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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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angekommen ist. Was
     sie wohl damit gemacht haben? Womöglich haben sie es weggeworfen. Dann ist alles aus …«
    Ihm wurde ganz elend. Sollte er nie erfahren, was sein Bruder ihm kurz vorm Tod noch sagen wollte? Wollte er ihn vor einer
     Gefahr warnen? Ihm den Namen des Mörders mitteilen? Nein, Mörder sind gewöhnlich namenlos, zumindest Auftragskiller. Und der
     Mord an Denis war allem Anschein nach ein Auftragsmord. Anton ahnte sogar, wer sich an seinem Bruder gerächt haben konnte.
     
    Vor einem Jahr war Denis in die Türkei gefahren. Eine ihrer zahlreichen idiotischen Unternehmungen. Ein Bekannter hatte behauptet,
     er habe kürzlich ohne besondere Mühe dreieinhalbtausend Dollar verdient. Er hatte erzählt, in Eski+ehir, zwischen Ankara und
     Istanbul, gebe es eine Fabrik, die Schaffellmäntel produziere. Die Stadt sei kein Ferienort, das Meer war weit weg, Touristen
     und überhaupt Fremde kämen dort nur selten hin. Darum sei dort alles spottbillig. Er hatte ihm sogar die Adresse eines Ladens
     genannt, wo man Schaffellmäntel in großen Partien kaufen konnte. Der türkische Inhaber gebe erstklassige Ware für hundert
     Dollar das Stück ab. Oder sogar für achtzig, wenn man ein bißchen handelte. In Moskau bekam man dafür zwischen vier- und fünfhundert
     Dollar.
    Natürlich wäre es besser gewesen, sie wären zu zweit dorthin geflogen. Aber für einen allein war es billiger. Außerdemmußten ja in Moskau zuverlässige Verkäufer gefunden werden, schließlich wollten die Brüder sich nicht selbst auf den Markt
     stellen.
    Denis kam am Morgen in Ankara an und erreichte Eski+ehir mit dem Zug erst am späten Abend. Er fand die Stadt unbehaglich und
     schmutzig. Er machte sich auf die Suche nach einem möglichst billigen Hotel. Viel Gepäck hatte er nicht, nur eine leichte
     Sporttasche. Unversehens geriet er aus den hell beleuchteten, belebten Straßen in dunkle, enge Gassen. Plötzlich überfielen
     ihn drei Männer, warfen ihn zu Boden. In der Tasche seiner Jeansjacke steckte seine Brieftasche mit tausend Dollar, seinem
     Paß und seinem Rückflugticket. Weitere tausend Dollar lagen in der Sporttasche, in einem Extrafach mit Reißverschluß.
    Die drei schlugen und traten lange und schmerzhaft auf Denis ein. Irgendwann verlor er das Bewußtsein, und als er wieder zu
     sich kam, lag er mitten auf der dunklen Gasse. Jeansjacke und Sporttasche waren natürlich weg.
    Mit letzter Kraft stand er auf und lief in ein belebteres und besser beleuchtetes Viertel. Unterwegs mußte er sich mehrmals
     erbrechen, ihm war furchtbar schwindlig, und er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Inzwischen war es Nacht und die Straße
     fast menschenleer. Er versuchte auf englisch nach der nächsten Polizeistation zu fragen, doch die wenigen Passanten wichen
     entsetzt vor ihm zurück.
    Schwankend wie ein Schilfrohr im Wind trat er auf die Fahrbahn und hob die Hand, doch die Autos rasten vorbei. Als er glaubte,
     jeden Moment hier in dieser fremden türkischen Stadt sterben zu müssen, bremste neben ihm abrupt ein alter schwarzer VW.
    »Brauchen Sie Hilfe, Sir?« fragte jemand in gebrochenem Englisch.
    Am Steuer saß ein Mädchen mit langen blonden Haaren. Sie erschien Denis wie ein Engel von überirdischer Schönheit.
    »Helfen Sie mir bitte«, murmelte er mit blutigem Mund, »ich wurde überfallen und ausgeraubt, ich bin Russe, ich habe kein
     Geld und keine Dokumente. Ich muß zur Polizei.«
    »Okay.« Sie nickte, stieg aus dem Auto und half ihm auf den Rücksitz.
    Er erwachte auf einem breiten Bett in einem kleinen, dunklen Raum und begriff eine Weile nicht, wo er sich befand. Dann erinnerte
     er sich dunkel, daß kräftige Hände ihn geschleppt, ins Bett gelegt und ihm ein Glas Wasser an die Lippen gehalten hatten.
    Er versuchte aufzustehen. Der ganze Körper schmerzte. Sein Kopf war verbunden. Er blickte sich um. Der Raum wirkte wie ein
     billiges Hotelzimmer. Eine schäbige Kommode, hinter einem Plastikvorhang Dusche und Toilette. Über der Kommode hing ein kleiner
     Spiegel, und er sah sein geschundenes Gesicht und seinen verbundenen Kopf. Zu allem Überfluß trug er nichts am Leib als einen
     bunten Slip, der ganz offensichtlich nicht ihm gehörte.
    Denis hob die Jalousie an und schaute aus dem kleinen Fenster. Das Zimmer lag höchstens im zweiten Stock. Unten befand sich
     ein enger Hof, umgeben von grauen Häuserwänden mit kleinen schwarzen Fenstern, hinter denen offenbar niemand wohnte. Das heißt,
     quer überm

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