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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Krankheiten und Schwächen du hast. Wenn du erst anfängst zu quatschen,
     kriegst du gar nicht mit, wie du dich auslieferst. Und das darfst du nicht. Für dich geht’s schließlich nicht mehr um Knast,
     du kriegst gleich die Todesstrafe.«
    Jeder Mensch sprach gern über sich, wollte, daß man ihm zuhörte, ihn verstand, wollte sich beklagen oder brüsten. Skwosnjak
     sah: Selbst die Stärksten wurden weich – im Suff,vor Frauen oder vor Leuten, die sie für ihre Freunde hielten. Und das ging stets übel aus.
    Skwosnjak selbst gestattete sich das nie. Natürlich ging auch ihm manchmal etwas richtig schief. Aber immer durch fremde Dummheit.
     Manchmal erwies sich eine Panne von gestern am nächsten Tag als Glück. Ein kluger Mensch hatte immer oder fast immer Glück.
     Wie zum Beispiel vor einem Jahr, als er für eine Woche allein nach Antalya gefahren war, erstens, um Urlaub zu machen, im
     Meer zu baden, und zweitens, um Kontakt zu türkischen Drogenhändlern aufzunehmen, auf die er durch einen guten Tip gestoßen
     war. Geld konnte man nie genug haben. Von türkischer Seite empfing ihn die hünenhafte Schwedin Karolina. Die heißeste, unermüdlichste
     Stute, die er je getroffen hatte.
    Die erste Partie Ware, ein Pfund Heroin, sollte er von einem Kurier auf dem Flughafen bekommen. Ein Foto des Kuriers hatten
     die Türken per Fax geschickt und mitgeteilt, daß er nicht bezahlt werden mußte, er sei nur für den einmaligen Gebrauch und
     könne anschließend erledigt werden. Wie und wo, das war Skwosnjaks Sache. Doch der Einmalkurier verschwand zusammen mit der
     Ware, und damit war auch der Vorschuß futsch, den die Türken für die Ware bekommen hatten. Später wurden die Türken geschnappt.
     Karolina als erste, von Interpol. Skwosnjak hatte einen Bericht darüber im Fernsehen gesehen. Er schaute sich den Kriminalreport
     im Fernsehen möglichst immer an, die russischen Beiträge ebenso wie die aus dem Ausland.
    Der Fall erregte großes Aufsehen, die türkischen Behörden machten daraus einen Schauprozeß. Skwosnjak begriff, welches Glück
     er gehabt hatte. Wer weiß, wie die Sache für ihn ausgegangen wäre, hätte er da mit dringehangen. Die Türken wollten ja nach
     der Geschichte mit dem verschwundenen Kurier weiter mit ihm zusammenarbeiten. Sie meinten: Pannen kommen bei jedem mal vor.
     Der Kurier war dein Landsmann, vielleicht findest du ihn ja, dann gehört dieganze Ware dir. Aber er hatte damals lieber die Finger davon gelassen. Auch nach dem Kurier suchte er nicht, er spürte, daß
     er mit den Türken Schluß machen mußte. Wenn ihnen solche Pannen passierten, war von ihnen alles mögliche zu erwarten. Diese
     weise Vorsicht hatte Sachar ihm beigebracht.
    Nur ein kleiner Fehler war ihm unterlaufen. Die Schwedin hatte einen Fotofimmel. Er mußte sie in zig verschiedenen Posen knipsen,
     doch ein paarmal hatten sie sich auf ihre inständige Bitte auch zusammen fotografieren lassen, und einmal hatte sie ein Polaroid
     von ihm geschossen, zur Erinnerung. Eigentlich hätte er vor seiner Abreise die Fotos suchen und vernichten müssen. Er hatte
     es nicht getan, war zu faul gewesen, schlaff geworden von der Sonne. Allerdings wußten weder die Türken noch Karolina seinen
     Namen, auch nicht seinen Spitznamen. Vermutlich besaß die heißblütige Schwedin eine große Sammlung Männerfotos, und die würden
     sie wohl kaum alle überprüfen.
     
    Skwosnjak ging zum Zaun, vor dem sich zerbrochene trockene Kränze türmten, und drehte den Messinghahn an dem rostigen Rohr
     auf, das aus der Erde ragte. Bevor er das Literglas unter den eiskalten Strahl stellte, hielt er seine Hände darunter, trank
     einen Schluck und spülte sich das Gesicht ab.
    »Hallo – ein alter Bekannter!« hörte er eine heisere Stimme hinter sich.
    Bevor er sich umdrehte, stellte er das Glas auf die Erde, um die Hände frei zu haben.
    »Bleib ruhig, echt mal, ich bin’s nur, Kljatwa!« Der große dünne Mann im schwarzen Baumwollkittel lächelte, seine Goldzähne
     funkelten.
    Kljatwa war keine Gefahr. Er war seit vielen Jahren Totengräber auf diesem Friedhof, und Totengräber sind ein vorsichtiges
     Volk. Sie wissen, was ein Menschenleben wert ist.»Von den Bullen war jemand hier und hat nach dir gefragt«, teilte er, noch immer lächelnd, mit, »haben wohl einen Tip gekriegt
     wegen Sachar oder sind selber drauf gekommen. Jedenfalls, laß dich demnächst lieber nicht hier blicken.«
    Skwosnjak sagte nichts, hob das Glas auf und

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