Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
interessiert halt die Moderne Literatur mehr.“ Und während Luci ihre Mitbewohnerin anruft, um Bescheid zu sagen, verrät P.J. mir, dem guten Freund, dass er von einer christlichen Mission hinausgesandt wurde. Neunzehnjährig und keine Ahnung von der Welt, sollte er in Neu Guinea den Eingeborenen das richtige Leben beibringen.
„Wir Amerikaner wissen sowieso sehr wenig von der restlichen Welt. Ich bin eigentlich ein sehr aufgeschlossener Mensch und interessiere mich für alles, aber ich weiß nur, dass unser Präsident der Reagan ist und Lady Thatcher in England. Es ist eine Schande, ich weiß nicht mal die Namen von den Präsidenten in den Ländern, in denen ich schon mal war. Ich denke, wir Amerikaner sind hauptsächlich nur mit uns selbst beschäftigt. Aber unser Land ist ein riesiges Land... Und du kannst hier alles finden.“
Recht hat er. Heute haben wir beide gefunden, was wir brauchen. Er kam endlich zu Luci nach Hause für eine Nacht (vielleicht für ein Leben?) und ich bekomme eine bequeme Matratze in einem Zimmer. Aber nicht so hastig. Da sind noch einige Leute, zwei junge Ladies, ein Typ, eine Sektflasche und eine Torte eingetrudelt. Luci stellt ihre Freundinnen und den Studienkollegen vor. Ich schließe Susan, Nancy und Peter in mein Herz und zwei Scheiben von der Torte in meinen Magen...
So sitzen wir barfüßig im Schneidersitz im Wohnzimmer und diskutieren , was das Zeug hält. Aber die Welt, anstelle sich zu öffnen, verengt sich immer mehr und es bleibt nur noch die überdrehte Form von einer Superpoesie. „...da muss ein wenig mehr Zen hinein“ und „...New Yorker Niggerjargon mit astronomischen Dimensionen...“ und „...die Lyrik von Poe mit Psychedelischer Musik kompensieren...“ und bla bla bla...
Nachts um eins weiß ich selbst nicht mehr , ob ich ein Junge oder ein Mädchen bin. Oder vielleicht Teil einer eben geborenden welterlösenden - oder wenigstens weltbewegenden - Poesie. Ich versuche fortan schwerer werdenden Kopfes den Faden zu behalten. Jedoch muss ich aufgeben: Es gibt keinen Faden! Nur sie wissen es noch nicht, stricken hier ein Muster, da eine Masche. Ein schönes Gefühl, ich kenne das auch, schließlich wird jeder vielleicht irgendeinmal von der Idee erwischt, die Welt erlösen zu können.
Auf dem schmalen Grat zwischen Schlaf und Wachsein balancierend, huscht noch ein neugieriger Gedanke durch meinen Kopf: Wie viele Leute sitzen jetzt in diesem Moment weltweit und schwelgen in dem verdammt guten Gefühl, etwas wahnsinnig wichtiges entdeckt zu haben, etwas einmaliges, was man nur mit Christi 's Erlösung zu messen vermag, etwas wonach die Menschen ausgehungert lechzen, derweilen merken sie nicht mal, dass es sich nur um ihre eigene Superwichtigtuerei handelt.
„Ja , und was machst du hier?“
„Wieso ich?“
„Ja Du! Du gehörst jetzt auch zu den Leuten, die in der Hühnerscheiße nach Schlagadern suchen und behaupten: das wär das Herzpochen der Welt.“
„Ja stimmt! Ich spinne auch ganz schön an dem Faden.“
„Wieso spinnen? Bis zum Ellenbogen in der Hühnerkacke wühlen!“
„Ja, na und? Ist es nicht schön?“
„Doch, doch. Hab nicht gesagt, dass es nicht erhebend ist. Ja und die Torte schmeckt auch gut.“
„Autsch! Hoppla, hab ich wohl laut nachgedacht?“
Nein, nein, aber die Grenzen zwischen Denken und Reden, draußen und drinnen, Traum und Wirklichkeit haben sich schon aufgelöst.
Na, dann es ist beste Zeit mich zu verabschieden.
Bye bye Kids, mein Zug rast schon auf dem Traumpfad. Meine Auglider machen sich selbständig und folgen nicht mehr den Befehle der Schließmuskeln und schalten immer öfter in eine Traumwelt. Mein Gehirn arbeitet in zwei Kanälen. Das Gespräch vermischt sich mit meinen Traumbildern. Hinter meinen geschlossenen Lidern sehe ich Jr., wie er nachts neben mir sitzt, mit irgendeinem starren Ziel in seinem Dickschädel und das Gaspedal durchtritt. Dann denke ich an Boolah, wie er gerade wählen geht und lächelnd mit dem Daumen eine Eins in die Luft sticht.
Dann plötzlich bin ich wieder wach. Peter analisiert die Wichtigkeit der Reihenfolge von Versen. Und ich rede auch über irgendwelche Raserei in der Nacht und non stop Lift... aber mit einem Durcheinander... Obwohl ich nur erklären will, das ich in den letzten Tagen zu viel erlebt und zu wenig geschlafen hatte.
Ich verziehe mich in mein Zimmer. Rein in den Schlafsack und Jalousie zu! Aber kichern muss ich schon beim Einschlafen. Die denken jetzt bestimmt,
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