Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
eine Schlange. Die Herren in Anzügen mit bunten Krawatten schauen ihre Damen an und gehen alle gemächlich weiter. Heut ist wohl nicht der beste Tag für einen einsamen Saxofonspieler auf der Canal Street...
Noch einsamer! Ich ziehe nämlich weiter in die Bourbon Street.
Kaum laufe ich einen halben Block, werde ich von Musik umhüllt. Aus einer Kneipe fließt Jazz auf die warme Straße und vermengt sich mit der in Strömen hin und her ziehenden Menschenmenge und mit Musik aus anderen Lokalen. Aus jedem Haus fließt durch die offenen Türen und offenen Fenster irgendetwas dazu. Bald fühlt man die Lockerheit in den Beinen. In einer Bar lässt heiße Funky Musik die Beine de r Stehenden stampfen, und die, die an den Tischen sitzen, schwingen mit dem Oberkörper dazu.
Feiern! Party durch die Nacht! Der Kellner kommt auf die Straße: „Hereinspaziert meine Herrschaft en! Die beste Musik, die beste Party! Haben Sie einen Wunsch? Möchten Sie Bier, oder darf es ein Likör sein?“ Auf der Bühne legt die Band gerade einen Zacken zu, ein Schlagzeugsolo, und die Musiker versinken in einem heftigen Boogie. Der Sänger wirbelt mit den Beinen einen ausgeflippten Tanz. Das Publikum - so um die dreißig Leute - kommt immer mehr in Fahrt, schüttelt und rüttelt sich und feuert mit lauter Rufen die Band an. Ich, auf der Straße, schwinge auch mit. Dann schlendere ich weiter.
Bis zur Ecke, bis zur nächsten Tür, hier spielt man traditionellen Jazz. Alte Schwarze Herrschaften, in Szene geschmissen, spielen auf einer erhöhten Bühne Evergreens mit großartigen Soloeinlagen. Alle tragen schwarze Anzüge mit weißen Hemden und schwarzen Fliegen dazu. Die Kellnerinnen sind auch in dieselbe Tracht gehüllt, bloß was bei den Herren der Anzug ist, ist bei ihnen ein Kostüm. Und die elegant anmutende Zuhörerschaft trink vornehmlich Champagner.
Auf der buntbeleuchteten Straße herrscht dagegen ein fröhliches Durcheinander. Punker, Hippies, feine Damen und Herren, Schwarz und Weiß, Typen mit Cowboyhüten, mit Baseballmützen oder einfach mit zur Seite geleckten glatt gebügelten Haaren, herumkichernde junge Ladies, Nutten, Schwule, Rockertypen spazieren ganz locker und schnuppern mal hier mal da.
Eine lustige Schulmannschaft rudelt lachend, Witze erzählend, chaotisch, trotzdem zusammengehörig vorbei. Ein vornehm gekleideter Weißer Mann, um die Fünfzig, läuft auf und ab und erzählt lauthals durch einen Megafon: „Das Leben ist mehr denn die Speise, und der Leib mehr denn die Kleidung. Nehmet wahr der Raben, die säen nicht, die ernten auch nicht und Gott ernähret sie doch.“ Er hält auch ein Transparent hoch: BEKENNET EUCH ZUM GOTT, ES IST NOCH NICHT ZU SPÄT. Viele schauen ihm nach, aber alle machen einen Bogen um ihn. Auf der anderen Seite geht eine Tür auf und für einen Moment kann ich die Bühne der Striptease Bar sehen. Eine Frau hat gerade nur noch einen Schlüpfer an. Der Türsteher ruft mir zu: „Komm rein! Schau dir das an!“
Ich gehe nicht hinein. Einige Minuten später geht die Tür wieder für einen Augenblick auf, aber auch diesmal kein Gast.
In der Kneipe nebenan spielt eine Lady rhythmische Hits auf dem Keyboard und singt wunderbar dazu. Von der gegenüberliegenden Seite dröhnt Rock’n’Roll, Musik schmilzt in Musik und Gelächter. Heiterkeit vibriert in der Nacht. Lockerheit, Stimmung! Die Fühler verborgener Wünsche sind weit ausgefahren und tasten sanft zwischen bunten Neonleuchten nach Erlebnissen. Ganz Amerika von Florida bis Chicago ist auf den Beinen. Die Töchter und Söhne der Nation schwingen hier ihre Ärsche. Vom Teenager bis zur Oma, je nach Lust und Stehvermögen feiern sie durch die Nacht! Es ist sehr warm, und die Kneipen und Bars warten mit offenen Türen und kühlen Getränken auf Dich.
Ich kreuze von einem Lokal zum anderen und höre von draußen die sich übertrumpfenden Darbietungen an. Viele Vergnügungshungrige machen dasselbe. Einige, weil sie kein Geld haben, wie ich, andere wiederum wollen sich noch nicht festlegen. So lauschen sie mal hier mal da, bevor sie irgendwo Anker werfen.
An einer Ecke bilden die Zuschauer einen Halbkreis um einen Typ mit Halbglatze, der lauthals irgendwelche Zaubertricks verkündet. An seinem Hals hängt ein Mikrofon und er schwabbelt und blabbert und gestikuliert mit breiten plakativen Bewegungen pausenlos. Er fuchtelt mit einer Eindollar Note rum.
„Das ist hier, meine Damen und Herren ein Eindollar Schein , und wenn ich den
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