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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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gefährlich sein? Aber horch! Ich rieche etwas. Diese Ruhe riecht nicht nach Gelassenheit. Die Luft ist voller Spannung, wie die Stille vor dem Sturm. Die Kinder habe ich bisher nicht mal zur Kenntnis genommen. Sie stehen an Ecken, sitzen an Terrassen, unterhalten sich und spielen, wie es sonstwo auch üblich ist.
    Aber stimmt das? Als ich an einer solchen Kindergruppe vorbeigehe, spüre ich, dass sie mich beobachten. Nicht mit der gewöhnlichen Kinderneugier. Nein! Sie mustern mich. Es sind zehn-zwölfjährige Jungs mit scharfen Augen, die mir fast die Hose aufschneiden, als sie mich von der Schuhsohle bis zum Scheitel durchstöbern. Ich kann die Herausforderung in ihren Augen mit einer freundlichen Begrüßung kein bisschen entschärfen. Ich fühle ihre Blicke an meinem Rücken und versuche ruhig zu bleiben. Ich spüre jedoch, dass sie unter meine Jacke, sogar unter meine Haut sehen. Ich fühle mich ausgeliefert. Was kann ich tun? Weitergehen, und meine Angst noch im Keim ersticken. Es reicht ein winziges, falsches Signal, um diese Kinder loszuhetzen. Ja! Ich bin dessen sicher. Kinder sind unberechenbar. Ihnen könnte ich noch soviel erzählen, dass ich hier nur aus Neugier rumgucken will, und dass ich bloß ein netter Tramper bin, und bla, bla, bla...
    Es ist gut, ich schwitze noch nicht. Ab, sicheren Schrittes in die Querstraße! Ich spüre auch dort, wo ich keinen Menschen sehen kann, dass ich beobachtet werde. So komme ich an einem zubetonierten, kleinen Park, mit Palmen an. Auf einer Bank sitzen zwei Mulattinnen und ein Weißer mit langen Haaren. Der Typ begrüßt mich freundlich. Ich grüße zurück, und im Nu sitze ich neben ihnen auf der Bank. Sie drehen gerade einen Joint, den er mir gleich anbietet.
    „Ich denke, du suchst hier gerade diesen.“
    Ich winke ab.
    „Oh, nein. Ich rauche nicht.“
    „Neein? Mensch, was suchst du denn hier?“
    „Naja, ich wollte mir mal diese Gegend angucken, herumstre ifen...“
    „Mensch, das ist aber eine gefährliche Gegend. Ich ahne, dass du das nicht wusstest.“
    „Oh, ja. Drum bin ich hier.“
    „Äjj, äjj, ich kann es dir nicht empfehlen, zu Fuß hier rumzulaufen. Ja, wenn du da runter, nach Berkeley, weiter gehst, dort ist alles viel ruhiger.“
    Es ist ganz merkwürdig. Das ist das erste Mal, dass ich jemandem glaube, dass so ein harmloser Platz echt gefährlich sein kann. Ich wollte mich wirklich nur erznaiv umschauen. Aber diese Kinderaugen haben mir ein Loch in meinen Rücken gebrannt, das immer noch brennt. Das ist kein Abenteuer mehr.
    Ein Typ, der gerade auf einem Trip ist, setzt sich auf die Bank uns gegenüber. Ein Weißer mit eingefallenen Wangen. Er hat sich wohl irgendetwas Härteres eingeschossen, denn er ist voll im Stoff, und starrt steif nach vorn, auf den Joint. Mein Freund, der Hippie, fuchtelt mit der Hand, als wollte er Tauben wegscheuchen. Aber der Fixer bleibt davon unbeeindruckt.
    „Verwichst, was gaffst du denn so!? Arschloch!“ ruft mein Freund, ohne Wirkung.
    Der Joint, der zwischen meinen Banknachbarn kreist, zieht wie ein Magnet seine Augen an. Er hat etwas unfassbar Tierisches. Er sieht nicht gefährlich aus, aber er ist unberechenbar, mit seinen hypnotisiert stierenden Augen.
    „Ach, kümmere dich nicht um diese s Wrack”, sagt George. „Schau mal lieber das hier an! Ich gebe dir etwas.“ Er zieht aus der Tasche seiner Jeansjacke ein sorgfältig zusammengefaltetes kleines Poster hervor: ‘PSYCHEDELIC SHOP, seit 1966’! „Das waren die Zeiten. Stimmt’s mein Freund? Kennst du die ‘Doors’ und die ‘Grateful Death’?“
    „Klar. Canned Heat, Jefferson Airplane und Jimi Hendrix...“
    „Ja, Mann, Captain Beafhart und die Loving Spoonful“ kontert er.
    „Frank Zappa, MC Five“ erwidere ich und unser Nostalgiezug rast von dem verstaubten Bahnsteig los. Die beiden Frauen schauen uns erstaunt an, rufen gelegentlich etwas auf Spanisch und lachen darüber, und lassen uns weiterspinnen. Der steife Typ gafft mit regungslosen Augen, aber nicht mehr auf den Joint, nur noch so vor sich hin.
    „Ich ging Sechsundsechzig auf die Berkeley Universität“ sagt George mit Begeisterung in der Stimme. „Mein Gott! Ich war von der psychedelischen Musik begeistert. Total! Das war damals die Revolution. Wir gingen jeden Tag gegen irgendetwas auf die Straße. Wir dachten, wir könnten die Welt erlösen. Weißt du auch, Mensch. Liebe, Frieden und ‘Power to the People’. Aber jetzt Mann, jetzt kämpfe ich mit all meiner Kräfte, um

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