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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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passierten häufig,
     waren jedoch niemandem eine Lehre.
    Dafür war die Geschichte ein Leckerbissen für ein Team der Sendung »Straßenpatrouille«. Die Journalisten stürzten sich wie
     die Geier darauf und filmten die schluchzenden Mädchen.
    »Wer die Mädchen erkennt und ebenfalls ihr Opfer geworden ist, den bitten wir anzurufen unter der Nummer …«, sagte der Moderator.
    Auf diese Weise erfuhr ganz Rußland den Namen des Ermordeten – Ilja Golowkin.
     
    Der gründliche Uwarow hatte beim Staatsanwalt die Genehmigung für eine Haussuchung in der Wohnung des Opfers erwirkt. Der
     plötzliche Wandel in der Lebensweise des bescheidenen Chefeinkäufers interessierte ihn sehr.
    In der Wohnung wurde ein Geheimversteck gefunden. Unter dem abgenutzten Couchbezug war eine Vertiefung in den Schaumgummi
     geschnitten. Dort lagen in einer geräumigenDamenkosmetiktasche siebenundzwanzigtausend Dollar und dreihunderttausend Rubel. Offenkundig war der Bezug viele Male aufgetrennt
     und wieder zugenäht worden.
    Als Raïssa das Versteck und dessen Inhalt sah, stöhnte sie klagend auf und griff sich ans Herz.
    »Dieser Mistkerl, dieses Schwein … Jede Kopeke haben wir zweimal umgedreht … Uns von Makkaronis ernährt … An Brot gespart,
     an Seife«, lamentierte die untröstliche Witwe, die immer blasser wurde und still in einen Sessel sank.
    Ein weiterer Fund ließ auch Major Uwarow aufstöhnen. In der untersten Schreibtischschublade war eine Art doppelter Boden eingepaßt,
     ein simples Stück Sperrholz. Darunter lag in einem alten Kissenbezug ein Bild, bei dem jeder, der nur ein wenig von Malerei
     verstand, sofort erkannt hätte: ein Chagall.
    Rotwangige Verliebte schwebten über den Spielzeugdächern des alten Witebsk in den Wolken. Eine dicke, gestreifte Katze mit
     menschlichem Gesicht lächelte zärtlich und listig.
    »Warum bist du so sicher, daß Skwosnjak sich die ›Straßenpatrouille‹ ansieht?« fragte Malzew, den Blick auf Uwarows versteinertes
     Gesicht gerichtet.
    »Ich hätte sie wegjagen sollen«, zischte der Major, »nun ist alles aus. Ich komme mir vor wie ein Vollidiot. Wir haben ihn
     selber übers Fernsehen gewarnt: He, Skwosnjak, dein Schatzmeister ist tot, bleib, wo du bist, und versuch nicht, mit ihm Kontakt
     aufzunehmen.«
    »Wer konnte das denn ahnen?« Malzew seufzte.
     
    »Bitte legen Sie nicht auf! Glauben Sie mir, es ist sehr wichtig. Hören Sie mich einfach an.« Die Stimme klang dumpf und irgendwie
     schicksalsergeben.
    »Ich höre«, sagte Vera.
    »Danke.« Sie vernahm ein erleichtertes Aufseufzen. »Beantworten Sie mir bitte zunächst eine Frage: Haben Sie ein Faxgerät?«
    »Ja.«
    »Und die Nummer ist identisch mit der Telefonnummer?«
    »Ja.«
    Der Anrufer schwieg eine Weile. Dann sprach er hastig und sehr erregt.
    »Vor zehn Tagen wurde mein Bruder in Prag ermordet. Ich weiß, daß er ein paar Minuten vor seinem Tod ein Fax an mich geschickt
     hat. An Ihre Nummer. Ein Versehen. Ich mußte die Firma schnell schließen, dabei wurde auch das Telefon abgeschaltet. Mein
     Bruder war zu der Zeit in Prag und wußte das nicht, ich hatte es ihm noch nicht mitteilen können. Jedenfalls kann ich nun
     nur von Ihnen erfahren, was mein Bruder mir vor seinem Tod sagen wollte. Verstehen Sie, wie wichtig das für mich ist?«
    »Natürlich verstehe ich das. Es ist nur so – die Faxe, die hier für Ihre Firma ankommen, die werfe ich weg. Ich habe genug
     eigenen Papierkram.«
    »Das Fax meines Bruders unterschied sich von den anderen. Er hat es per Hand geschrieben, auf tschechisch. Vielleicht ist
     es Ihnen aufgefallen? Vielleicht erinnern Sie sich daran? Normalerweise schreibt ja kaum jemand mit der Hand …«
    »Das kann ich Ihnen jetzt nicht sagen. Ich müßte bei meinen Papieren nachsehen, müßte versuchen, mich zu erinnern. Ich bitte
     nochmals um Entschuldigung, aber ich bekomme unglaublich viele Texte geschickt, in verschiedenen Sprachen.«
    »Trotzdem muß Ihnen ein handgeschriebenes Fax doch aufgefallen sein.«
    »Ich verspreche Ihnen, ich sehe nach. Wie kann ich mich mit Ihnen in Verbindung setzen?«
    »Leider gar nicht. Wenn Sie erlauben, werde ich Sie wieder anrufen. Ich heiße Anton Kurbatow. Verzeihung – und wie heißen
     Sie?«
    »Vera.«
    »Sehr angenehm. Glauben Sie mir, ich würde Sie nicht wegen einer Lappalie behelligen. Also, darf ich Sie noch einmal anrufen?«
    »Ja, selbstverständlich.«
     
    Diese scheußliche Geschichte hätte Stas gern für immer vergessen. Das war

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