeinsam mit ihnen nach unten fahren, den Fahrstuhl mit ihnen betreten und verlassen und sich dabei vielleicht sogar mit ihnen unterhalten. Wer sollte sie dann verdächtigen? Mit etwas Glück war Marcs U-Bahn noch nicht gekommen. Falls doch … na ja, es brachte sie nicht weiter, das Schlimmste anzunehmen.
    Rachel wollte gerade auf die Männer zugehen, als ihr etwas auffiel. Das schmiedeeiserne Tor. Zu ihrer Rechten. Es war geschlossen. Auf dem Schild daneben stand: GEÖFFNET NUR AN WOCHENENDEN UND GESETZLICHEN FEIERTAGEN.
    Aber dahinter sah Rachel den Strahl einer Taschenlampe im Dickicht.
    Sie hielt inne und spähte durch den Zaun, sah jedoch nichts außer dem Lichtstrahl. Das Unterholz war zu dicht. Von links hörte sie das Ping des ankommenden Fahrstuhls. Die Tür glitt auf. Die Männer traten in die Kabine. Keine Zeit, den Palm Pilot aus der Tasche zu holen und die GPS-Daten zu überprüfen. Außerdem waren der Fahrstuhl und der Taschenlampenstrahl zu nahe beieinander. Wahrscheinlich hätte sie den Unterschied gar nicht erkennen können.
    Der Mann, der ihr zugelächelt hatte, legte die Hand vor die Lichtschranke und blockierte so die Tür. Sie überlegte, was sie tun sollte.
    Der Lichtstrahl verschwand.
    »Wollen Sie mit?«, fragte der Mann.
    Sie wartete darauf, dass die Taschenlampe wieder angeschaltet wurde. Doch nichts geschah. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, vielen Dank.«
    Sie rannte die Treppe wieder hinauf und suchte nach einer dunklen Stelle. Das Nachtsichtgerät funktionierte nur richtig, wenn

Weitere Kostenlose Bücher