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Keiner wird weinen

Keiner wird weinen

Titel: Keiner wird weinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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wenn du nun schon mal damit angefangen hast …« Vera lächelte. »Du willst sie doch erzählen.«
    »Nein, das will ich nicht.« Er hob ruckartig den Blick. »Und überhaupt, vergiß es. Niemand ist schuld an diesem Zufall.«
    »Was für ein Zufall?«
    »Daß deine Telefonnummer vor kurzem dieser verfluchten Firma gehört hat.«
    »Was ist denn das für eine Firma? Was ist ihr Geschäft? Auftragsmord? Organhandel?«
    »Lebende Ware«, sagte er kaum hörbar. »Die Firma Star-Service hat mit Mädchen gehandelt. Sie brachten sie ins Ausland, in
     die Türkei, nach Deutschland, nach Schweden und dann nach Tschechien, unsere Mädchen.«
    »Ich weiß, du hältst mich für ein romantisches Fräulein aus dem neunzehnten Jahrhundert, das beim Wort ›Prostitution‹ in Ohnmacht
     fällt.« Vera lachte spöttisch.
    Er schluckte krampfhaft.
    »Ich bitte dich sehr, darüber keine Witze zu machen. Vor zwei Jahren haben sie meine Schwester in den Nahen Osten verkauft.«
    »Ach so … Verzeih mir, um Himmels willen. Du hast nie erwähnt, daß du eine Schwester hast.«
    »Ich weiß auch gar nicht, ob ich noch eine habe. Ob sie noch lebt. Sie hatte die Armut satt und hat sich von einer Annonce
     anlocken lassen: ›Arbeit im Ausland …‹ Ich halte dich nicht für ein Fräulein aus dem neunzehnten Jahrhundert, Vera. Aber du
     hast nie mit dem wirklichen Schmutz des Lebens zu tun gehabt. Du weißt vieles nicht, Gott sei Dank. Ich möchte nicht, daß
     du damit in Berührung kommst. Und nun dieser dumme Zufall. Diese Firma ist schon mehrfach verschwunden und wieder aufgetaucht.
     Ich habe sie gesucht, so gut ich konnte. Ich habe meine Schwester gesucht. Nur sie wissen, wo sie ist.«
    »Moment mal, wieso glaubst du, daß es wirklich diese Firma ist? Wenn sie immer wieder verschwindet und neu auftaucht, kann
     sie zehnmal ihren Namen gewechselt haben«, unterbrach ihn Vera.
    »Schon möglich … Aber ich muß das überprüfen. Ich muß mit dem Mann reden, der hier angerufen und sich alsInhaber der Firma ausgegeben hat. Erinnerst du dich, du hast mir davon erzählt. Er hat angerufen in der Nacht, als Matwej
     verschwand. Du hast noch gesagt, das hätte dich an den Witz mit den Telefonstreichen erinnert.«
    »Vielleicht war es ja wirklich ein Telefonstreich.«
    »Nein, ich bin mir sicher, das war er. Der Inhaber. Ich weiß sogar, wie er heißt. Anton Kurbatow. Aber außer seinem Namen
     und dem der Firma weiß ich nichts … Vera ….« – er nahm ihre Hand und küßte die Handfläche –, »dieser Mann wird auf jeden Fall
     versuchen, an die Informationen zu gelangen, die auf deinem Fax gelandet sind. Er wird dir sonstwas vormachen. Er braucht
     diese Dokumente. Mehr noch, du könntest für ihn eine gefährliche Zeugin sein.«
    »Moment mal, übertreibst du da nicht? Ich habe nichts davon gelesen, höchstens flüchtig überflogen. Soweit ich verstanden
     habe, ging es dabei um Immobilienhandel. Und überhaupt werfe ich diese Faxe immer weg.«
    »Wie – du wirft sie weg?!« Er griff erneut nach ihrer Hand.«
    »Du bist aber komisch.« Vera zuckte die Achseln. »Sieh dir doch meinen Schreibtisch an, der ist ohnehin voller Papier. Da
     haben mir fremde Faxe gerade noch gefehlt. Und dein Kurbatow muß doch kapieren, daß ich als völlig Fremder mit seinen Dokumenten
     nichts anfangen kann. Also von wegen ›gefährliche Zeugin‹ – das ist wohl übertrieben …«
    »Und simple Neugier? Du schließt das vielleicht aus, aber Kurbatow bestimmt nicht. Immerhin besteht die Möglichkeit, daß du
     dir einige Seiten angesehen, etwas davon in Erinnerung behalten hast. Es kann nicht sein, daß du dich an überhaupt nichts
     erinnerst.«
    »Du interessierst dich für diese albernen Faxe ja mehr als die ehemaligen Firmenchefs. Oder hoffst du, daß in irgendeinem
     dieser zufälligen Papiere eine Information über deine Schwester auftaucht? Übrigens – wie heißt sie eigentlich?«
    »Natascha. Sie ist gerade achtzehn. Ein naives, nettes Mädchen, hat jedem vertraut … Irgendwie war sie dir sehr ähnlich …«
    »Und wo warst du, als deine Schwester diesen Verbrechern in die Hände fiel?«
    »Ich war in Tschetschenien«, sagte Fjodor kaum hörbar.
    »In Tschetschenien?!« Vera zog mechanisch eine Zigarette aus der Schachtel. »Hör mal, ich weiß absolut nichts über dich. Du
     willst mich heiraten, erzählst mir aber nichts von dir.«
    »Ich werde dir schon noch von mir erzählen. Später, nicht jetzt. Jetzt möchte ich, daß du verstehst: Die

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