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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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wieder ins Bett.
    Der Paß wurde am nächsten Morgen gebracht. Er sah ziemlich echt aus. Das Päckchen mit den Drogen war in Plastik geschweißt
     und fühlte sich fest an.
    »Vielleicht sollten wir das Zeug lieber irgendwie verteilen?« fragte Denis.
    »Das geht auch so.« Karolina warf das Päckchen in die leere Sporttasche und zog den Reißverschluß zu.
    »Gib mir wenigstens ein T-Shirt, zum Zudecken.«
    Ohne hinzusehen, nahm sie etwas rosa Geblümtes aus der Kommode.
    »Was Männlicheres, bitte«, flehte Denis und wühlte selbst in der Schublade. Er entschied sich für ein weißes T-Shirt mit der
     englischen Aufschrift »Kiss me, baby« und versteckte das schreckliche Päckchen halbwegs darunter.
    »Bist du fertig? Dann komm.«
    Ali und Achmed warteten vor der schäbigen Pension. Sie nahmen Denis sofort dicht zwischen sich. Karolina folgte ihnen.
    Sie durchquerten zwei schmuddelige Viertel mit dunklen Läden und Geschäften. Vor den Türen spielten schmutzverkrustete, halbnackte
     Kinder. Ein paar Frauen in fersenlangen schwarzen Gewändern und mit tief ins Gesicht gezogenen schwarzen Kopftüchern huschten
     vorüber.
    Von wegen, die Türkei ist fast europäisch, dachte Denis.
    Um die Ecke erwartete sie ein sandfarbener Ford. Achmed setzte sich ans Steuer. Denis wurde auf den Rücksitz geschoben, Karolina
     und Ali ließen sich links und rechts neben ihm nieder.
    Bis Ankara brauchten sie rund drei Stunden. Während der ganzen Fahrt herrschte im Auto Grabesstille.
    »Wie erkenne ich denn euren Mann in Moskau?« fragte Denis, als am Straßenrand immer häufiger Wegweiser mit der Aufschrift
     »Flughafen« auftauchten.
    »Er wird dich erkennen«, antwortete Karolina. »er wird dich ansprechen, sobald du durch die Kontrolle bist, und dich von mir
     grüßen.«
    »Und das Geld, das gibt er mir gleich, euer Mann?«
    »Ja.«
    »Ich habe eine Bedingung«, sagte Denis schnell.
    »Interessant.« Karolina lachte spöttisch. »Was kannst du schon für Bedingungen stellen, mein Süßer?«
    »Einen Vorschuß. Ich will einen Vorschuß. Ich riskiere meinen Kopf. Solange ich nicht einen Dollar in der Tasche habe, weiß
     ich nicht, wofür ich überhaupt so viel riskiere, und ich bin nervös. Mein Gesicht wird mich verraten, dieZollbeamten sehen so was sofort. Das habe ich gelesen. Ein paar Dollars würden mir das Herz wärmen, und ich wäre ruhiger.
     Die Gefahr, erwischt zu werden, wäre geringer.«
    Die drei berieten eine Weile. Denis verstand kein Wort. Er staunte, wie munter die semmelblonde Schwedin Türkisch sprach.
    »Okay«, sagte Karolina schließlich, »du kriegst einen Vorschuß. Sind tausend in Ordnung?«
    »Schön, Jungs. Wenn ihr so arm seid, dann fliege ich nirgendwohin.«
    Auf der Seite, an der der schweigsame Ali saß, drückte etwas Hartes gegen seine Rippen. Denis riskierte einen Blick aus dem
     Augenwinkel. Klar – eine Pistole mit Schalldämpfer.
    »Das nützt euch nichts«, sagte er so ruhig wie möglich. »So ein Trottel wie ich läuft euch nicht jeden Tag über den Weg. Ihr
     müßtet selber euren Hals riskieren und die Ware ins Ausland bringen. Und dann, seht euch doch mal um, hier wimmelt’s von Polizisten.
     Wenn ich jetzt vor Angst laut losbrülle, kommen sie alle angerannt. Und was dann?«
    »Na, zum Schreien würdest du kaum noch kommen« zischte Ali.
    »Und wo laßt ihr die Leiche?« fragte Denis beinahe fröhlich. »Ich habe nichts zu verlieren. Also gebt mir lieber einen anständigen
     Vorschuß, oder ich bleibe im Auto sitzen und fliege nirgendwohin.«
    »Was wäre für dich ein anständiger Vorschuß?« fragte Karolina.
    »Zehntausend.«
    »Von wegen, die Russen sind romantisch und uneigennützig.« Sie schüttelte traurig den Kopf. »Was willst du im Flugzeug mit
     soviel Geld? Du kriegst doch in Moskau genug, sobald du angekommen bist.«
    »Und wenn euer Mann nun genauso arm ist wie ihr, das Päckchen nimmt und einfach abhaut? Oder mich gar stillund heimlich erledigt? Zehn, oder ich bleibe im Auto und schreie.«
    Sie berieten sich erneut auf türkisch.
    »Fünf«, sagte Karolina schließlich.
    »Zehn.«
    »Sechs«, meldete sich Achmed, »mehr haben wir sowieso nicht dabei.«
    »Okay, sagen wir acht, und gut.« Denis seufzte.
    Karolina nahm seinen Paß, sein Ticket und einen Packen Hundertdollarscheine aus ihrer Handtasche. Einen weiteren Packen zog
     sie aus Alis Bauchtasche. Denis zählte in Ruhe nach.
    »Du verpaßt noch dein Flugzeug«, mahnte Karolina.
    »Lenk mich nicht ab, sonst muß

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