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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Frau zu, als wäre die Straße leer, erfaßte mit der Stoßstange eine Krücke,
     beide Krücken fielen der Frau aus der Hand. Sie sank auf die Knie.
    »Du Miststück, bleib zu Hause, wenn du nicht laufen kannst!« brüllte der Fahrer des Jeeps aus dem offenen Fenster.
    Die Autos ringsum hupten wie verrückt. Wolodja half der Frau aufstehen, reichte ihr die Krücken und konnte sich noch die Nummer
     des Jeeps einprägen. Und das Gesicht des Fahrers.
    Der Junge weinte. Die Frau sagte leise: »Gott schütze Sie!«
    Er erwiderte nichts, geleitete sie rasch über die Straße und rannte zurück zu seinem Auto.
    Der Jeep umrundete den Platz vorm Belorussischen Bahnhof und fuhr auf die Auffahrt zur Leningrader Chaussee. Der Fahrer bemerkte
     nicht, daß zwei klare, himmelblaue Augen aus einem alten gelben Moskwitsch starr auf seinen quadratischen Hinterkopf gerichtet
     waren.
    Das Böse mußte bestraft werden.
     
    »Sagen Sie, Herr Kurbatow, in welcher Angelegenheit war Ihr Bruder hier in Prag?«
    Der Polizeiinspektor wirkte müde, er hatte weiche, ein wenig herabhängende Wangen und geschwollene Tränensäcke.
    Er trinkt viel Bier und ißt gern Špekacky, dachte Anton irgendwie abwesend. Was soll ich darauf antworten? Mein Bruder war
     hier, um Spuren zu verwischen? Unsere blöde Firma hat pleite gemacht, und Denis sollte sich um die Konten kümmern und ein
     paar Verträge annullieren?
    »Das war eine private Besuchsreise. Wir beide sind in Prag aufgewachsen und haben hier noch viele Freunde.«
    »Ja, ich weiß.« Der Inspektor nickte. »Frau Böhmová sagte mir, daß sie mit Ihnen in eine Klasse gegangen ist und auch Ihren
     Bruder gut kannte.«
    »Frau Böhmová?« fragte Anton verständnislos. »Wer ist das?«
    »Ach, Sie kennen Frau Böhmová nicht?« fragte der Inspektor rasch.
    »Nein.« Anton schüttelte den Kopf.
    »Ach ja, natürlich!« Der Inspektor schlug sich gegen die Stirn. »Sie kennen wahrscheinlich nur ihren Mädchennamen. An den
     kann ich mich leider nicht erinnern. Mit Vornamen heißt sie Agneška.«
    »Agneška?«
    Mein Gott, die rothaarige Agneška Klimovicová. Nun war sie also Frau Böhmová. Aber was hatte sie mit der Sache zu tun?
    »Ihr Bruder wurde in einem Reisebüro getötet, das dem Ehepaar Böhm gehört. Frau Böhmová ist unsere einzige Zeugin.«
    »Er wurde also in ihrem Beisein getötet?«
    »Nicht direkt. Sie sagt, sie sei ins Nebenzimmer gegangen, Kaffee kochen. Sie hat nichts gesehen und gehört, die Pistole hatte
     einen Schalldämpfer. Als sie zurückkam, war Ihr Bruder schon tot. Außerdem haben wir noch einen Taxifahrer, der Ihren Bruder
     zum Bahnhof gefahren hat. Ihr Bruder hatte ihn gebeten, einen Verfolger abzuhängen, er sagte, irgendein Verrückter verfolge
     ihn schon den ganzen Tag. Der Taxifahrer hat den Mann nur kurz gesehen, er erinnert sich lediglich an einen schwarzen Schnurrbart.
     Verzeihen Sie, war Ihr Bruder vielleicht homosexuell?«
    Anton fuhr auf, beherrschte sich aber.
    »Nein. Mein Bruder war nicht homosexuell«, zischte er langsam.
    »Wir haben nämlich kürzlich einen Homosexuellen gefaßt, der Jagd machte auf seine untreuen Partner. Ist alles schon vorgekommen.
     Entschuldigen Sie bitte nochmals. Sie behaupten also, Ihr Bruder habe in Tschechien keinerlei geschäftliche Tätigkeit ausgeübt.«
    »Soweit ich weiß, nein.«
    Anton bemühte sich, dem Inspektor nicht in die gütigen, müden Augen zu sehen. Wenn er von ihrem mißglückten Geschäft erzählte,
     riß er Jiří mit hinein. Außerdem würde das die Ermittlungen nur verwirren. Nein, nein, die verblicheneFirma Star-Service hatte mit der Sache nichts zu tun. Die Tschechen würden den Mörder von Denis sowieso nicht finden. Sie
     würden eine Weile suchen und den Fall dann zu den Akten legen. Dieser Inspektor, der für Bier und Paprikaspeck schwärmte,
     würde nicht lange wühlen. Wer weiß, vielleicht dachte er: Diese blöden russischen Geschäftemacher, kommen her und knallen
     sich gegenseitig ab in unserer schönen, sauberen, ruhigen Stadt.
    »Es gibt noch einen weiteren interessanten Umstand. An der Rezeption des Hotels sagte man uns, ein älterer russischer Staatsbürger
     habe in Ihrem Bruder angeblich seinen Neffen erkannt. Er wohnte zwei Zimmer neben Denis Kurbatow und bat die Dame an der Rezeption
     um dessen Namen. Dieser Russe sagte, seine Schwester und ihr Mann seien angeblich vor vielen Jahren bei einem Autounfall umgekommen
     und ihr Sohn kurz darauf adoptiert worden. Doch soviel ich

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