Keiner wie er (German Edition)
zusammenzählen und kam auf ...
Harakiri.
Der nächste Anwärter schien tatsächlich seine Chance zu bekommen. Es handelte sich um irgendeinen dahergelaufenen Kerl, nicht besonders gut aussehend, auch nicht hässlich. Nicht einmal einen Drink wurde ihr bezahlt, soviel Mühe musste er sich nicht geben. Seine Kleidung sprach von einer gewissen Klasse. Möglicherweise wirkte er dennoch so unterirdisch, weil er bereits äußerst angetrunken war. Als er nur wenige Minuten nach dem ersten gewechselten Wort Tinas Gesicht berührte, wies die ihn nicht etwa zurecht, sondern betrachtete ihn mit starrem Blick.
Womit Daniels Kennenlernen der besonderen Art abgeschlossen war.
Binnen zwei Sekunden stand er neben den beiden. „Verschwinde!“
Der Angetrunkene hielt das für ein Gerücht, wollte sich den Fang seines Lebens nicht durch die Lappen gehen lassen. „Willst du mich verarschen?“
„Entweder, du gehst freiwillig oder ich helfe dir dabei“, versprach Daniel.
In diesem Moment ertönte die klanglose Stimme links von ihm. „Geh. Sofort!“
Er ignorierte sie, sein Blick lag auf dem Kerl in der kostspieligen Kleidung und dem beängstigend hohen Promillewerte. „Muss ich mich wiederholen?“
Der betrachtete erst Daniel, dann Tina und hob schließlich die Schultern. „Sorry, aber da muss ich passen.“ Und damit verschwand er, offenbar noch nicht betrunken genug, um sein Leben zu riskieren. Aber möglicherweise auch nur, weil er ein verdammter Feigling war. Selbst Alkohol konnte daran wohl nichts ändern.
Ohne sie anzusehen, nahm Daniel ihren Arm. „Komm!“
„Nein!“ Es klang nicht etwa schnippisch oder hysterisch, keifend – sondern absolut emotionslos. Und sie bewegte sich um keinen Millimeter. Im Geiste sah Daniel sich bereits, wie er sie mit Gewalt hinausschleifte.
Er würde es tun – ganz klar.
Offenbar ging ihr das auch gerade auf, sein Blick fiel wohl ziemlich auskunftsfreudig aus. Denn am Ende siegte ihr Wunsch, jedes Aufsehen zu vermeiden und sie ließ sich widerstandslos mitziehen.
* * *
Vor dem Club unternahm sie einen nächsten Rettungsversuch. Kühl und distanziert.
„Ich denke nicht, dass du mir in irgendeiner Weise zu sagen hast, was ich zu tun und zu lassen habe.“ Es kam ohne die geringste Betonung. Über eine Stunde lang hatte Tina die Drinks in sich hineingeschüttet und lallte nicht einmal. Aus kalten Augen musterte sie ihn. „Ich werde jetzt gehen und du wirst dich ab sofort von mir fernhalten. Offenbar habe ich mich bisher nicht verständlich genug ausgedrückt.“ Ihre Stimme nahm so etwas wie einen Plauderton an. „Du bist mit Abstand das ekelhafteste Subjekt, das mir je begegnete. Mir wird übel, wenn ich nur an dich denke. Verschwinde aus meinem Leben und geh dorthin zurück, wo du dich in den vergangenen Jahren verkrochen hieltest. Ich verfluche den Tag, an dem ich dich traf, ich verfluche deine Existenz und ich wünschte, ich wäre dir nie begegnet. Geh und lass mich endlich in Ruhe.“ Mit einem sanften Lächeln wies sie zum Clubeingang. „Da! Dort befinden sich jede Menge dumme Gänse, denen du auf die Nerven gehen kannst. Nimm dir eine von ihnen, du hast freie Auswahl. Ich stehe nicht zur Verfügung. Nie wieder!“
Und damit machte sie tatsächlich Anstalten zu gehen. Ohne Nachzudenken packte er ihren Arm und wirbelte sie herum. Dabei löste sich die Tasche von Tinas Schulter und fiel zu Boden. Sie musste offen gewesen sein, denn augenblicklich ergoss sich der Inhalt auf den Asphalt.
Das leise Rasseln stammte von einem halben Dutzend dieser kleinen, weißen Pfefferminzdrageepackungen. Hinzu kamen zwei oder drei verschiedene Tablettensorten. Eine identifizierte Daniel sofort, Anti-Baby-Pillen. Glück gehabt , dachte er am Rande, sie hat nichts anderes getan.
Ein kleiner Gegenstand jedoch kam nicht zur Ruhe. Eifrig rollte er über den dunklen Straßenbelag, in dem sich das grelle Neonlicht der Clubreklame spiegelte. Endlich in die Freiheit entlassen, schien er sich eilig aus dem Staub machen zu wollen. Doch nach einigen Metern scheiterte er an einem kleinen Riss im Beton, und die Flucht wurde beendet.
Von alledem bemerkte Tina nichts, zu beschäftigt damit, ihr Zeug wieder einzuramschen. Daniel jedoch ließ das Teil nicht aus den fassungslosen Augen. Beiläufig hob er es auf und ließ es in seine Hosentasche gleiten, dann trat er zu ihr und nickte zu den seltsamen Bonbons. „Davon ernährst du dich also, ja?“
Anstatt zu antworten, klaubte sie weiter ihre Drogen
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