Keiner flirtet so wie du
ihre Mutter, und sie fiel kopfüber in ein dunkles Loch …
Charli schrie. Sie saß kerzengerade im Bett, die Beine in den Laken verheddert, und ruderte mit den Armen. Die beengende Dunkelheit schien sie zu erdrücken, und sie schnappte nach Luft, atmete tief ein, gegen die Beklemmung in ihrer Brust.
Nachdem sich ihr Herzschlag beruhigt hatte, umfasste sie ihre Knie und ließ den Kopf sinken.
Ein dummer Traum, ein vertrauter Traum, der sie von Zeit zu Zeit heimsuchte.
Wahrscheinlich waren die Anisbonbons schuld. Oder die Angst, die sich vorhin in der Bar in ihr Unterbewusstsein geschlichen hatte und die alles zu untergraben drohte, was sie sich mühsam aufgebaut hatte: Selbstbewusstsein, Glück, Erfolg.
Die Schlafzimmertür ging auf, und als sie sich umdrehte, erblickte sie Lucas halb nackte Gestalt. „Alles okay?“
„Ja, nur ein Albtraum.“
„Muss ein Prachtexemplar gewesen sein.“ Zögernd wandte er sich zum Gehen, doch als das Licht vom Flur ins Zimmer fiel, weiteten sich seine Augen. „Mein Gott, du bist ja klitschnass.“
In zwei Schritten war er an ihrem Bett und wischte ihr sanft den Schweiß von der Stirn. „Warte hier, ich hole dir ein Handtuch und frische Bettwäsche.“
Ihr Protest verstummte, als sie die aufrichtige Sorge in seinem Gesicht sah. Sie nickte und presste die Lippen aufeinander, um ein plötzlich aufsteigendes Schluchzen zu unterdrücken.
Während er das Bett frisch bezog, vergaß sie beim Anblick des starken, männlichen Playboys bei der Erledigung einer derart banalen Haushaltspflicht fast ihren Albtraum.
Erst als sie wieder unter die Decke schlüpfte, wurde ihr bewusst, wie sehr der Traum sie mitgenommen haben musste. Denn ihr war gar nicht aufgefallen, dass Luca nur schwarze Boxershorts trug.
Er deckte sie zu, und als er sich aufrichten wollte, um zu gehen, ergriff sie seine Hand. „Danke.“
„Gern geschehen.“ Er klang noch immer besorgt.
Als er versuchte, seine Hand zu befreien, hielt sie ihn fest. Plötzlich wollte sie auf keinen Fall, dass er sie allein ließ. „Kannst du noch einen Augenblick bleiben?“
Er versteifte sich, bevor er nickte und sich auf die Matratze sinken ließ, ohne ihre Hand loszulassen. „Willst du darüber reden?“
Sie schüttelte den Kopf. Das Letzte, was sie wollte, war, die Wahrheit über ihre Vergangenheit, über ihre traumatische Kindheit preiszugeben. „Hast du als Kind je Dinge erlebt, von denen du wünschtest, du könntest sie ändern?“
Er wandte sich etwas ab, sodass sie sein Gesicht im Schatten nicht sehen konnte, doch die angespannte Haltung seiner Schultern sprach Bände. „Ja, hat das nicht jeder?“
„Ich habe meinen Vater nie kennengelernt.“ Oft fragte sie sich, ob das der Grund war, warum ihre Mutter sie so hasste: dass ihr Vater sich noch vor ihrer Geburt aus dem Staub gemacht hatte.
„Willkommen im Klub“, murmelte er bitter.
Dankbar für die Ablenkung von ihrer eigenen unglücklichen Familiengeschichte, fragte sie: „Du hast erwähnt, dass du deinen Vater nicht kennst. Wie nahe stehst du Hector?“
Er schwieg, und sie überlegte krampfhaft, was sie sagen konnte, um das peinliche Schweigen zu brechen, als er endlich sprach.
„Roy wollte nichts mit mir zu tun haben, also nehme ich an, dass Hector es irgendwie wiedergutmachen wollte. Er zahlte für meine Ausbildung, richtete einen Treuhandfonds ein, der auf mich übertragen wurde, als ich einundzwanzig war, und bemühte sich, Kontakt zu mir zu halten.“
„Aber?“
Er zuckte mit den Schultern, während ein Anflug von Schmerz über sein Gesicht glitt. „Aber ich habe nie verstanden, warum er sich für mich interessiert.“
„Hector mag dich. Sonst hätte er dich nicht um Hilfe gebeten.“
Er versteifte sich, und sie hätte sich dafür ohrfeigen können, dass sie in seiner Vergangenheit bohrte, obwohl es ihn ganz offensichtlich schmerzte. Doch er schien es ihr nicht übel zu nehmen. „Was war das für ein Albtraum? Familienkram?“
„Ja, so ähnlich.“
„Nach meiner Erfahrung kann man sich auf niemanden verlassen außer auf sich selbst. Wenn man das beherzigt, ist man auf der sicheren Seite.“
„Ist das nicht zynisch?“
„Realistisch“, korrigierte er sie. „Aber du solltest jetzt besser schlafen.“
„Ja, wahrscheinlich hast du recht.“
Keiner von beiden rührte sich, doch vor lauter Angst vor dem Alleinsein, vor einem neuerlichen Albtraum hielt sie seine Hand noch fester und tat etwas höchst Untypisches. „Bitte bleib
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