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Keinmaerchen

Keinmaerchen

Titel: Keinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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warst da, sage ich. Du warst groß, viel größer als jetzt. Das war echt. Wirklich. Ich schnipse ihn weg. Ich bin nicht hier, ich kann nicht hier sein. Nicht schon wieder.
    Ich habe noch nie ein so merkwürdiges Kind wie dich getroffen. Es ist gestern, du bist hier, ich bin hier, gleich ruft sie dich zum Essen. Und jetzt stell den Alb ins Regal, ich habe nicht ewig Zeit.
    Warum nicht? Du musst zurück. Auf die andere Seite - Was hast du mit Johanna gemacht? Was? Er hüpft zur Seite, das Messer schabt den Putz von der Wand.
    Erin? Ihre Stimme klingt dünn. Wahrscheinlich hat sie wieder geheult. Kommst du zum Essen? Dein Vater -
    Sei still! Du sollst ihn nicht so nennen. Das weißt du doch!
    Sie atmet.
    Ich atme.
    Sie schließt die Tür. Ganz vorsichtig. Es klackt nur leise.
    Er kichert. Wann hörst du endlich auf damit?, fragt er. Nimm die Augenbinde ab und hör auf mit dem Scheiß! Aber gib mir zuerst den Alb.
    Leck mich!
    Sie werden dir die Augenbinde abnehmen, das weißt du doch. Morgen.
    Ich war im Morgen und das weißt du ! Bring mich wieder hin. Jetzt!
    Ich könnte dich hinbringen. Ja. Aber ich glaube nicht, dass du soweit bist. Deine Albe werden besser. Immer besser. Aber sie sind nicht gut genug. Gib mir diesen und mach einen neuen. Einen besseren.
    Ich habe sie gesehen. Die großen, die besonderen. Ich könnte nie solche Albe erschaffen.
    Er schnalzt mit der Zunge. Tja, sagt er. Tja. Dann klappern die Dosen im Regal und er ist weg.
    Er ist weg und ich bin hier. Warum bin ich hier? Wiederwiederwieder hier?
     
    #
    Reich mir die Kartoffeln, sagt er.
    Sie greift nach der Schüssel, aber er hält ihr Handgelenk fest.
    Lass das, sagt er. Du weißt, was der Professor gesagt hat. Er muss akzeptieren, dass er die Regeln beachten muss.
    Regeln. Das ist das Neueste. Was würde er wohl sagen, wenn ich seinen Kopf auf Kürbisgröße anschwellen lassen würde? Und was würde sie sagen, wenn er explodiert und Gehirnmasse auf ihre frischgewienerten Schränke spritzt?
    Hör auf zu grinsen, sagt er. Ich weiß nicht, was du dir dabei denkst. Denkst du überhaupt irgendetwas? Seine Stimme klingt müde. Vielleicht geht er heute früh schlafen und sie streiten nicht.
    Ich denke, dass ich gar nicht hier bin. Ich sollte nicht hier sein. Aber das sage ich nicht. Darf ich auf mein Zimmer gehen? Ich habe keinen Hunger.
    Sie atmet. Ganz tief. Und sie schließt dabei die Augen. Ein und aus. Ein und aus.
    Er legt ihr die Hand auf die Schulter und sie schlägt sie weg. Mitten im dritten Ausatmen. Ich kann nicht mehr, sagt sie. Erin. Sie schüttelt den Kopf. Mein Name hängt in der Luft wie ein Zwiebelfurz.
    Lass ihn, sagt er. Er braucht Zeit. Wir haben doch -
    Nein, sagt sie. Nein. Es reicht. Sie schnieft in ihr Taschentuch. Klack-klack auf der Tischplatte. Klack-klack auf dem Boden. Die Gnome kriechen aus dem Abfluss und sammeln die Diamanten auf.
    Er sieht mich an.
    Darf ich jetzt auf mein Zimmer gehen?
    Er schüttelt den Kopf, aber er meint ja.
    Auf der Treppe kann ich sie streiten hören.
    Waschlappen, sagt sie. Sie heult immer noch. Lauter jetzt und nur für ihn.
    Als ich meine Zimmertür öffne, zerbricht die Schüssel. Er wird nicht früh schlafen gehen. Es ist gestern.

Bozo
    “Warum malst du dir ein Lachen ins Gesicht, Bozo?”
    “Weil die Leute das erwarten. Ich bin ein Clown.”
    “Aber dir ist nicht zum Lachen, stimmts?”
    “Lachen ist etwas für Kinder. Ich bin kein Kind und war niemals eines. Ich bin Bozo. Immer nur Bozo. Bozo, der Clown, Bozo, der Spaßmacher. Wenn Bozo auftritt, ist niemand traurig.”
    “Niemand, außer Bozo.”
    “Das spielt keine Rolle. Niemand interessiert sich für die Gefühle eines Clowns, sein Lachen ist in sein Gesicht gemalt, alle können es sehen, alle wissen, dass er fröhlich ist.”
    “Ich bin Niemand.”
    “Du bist ich, das zählt nicht.”
    “Dann zählst auch du nicht.”
    “Ich zähle bis zehn und dann öffnet sich der Vorhang. Hörst du den Applaus? Hörst du sie meinen Namen rufen? Sie warten auf mich, sie wollen meine Späße sehen. Sie wollen lachen, lachen, lachen.”
    “Und warum hältst du ein Messer in der Hand?”
    “Es fühlt sich gut an.”
    “Fröhlich?”
    “Sie lachen über mich. Verstehst du? Sie lachen über mich.”
    “Aber das wolltest du doch. Seht her, hier kommt Bozo, Bozo, der Clown, Bozo, der Spaßmacher.”
    “Ich mache keinen Spaß. Ich bin der Spaß. Sie lachen über mich.”
    “Dann nimm die Perücke ab. Wisch die Schminke aus deinem Gesicht.

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