Keinesfalls Liebe (German Edition)
sieben abholen?“
„Ja.“ Ich räusperte mich, dann ließ ich zu, dass sich die Vorfreude in meine Stimme schlich. „Muss ich etwas Bestimmtes anziehen?“
Er lachte. „Nichts Kurzärmliges, würde ich sagen; in den Bergen wird’s abends und nachts arschkalt. Nimm eine Strickjacke mit oder so, damit du nicht erfrierst.“
„Okay“, sagte ich leise.
„Wunderbar, Jo.“
„Falls ich doch zum Eisklotz werde, taust du mich in deinem Bett wieder auf?“, fragte ich frech.
„Klar“, versicherte er mir lachend.
„Schön. Ich freu mich“, gestand ich todesmutig.
„Ich mich auch. Bis morgen in der Uni.“
„Tschüss, Daniel.“
Tuuutuuut … Er hatte aufgelegt.
Ich tat es ihm gleich und fragte mich nur halbherzig wütend, wo sich mein Verstand schon wieder versteckte.
Ich brauchte am nächsten Tag in der Uni all meine Willenskraft um a) nicht wegzurennen oder b) mich Daniel nicht an den Hals zu schmeißen.
Das Getratsche in der Uni beschränkte sich zu meiner großen Entrüstung nicht länger nur auf Carlos und Paul, sondern auch auf mich. Über Ryan selbst sprach keiner, weil das Gerücht umging, er würde aggressiv auf jeden reagieren, der nur „Paul“ sagte. Worüber, außer über Daniel und seine neuen Aufrisse, konnte man also sonst noch reden? Richtig. Über nichts anderes.
Sprich: Die ganze Uni wusste irgendwoher, dass ich ‚das Privileg‘ hatte, ein zweites Mal mit ‚Daniel zu vögeln‘ – eine Tatsache, die mir seltsam unangenehm und zugleich sehr, sehr recht war. Natürlich konnte ich mir mit meiner fast immer präsenten S chüchternheit angenehmere Gesprächsthemen ausdenken, andererseits war ich wirklich ein Glückspilz – ich liebte Daniel, und durch puren Zufall war er so von meinem Körper begeistert,
dass ich bei ihm bleiben durfte. So bekam ich immerhin seinen Körper.
Die Zeit ging langsam vorbei. Abgesehen von häufigen Blicken, mit denen er mich zu verschlingen schien, gab es zwischen Daniel und mir keinen Kontakt. Ganz bestimmt war Ryan der Grund. Er hing an Daniel wie eine Klette, und ausnahmsweise konnte ich es ihm nicht verübeln, dass er geradezu damit um sich warf, wie nah er Daniel kommen durfte.
Nur ein einziger Gedanke konnte mich trösten: Ryan offenbarte Daniel seine Seele, Daniel akzeptierte diese Offenheit, doch er selbst blieb Ryan, mir und allen anderen Menschen auf dieser Welt verschlossen. Ich fragte mich, warum es so weit mit ihm gekommen war. Und wie lange es wohl dauern würde, bis er platzte. Wie lange auch immer ich auf diesen Moment warten musste – ich würde bei ihm sein, um seine Seelenstücke einzufangen, in mühevoller geduldiger Kleinstarbeit zusammenkleben und dann für den Rest meines Lebens zu liebkosen und zu hegen und zu pflegen.
Ich war so voller Liebe, es schien kaum möglich zu sein, diesen inneren sehnsuchtsvollen Druck eine Sekunde länger auszuhalten. Ich schaffte es nur, weil ich wusste, dass ich Daniel bald wieder nahe sein würde, zumindest körperlich, und seine Blicke und seine Aufmerksamkeit führten mich durch die zähen Tage bis zum Grillfest in den Bergen.
Über den zehnten September würde ich gerne sagen: Ich kam, sah und siegte, doch es war etwas anders; außerdem stimmt die Reihenfolge nicht ganz.
Ich sah … ja, und das war’s auch schon. Gekommen wäre ich gern, und siegen würde ich in Daniels Armen nie, das war nicht sonderlich dramatisch.
Der Tag begann wunderbar. Um fünf Uhr morgens wachte ich auf, schlief sofort wieder ein und hatte dann den erfüllendsten erotischen Traum, den man nur haben kann, soweit ich das mit meinem bekanntlich kaum vorhandenen Erfahrungsschatz sagen darf.
In der Uni – genauer gesagt, in der Mensa, als ich mit meinem Tablett vorne stand, um mein Mittagessen zu holen – drückten sich plötzlich vertraut gewordene Lippen auf meinen Mund, und starke Arme schlangen sich um mich. Ich war zu schwach und viel zu verliebt, um etwas gegen Daniels Verführung tun zu können, also ließ ich hilflos zu, dass er meinen wohlig erschauernden Körper unter dem Gejohle seiner Jungs an sich presste.
So plötzlich, wie er mich gepackt hatte, so plötzlich ließ er mich auch wieder los. Schwer atmend hauchte er mir „Ich freu mich auf heute Abend“ in meinen erschrocken offenstehenden Mund; dann ließ er mich stehen und ging zu seiner jubelnden Clique. Ich fühlte mich wie eine Marionette, der die Fäden abgeschnitten wurden.
Und das Feuer in meinem Schoß, das mich schon tagelang quälte,
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