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Keinesfalls Liebe (German Edition)

Keinesfalls Liebe (German Edition)

Titel: Keinesfalls Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zoi Karampatzaki
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zerbrechen, ob er sich nach meinem Bekenntnis, ich hätte mit einem Mann geschlafen, an mir störte.

Mein Plan hatte Erfolg.
    Zurück in San Bernardino war ich wieder vollständig ich selbst. Auch Sean und Celine hatten sich etwas von den letzten an den Nerven zehrenden Tagen und Wochen erholt. Carlos und sein grausames Schicksal war nun ein Teil von uns. Wir hofften darauf, dass die Polizei ihn finden und zur Vernunft bringen würde, und versuchten jeden Tag, ihn zu erreichen, aber ohne Erfolg. Entweder war sein Handy aus oder sein Akku leer.
Vielleicht ist er auch schon tot .
    Trotzdem hatten wir den ersten Schock verarbeitet. Wir waren bereit, weiterzumachen und zu leben wie ganz normale Studenten, denn wir waren nichts anderes. Mein Wunsch, dass man Carlos lebendig fand, änderte sich, als einer von Pauls Angehörigen erfolgreich auf Mord plädierte; Carlos galt nun offiziell als vermutlicher entflohener Mörder. Den letzten Teil blendeten wir aus und den anderen Teil akzeptierten wir, zusammen mit Carlos selbst, als unausweichlich und annehmbar. Immerhin lebte er noch.
    Noch. Und vielleicht ist er schon tot. Vielleicht hat er sich schon umgebracht. Im Gegensatz zu Paul. Es war anstrengend gewesen, seinen Tod zu verarbeiten.
    Paul und Carlos dominierten meine Gedanken, zusammen mit den schönen Erinnerungen an Noah, aber da waren immer noch Daniel und die zärtlichen Momente zwischen ihm und Ryan, die ich hatte mit ansehen müssen. Daniel liebte Ryan nicht, nein; Engelsgesicht war für ihn nur ein Freund, und trotzdem bekam Ryan mehr, als ich von Daniel je bekommen würde – da war ich mir sicher.
    Und trotzdem schlitterten wir zu dritt in einen angenehmen Alltag, genossen das Studentenleben, und ich hätte glücklich sein können. Daniel fehlte mir allerdings so gravierend, als hätte mir jemand mein Herz herausgerissen – und nichts anderes hatte Daniel gemacht.
    Am Mittwoch nach den Ferien war Ryan wieder in der Schule. Er sah erschöpft, ausgebrannt und traurig aus, immerhin besser als an jenem Tag, an dem ich ihn in Daniels Wohnung gesehen hatte. Mein Herz litt, weil ich mit ansehen musste, wie Daniel sich ab und zu einen Wangenkuss geben ließ, und weil ich den Gedanken nicht aushielt, dass mein eigener Bruder jetzt ungefähr genauso unerreichbar für mich war wie Paul für seinen Engelsbruder.

Für den zehnten September wurde gegen Ende August ein Grillfest organisiert, mitten in der bergigen kühleren Landschaft, die San Bernardino umgibt. Nur die ‚coolen‘ Leute aus der Uni wurden eingeladen – ich war also nicht überrascht, dass keiner von uns drein eine Einladung erhielt.
    Am dritten September klingelte das Festnetz-Telefon; aus Gewohnheit ging ich ran.
    „Jo Müller?“
    „Hey, Jo. Wir haben uns lang nicht mehr gesehen.“
    Mir blieb die Luft weg, wohlige heiße Schauer wanderten über meine Haut und durch mein Innerstes. „Daniel?“, keuchte ich.
    „Richtig“, lachte er leise. „Ich muss wohl einiges wieder gut machen, stimmt’s? Seit den Ferien bist du mir stur ausgewichen.“
    Ich war zu überrascht, um zu antworten.
    Er schwieg auch. Er wartete darauf, dass ich etwas sagte.
    „Und das wundert dich?“, fragte ich schließlich, heiser vor … Sehnsucht nach ihm, nicht vor Wut.
    „Na ja – nein. Ich will nur – ich meine, ich will dir nichts vormachen. Ich möchte klarstellen, dass das zwischen uns eben nur Sex ist. Wenn du damit leben kannst, würde ich es nicht missen wollen, dich wiederzusehen.“
    Ich dachte nach. Ich dachte wirklich nach.
    Er wartete geduldig.
    „Ich kann damit leben“, log ich dann flüsternd. Sofort wusste ich, dass er meine Lüge erkannt hatte, doch er ging nicht darauf ein, und das war richtig so – ich hatte meine Entscheidungen eigenverantwortlich zu treffen. Er war nicht Teil meiner Familie, wir waren nicht die besten Freunde, so wie er und Ryan, und wir waren kein Liebespaar. Wir würden einfach nur ab und zu vögeln. Besser als gar nichts. Ob das meiner von Liebeskummer wund gescheuerten Seele gut tun oder sie nur noch stärker verletzen würde, blieb abzuwarten. Ich war seltsam gespannt darauf, es herauszufinden.
    „Okay“, sagte er, hörbar erleichtert. „Begleitest du mich auf das Grillfest am zehnten?“
    „Ich hab keine Einladung bekommen.“ Gott, fühlte es sich gut an, mit ihm zu reden! Seine Stimme zu hören … mir sein Gesicht dabei vorzustellen …
    „Wir dürfen jemanden mitbringen“, erklärte Daniel. „Und, darf ich dich um

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