Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
Hand. Name, Geburtstag und so was kann ich auch alleine eintragen, aber Adresse, Arbeitserlaubnis, vorhergehende Arbeitsstelle undsoweiter habe ich nicht. Kein Problem, der Mann hilft mir gern alles korrekt auszufüllen.
„Wann bist du in die Stadt gekommen? Wo wohnst du?“
„Ich bin seit vier Tagen hier. Ich bin Ausländer und so was wie ein Tourist.“
„Aha, also du hast noch keine Staatsbürgerschaft...“
Er stellt seine Fragen und sortiert meine Antworten in verschiedene Schubladen. Es alarmiert ihn gar nicht, dass ich keine Arbeitsgenehmigung, keine Aufenthaltsgenehmigung und keine Genehmigungs-Genehmigung habe. Er füllt die leeren Stellen, nach irgendeinem A, B, C, Muster, das er aus meinen Antworten zusammenstellt, aus.
Am Ende kommt heraus, dass ich ein Immigrant bin, der sich hier niederlassen will. Die Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis werden sie schon für mich erledigen. Aber das kann zwei-drei Wochen dauern, solange jedoch kann ich schon irgendetwas arbeiten... Und sie beschaffen mir in einer Woche auch eine Unterkunft... In fünf Tagen bekomme ich auch Essenmarken, mit denen ich ohne Schlangenstehen in die Suppenküchen komme... Es berechtigt mich sogar mein Essen mit nach „Hause“ zu nehmen!
Ich stottere nur und bringe keinen vernünftigen Satz zu Stande. Er will nur noch meinen Beruf und Schulabschluss wissen. Aber es tut ihm leid, ich muss zeitweilig vielleicht unter meiner Qualifizierung arbeiten. Irgendeine Arbeit wofür sie gerade Leute brauchen.
„Es ist kein Problem, für die zwei Tage kann ich alles machen.“
Er schiebt die Brille auf der Nase herunter, damit er mich darüber anschauen kann.
„Was für zwei Tage? Du musst mindestens vier oder fünf Tage arbeiten. Weniger können wir nicht vermitteln.“
„Ich dachte aber nur zwei, aller höchstens drei Tage, und ich brauche auch keine Wohnung.“
„Warum, hast du eine Unterkunft? Und warum gibst du das nicht an?“
„Nein, ich habe keine Unterkunft.“
„Dann brauchst du doch eine Unterkunft. Du willst doch irgendwo wohnen. Oder?“
„Nein. Ich will nicht wohnen, ich will zwei Tage arbeiten , um ein wenig Geld zu verdienen, damit ich weiter, vielleicht nach San Diego, fahren kann.“
„Also nein, wir können dich nicht nach San Diego vermitteln. Aber, wenn du einige Wochen schon hier gearbeitet hast, können wir deine Unterlagen dorthin weiterle iten.“
Der Mann macht mich ungeduldig. Ich ihn aber auch.
„Mensch, ich wollte hier arbeiten, damit ich Geld habe, um bis dor thin fahren zu können.“
Er versteht es nicht.
„Aber wieso kommst du nach San Francisco, wenn du dich in San Diego niederlassen willst? Also, Mann, entscheide dich! Möchtest du arbeiten oder nicht?“
„Klar, aber nur zwei Tage.“
„Mindestens vier Tage.“
Also, wir einigen uns endlich, dass das mir zu viel ist. Ich möchte nämlich übermorgen schon weiter. Er gibt mir die Fragebögen zurück.
„Diese hier kannst du dann in San Diego abgeben.“
Ich bedanke mich sehr herzlich bei ihm und lasse draußen auf der Straße die Papiere gleich in die erste Mülltonne fliegen...
Beim Abendbrot in der Ellis Street bittet mich ein älterer Obdachloser, ihm eine grüne Benachrichtigung vorzulesen. Es ist ein amtliches Formular mit computergedrucktem Text und einer Adresse. Ich schaue mir das Blatt an und bin überhaupt nicht begeistert. Es ist voller Amtsausdrücke.
„Ich würde dir gerne helfen, Bruder, aber ich verstehe hier kein Wort.“
„Es ist egal, du sollst es nur lesen.“
Also ich lese gut artikuliert alles vor.
„Tatsache, das haben sie geschrieben?“ fragt er. „Lies bitte den letzten Satz noch mal vor.“
Ich lese ihn und sage: „Ich verstehe aber immer noch nicht worum es hier geht.“
„Das macht nichts. Ich verstehe es aber. Hahah, sie schreiben, dass ich das Unterstützungsgeld abholen kann. Danke Kumpel, danke. Wenn ich bloß so gut lesen konnte...“
Naja, lesen können, das ist wichtig. Das Schreiben ist viel unwichtiger. Wozu denn auch. Darum gibt es die Beamten, die die Anträge ausfüllen. Ich kann mir sogar gut vorstellen, dass dieser gute Mann seine Arbeitslosenhilfe, oder was es auch immer sei, als Professor bezieht. Ja, warum nicht? Wenn ein Beamter bei der Frage, was er vielleicht nicht verstanden habe, anstelle beim „Nein“, beim „Ja“ ein Kreuz gemalt hat...
Um die richtige Antwort geht es auch am Civic Center, wo die Schwulen sich zu einer großen
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