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Keine zweite Chance

Keine zweite Chance

Titel: Keine zweite Chance Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Coben
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telefoniert?«, wollte Tickner wissen.
    »Bis heute?«
    »Ja.«
    »Nein.«
    »Niemals? Sie haben bis heute nicht ein Mal mit ihr telefoniert? Nicht einmal, als Sie miteinander ausgegangen sind?«
    Lenny sagte: »Herrgott, was ist das denn für eine Frage?«
    Tickners Kopf schnellte zu Lenny herum. »Haben Sie ein Problem?«
    »Ja, Ihre Fragen sind bescheuert.«
    Wieder starrten sie sich feindselig an. Ich brach das Schweigen. »Ich hatte seit dem College nicht mehr mit Rachel telefoniert.«
    Tickner sah mich an. In seiner Miene lag jetzt unverhohlene Skepsis. Ich betrachtete den hinter ihm stehenden Regan. Der nickte gedankenverloren. Da beide nicht recht zu wissen schienen, was sie jetzt tun sollten, versuchte ich, etwas aufs Tempo zu drücken. »Haben Sie den Mann und das Kind in dem Honda Accord gefunden?«, erkundigte ich mich.
    Tickner ließ sich die Frage kurz durch den Kopf gehen. Er drehte sich zu Regan um, der durch ein Achselzucken ein warum nicht ausdrückte. »Der Wagen wurde am Broadway in der Nähe der 145th Street verlassen aufgefunden. Er war ein paar Stunden vorher gestohlen worden.« Tickner zog ein Notizbuch aus der Tasche, schaute aber nicht hinein. »Als wir Ihnen im Park begegnet sind, haben Sie etwas von Ihrer Tochter geschrien. Glauben Sie, dass sie das Kind im Wagen war?«
    »Zu diesem Zeitpunkt dachte ich das.«
    »Jetzt nicht mehr?«

    »Nein«, sagte ich. »Das war nicht Tara.«
    »Warum haben Sie Ihre Ansicht geändert?«
    »Ich habe ihn gesehen. Das Kind, meine ich.«
    »Es war ein Junge?«
    »Ich glaube schon.«
    »Wann haben Sie ihn gesehen?«
    »Als ich auf den Wagen gesprungen bin.«
    Tickner hob die Hände. »Wie wär’s, wenn Sie noch mal ganz von vorne anfangen und uns erzählen, was passiert ist?«
    Ich erzählte ihnen die gleiche Geschichte, die ich Lenny schon geschildert hatte. Regan blieb an der Wand stehen. Er hatte noch immer kein Wort gesagt. Ich fand das eigenartig. Während ich sprach, schien Tickner immer aufgeregter zu werden. Die Haut auf seinem glatt rasierten Kopf spannte sich, worauf die Sonnenbrille, die er wieder oben auf seinen Schädel geschoben hatte, anfing, nach vorne zu rutschen. Er rückte sie immer wieder zurecht. Die Ader an seiner Schläfe pulsierte. Sein Unterkiefer schien sich immer mehr zu verkrampfen.
    Als ich fertig war, sagte Tickner: »Sie lügen.«
    Lenny trat zwischen Tickner und mein Bett. Im ersten Augenblick dachte ich, sie würden anfangen, sich zu prügeln, was ehrlich gesagt nicht gut für Lenny gewesen wäre. Aber Lenny war noch nie auch nur einen Zentimeter zurückgewichen. Die Situation erinnerte mich an die dritte Klasse, als Tony Merullo einen Streit mit mir angefangen hatte. Lenny war dazwischen gegangen, hatte es mutig mit Tony aufgenommen, und eine Tracht Prügel bezogen.
    Jetzt stand er so dicht vor dem größeren FBI-Mann, dass sich ihre Nasen fast berührten. »Was zum Teufel ist los mit Ihnen, Agent Tickner?«
    »Ihr Mandant ist ein Lügner.«

    »Meine Herren, dieses Gespräch ist beendet. Raus.«
    Tickner neigte den Kopf, so dass seine Stirn gegen Lennys drückte. »Wir können beweisen, dass er lügt.«
    »Beweisen Sie’s«, sagte Lenny. Dann korrigierte er sich: »Nein, Moment, vergessen Sie’s. Ich will’s gar nicht wissen. Nehmen Sie meinen Mandanten fest?«
    »Nein.«
    »Dann verpissen Sie sich aus diesem Krankenhauszimmer.«
    Ich sagte: »Lenny.«
    Lenny maß Tickner noch einmal mit finsterem Blick, um ihm zu zeigen, dass er sich nicht einschüchtern ließ, und drehte sich dann zu mir um.
    »Bringen wir’s hinter uns«, sagte ich.
    »Er versucht, dir aus dieser Sache einen Strick zu drehen.«
    Ich zuckte die Achseln, weil es mir nicht viel ausmachte. Ich glaube, Lenny merkte das. Er trat zur Seite. Ich nickte Tickner zu, dass er sein Bestes geben und mich fertig machen sollte.
    »Sie haben Rachel zwischendurch gesehen.«
    »Ich hab Ihnen doch gesagt …«
    »Wenn Sie nicht mit Rachel Mills gesprochen haben, woher wussten Sie dann, dass sie FBI-Agentin ist?«
    Lenny fing an zu lachen.
    Tickner fuhr zu ihm herum. »Worüber lachen Sie?«
    »Weil meine Frau mit Rachel Mills befreundet ist, Sie taube Nuss.«
    Das verwirrte ihn. »Was?«
    »Meine Frau und ich stehen in regelmäßigem Kontakt zu Rachel. Wir haben die beiden damals miteinander bekannt gemacht.« Wieder lachte Lenny. »Das soll Ihr Beweis sein?«
    »Nein, das ist keineswegs mein Beweis«, fauchte Tickner, der sich jetzt in die Defensive gedrängt sah.

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