Keiner wird weinen
anzufangen, seine Hände streichelten bereits ihre
Hüften, fuhren sanft und langsam über ihre Brust, seine Lippen kitzelten ihren Bauch. Sie schlüpfte rasch unterm Laken hervor
und zog ihren Morgenmantel über.
»Nein. Da sind Sie falsch verbunden. Hier ist nicht die Firma Star-Service. Bitte streichen Sie diese Nummer, und rufen Sie
nie wieder an«, spulte Vera den Text ab, der ihr schon zum Hals heraushing.
Anschließend ging sie nicht ins Zimmer zurück, sondern in die Küche, setzte sich hin und zündete sich eine Zigarette an. In
letzter Zeit rauchte sie ziemlich viel, besonders seit sie den Nichtraucher Fjodor kennengelernt hatte. Früher hatte eine
Schachtel Zigaretten, die sie immer hinten im Küchenschrank versteckte, eine ganze Woche gereicht. Nun rauchte sie mindestens
zehn Zigaretten am Tag und versteckte sich dabei nicht mehr vor ihrer Mutter, die knurrte, den Kopf schüttelte und meinte,
sie hätte Prügel verdient.
Lautlos wie ein Gespenst stand Fjodor plötzlich in der Küche. Er hatte überhaupt die unangenehme Gewohnheit, lautlos aufzutauchen,
eine Weile schweigend dazustehen und einen zu beobachten, bevor man es bemerkte. Vera sah ihn an und lächelte.
»Sie sind gleich zurück« – sie meinte ihre Mutter und Sonja –, »wir müssen uns anziehen.«
»Vera« – er trat zu ihr und strich mit der Hand über ihre Wange –,«heiratest du mich?«
Sie war verwirrt. Auf diese Frage war sie in keiner Weise vorbereitet.
»Ich weiß, wir kennen uns noch zuwenig, aber es ist doch eigentlich alles klar«, sagte er mit leiser, sanfter Stimme. »Ich
kann ohne dich nicht leben. Vielleicht bist du dir noch unsicher über deine Gefühle, aber ich bin dir nicht gleichgültig,
nicht wahr?«
»Nein, Fjodor, du bist mir nicht gleichgültig.« Sie lächelte erneut.
Nach dieser Vielzahl stürmischer Umarmungen klang »nicht gleichgültig« ziemlich albern.
»Wir könnten die erste Zeit auch bei mir wohnen. Ich weiß, da ist wenig Platz, aber man sollte seine Ehe nicht ineiner Wohnung mit den Eltern beginnen. Wir können deine Mama ruhig jeden Tag besuchen oder sie uns. Und dann tauschen wir
meine Wohnung gegen eine Zweizimmerwohnung. Das Geld für den Wertausgleich habe ich. Und wenn wir ein Kind bekommen …«
»Du möchtest, daß ich ein Kind bekomme?« fragte Vera langsam.
»Sehr. Nicht nur eins, sondern zwei. Oder noch besser drei. Aber das sehen wir später.«
Er sprach, als hätte sie eingewilligt. Er hatte für sie beide bereits alles entschieden. Er machte sich ihretwegen keine Illusionen,
verlangte von ihr nicht sofort überschäumende Freude. Und das verblüffendste: Während seines Monologs stand er am Abwaschbecken
und spülte Geschirr. Fast nackt, nur in Unterhosen.
Wo findest du so einen noch mal? dachte Vera irgendwie müde und abwesend. Willst du ein einsames Alter mit nichts als der
Erinnerung an die unerwiderte Liebe zu Stas? Willst du dir ein Leben lang Vorwürfe machen, weil du den wunderbaren, herzensguten,
fürsorglichen Fjodor abgewiesen hast? Er ist natürlich ein bißchen primitiv und ungebildet. Aber das ist nicht seine Schuld.
Wir hatten, wie Mama sagt, eben nicht die gleiche Kinderstube. Dafür ist er kein bißchen infantil, er ist nicht verwöhnt,
er wird bestimmt ein guter Vater. Er ist gerade erst in meinem Leben aufgetaucht, und schon spürt man den Mann im Haus. Nichts
tropft mehr, alle Haken, alle Griffe an den Küchenschubladen sind an ihrem Platz. Er hat einen Tefal-Boiler gekauft und ihn
eigenhändig im Bad installiert. Nun haben wir kein Problem mehr mit dem heißen Wasser. Er spült das Geschirr, kauft alle möglichen
Delikatessen. Was will ich mehr? Und vor allem scheint er mich wirklich zu lieben.
»Ich rede mit deiner Mutter, und dann gehen wir so bald wie möglich aufs Standesamt«, fuhr er fort, während er Löffel und
Gabeln abtrocknete.
Ihre Antwort schien ihn gar nicht zu kümmern. Er fragte nicht einmal, ob sie einverstanden war. Als wäre ihr Einverständnis
ohnehin klar.
»Gut«, sagte Vera, »ich denk drüber nach.«
Sie stand auf und ging ins Bad.
»Ich komme mit.« Er räumte das Besteck ordentlich in die Schublade. »Du weißt doch, ich wasche dich gern wie ein kleines Kind.«
Wie lange mag diese Idylle wohl anhalten? fragte sich Vera.
Als sie zusammen unter der Dusche standen, hörten sie trotz des rauschenden Wasserstrahls erneut das Telefon im Flur schrillen.
»Selbst ich hab schon die Nase
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