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Keinmaerchen

Keinmaerchen

Titel: Keinmaerchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Keil
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Nein. Neinneinnein. Das Schneetreiben kribbelt an seinen Fingerspitzen. Er ist hier. Alles ist gut. Niemand ist verrückt, außer dem Patienten.
    “Herr Blum?” Der Junge nahm die Hand vom Bildschirm und rieb seine Finger aneinander. “Können Sie mir jetzt …”
    Herr Blum hob abwehrend die Hand. “Gedulden Sie sich bitte noch einen Moment.”
    Der Junge setzte sich auf den dreibeinigen Stuhl und sah Herrn Blum zu, wie er einige Skizzen anfertigte - natürlich von den Alben, aber auch von dem Mädchen und dem Jungen, die in dieser ominösen Fernsehserie eine Hauptrolle zu spielen schienen. Die beiden kamen ihm bekannt vor. Wahrscheinlich aus einem Film, auch wenn er sich nicht erinnern konnte, wann er zum letzten Mal einen Film angesehen hatte. Das musste lange zurückliegen, in der Zeit, als er noch normal gewesen war … Er schüttelte den Kopf. Als er noch dachte, dass sein Leben normal verlaufen würde.
    Herr Blum hustete, trank einen Schluck aus einem großen Kaffeebecher, an dem der Henkel fehlte, und ordnete seine Papiere. “Ich denke, das war’s. Ja.” Dann setzte er eine der beiden Brillen ab und sah den Jungen an. “Sie haben sicher einige Fragen. Nun denn, stellen Sie sie.” Er kramte eins der Kästchen aus der Schreibtischschublade und steckte sich eine Zigarre an, paffte einige Kringel in die Luft und lehnte sich seufzend zurück. “Arbeit kann so befriedigend sein, meinen Sie nicht auch? Die Gewissheit, etwas geleistet zu haben, ist mit keinem anderen Gefühl zu vergleichen. Oh, entschuldigen Sie! Zigarre?”
    “Nein, danke.” Der Junge deutete auf die Zeichnung eines Albs. “Sie sind größer. Noch viel größer. Und ihre Augen schimmern in einem Rot, das so intensiv ist, dass es auf der Haut prickelt, wenn sie einen ansehen.”
    “Oh, wirklich?” Herr Blum legte die Zigarre auf einen geblümten Porzellanteller und setzte die zweite Brille wieder auf. Dann hielt er sich die Zeichnung dicht vor das Gesicht. “Hmhm. Meine Augen sind nicht die besten, verstehen Sie? Das ist etwas hinderlich. Aber!”, fügte er hinzu, als der Junge etwas sagen wollte. “Dieses unbedeutende Gebrechen hindert mich nicht daran, meine Arbeit gewissenhaft auszuführen, und es besteht kein Anlass, meine Forschungsergebnisse in Frage zu stellen. Ich habe meinen Doktortitel nicht in der Lotterie gewonnen, das schreiben Sie sich bitte hinter die Ohren!”
    “Entschuldigen Sie, Herr Blum, ich wollte bestimmt nicht …”
    “Ich weiß, was ihr wollt.” Herr Blum sprang auf und schlug mit der Faust auf den Tisch. Ein Auge fixierte den Jungen, das andere drehte sich aufgeregt in der Höhle. “Immer wieder. Immer wieder begegne ich solchen Anfeindungen. Menschen, die glauben, mich und meine Arbeit ins Lächerliche ziehen zu können. Aber lassen Sie sich eins gesagt sein”, er ging um den Tisch herum und beugte sich zu dem Jungen hinunter, “Herr Blum ist keine Witzfigur!”
    Der Junge drückte sich an die Lehne des Stuhls und der begann zu schwanken. Das alte Holz knackte. Herr Blums Zigarrenatem blies ihm warm ins Gesicht. Er wusste nicht, ob er nicken oder den Kopf schütteln sollte.
    Herr Blum kratzte sich auf der Nase und nickte. Er hatte alles gesagt, was es zu diesem Thema zu sagen gab, also setzte er sich wieder hinter seinen Schreibtisch und entzündete seine Zigarre. “Nun denn. Sie hatten einige Fragen?” Er paffte einige Kringel in die Luft und nickte dem Jungen aufmunternd zu. “Nur keine Scheu, fragen Sie.”
    Der Junge verlagerte sein Gewicht und räusperte sich. “Ich weiß nicht recht, ich würde gerne … Diese Fernsehsendung. Auf welchem Sender wird sie ausgestrahlt?”
    Herr Blum hob die Augenbrauen, paffte, kratzte sich die Nase. “Nummer eins”, sagte er dann. “Und Nummer zwei. Nummer drei und fünf. Nummer vier ist defekt, deswegen kann ich dazu nichts sagen. Ja. Ich denke”, Nasenkratzen, “das wären alle.”
    Der Junge betrachtete den Fernseher. Es war ein uraltes Modell mit einer gewölbten Bildröhre. An der Seite befanden sich Lautsprecherschlitze und darunter einige Knöpfe. Ein An/Aus-Schalter und fünf nummerierte Programmtasten. Er wandte sich wieder Herrn Blum zu. “Sie meinen also, die Serie läuft auf allen Kanälen?”
    “Jetzt, wo Sie es erwähnen, ja, das ist richtig.”
    “Und zwischen den Folgen?”
    “Was meinen Sie?”
    “Na ja, was läuft im Fernsehen, wenn diese Serie nicht gerade ausgestrahlt wird?”
    Herr Blum hob die Schultern und rückte seine

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