Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
benutzen, wenn man für mich denkt? Selbst, wenn sie viel dümmer sind als ich. Nicht wahr? Die große Arbeitsteilung: Irgendjemand denkt für mich und ich arbeite für ihn. Die Arbeiterklasse ist das Rückgrat der Gesellschaft und der Staat ihr Kopf. Ist klar! Je höher der Kopf sich hebt, umso rückgratloser wird er. Das ist auch klar! Hehehe...
Ich jedoch habe Kopf und Rückgrat. Obwohl der Dicke mich ganz schön in die Zange genommen hatte. Mit seinem Geblabber ließ er erst die Gehirne einschläfern, dann schnitt er die Rückgrate heraus und schließlich nahm er die Kunden aus. Mich konnte er deswegen nicht abzapfen, weil meine instinktive Selbstverteidigung die ganze Zeit Wache stand. Wenn viel erzählt wird, schaltet sie automatisch ein. Sonst wär ich schon längst moosbewachsen, würde in biergekühlter Zufriedenheit vor der Glotze sitzen und das Geplapper schlucken. Bla bla bla...
„Na, du blabberst heute auch jede Menge Schwachsinn zusammen.“
„Wieso Schwachsinn? Ist es etwa nicht so?“
„Na ja schon, aber wen interessiert das hier?“
„Mich. Ist doch Teil meines Lebens. Außerdem, denkste diesen Leuten geht es hier anders, nur weil ihre Nuckelflaschen mit anderen Ideologien gefüllt sind?“
„Es geht nicht darum. Na komm, steig aus den miefigen Stiefeln!“
„Oh ja, das stimmt. Wenn die Füße anfangen Moos anzusetzen, dann ist irgendwann dein Hirn dran.“
„Genau, die Fußreflexzonen! Dort findest du auch deinen Kopf. Und wenn der an der Fußsohle dicht ist,... na ja wie soll er dann oben aussehen? Als Spiegelbild!“
„Da war doch mal dieser Film, mit diesem Indianerstamm, die ihre Füße besonders gepflegt hatten, mit weichen Lappen umwickelt, weil sie das mit der Seele, Fuß und Kopf und Organe n und all das Zeug wussten...“
„Eben drum. Aber ich habe den Film gar nicht selbst gesehen.“
„Oder doch?“
„Nein, nein. Das hatte doch jemand erzählt.“
„Ja, stimmt! Hm, trotzdem als hätte ich ihn selbst gesehen.“
„Siehste, so muss man Geschichten erzählen! Dass die anderen denken, sie wären selbst dabei gewesen.“
„Das ist gut. Det merkichmir! “
Mein Gehirn rattert immer intensiver, meine Beine gleichfalls und sie bringen mich über den Todpunkt der Ermüdung.
So findet mich die aufgehende Sonne schon mit meinem ganzen Kram aus der Gepäckaufbewahrung auf der Auffahrt zu der Interstate Nr. 10. Und bis sie endlich hinter dem Dunstschleier hervorschaut, sitze ich schon in einem brummigen Meilenfresser neben Steve. Ich fahre zurück nach Westen, um
Onkel Toms Hütte
und die Gegend dort anzusehen. Bis vielleicht Baton Rouge, danach Richtung Norden und dann, sagen wir von Vicksburg wieder runter nach New Orleans.
„Hm, Onkel Toms Hütte kannste lange suchen“ sagt Steve. „Die Zeiten sind längst vorbei. Vor einigen Jahren gab es noch Baumwollfelder und eine Menge Schwarze Tagelöhner. Sogar die Holzhütten sind schon verschwunden. Ich kenne die Gegend vom Mississippi. Weißt du, ich bin Geologe und bin viel da herumgefahren, hoch bis Memphis Tennessee. Viele sind dort weggezogen, weg von den Feldern in die Stadt. Viele sind Musiker oder Kellner geworden und es gibt eine Menge andere Jobs in New Orleans. Die Stadt lebt vom Tourismus.“
„Ja, das habe ich gestern gesehen“ falle ich ihm ins Wort, „wie die Touristen ausgenommen we rden.“
„Wieso ausgenommen?“
Er will mir nicht glauben. Da erzähle ich ihm die Geschichte mit dem Dicken und seine Werbeverkaufsmethoden, was ihn richtig in Rage bringt.
„Das ist kriminell! Das ist Raub! Das ist verboten! Und er macht das ganz öffentlich?“
„Absolut“ sage ich. „Er betäubt die Menschen draußen auf der Straße mit bill igen Tricks.“
„Aber, warum lassen die Leute sich beschwindeln?“
„Steve! Hör zu! Ich erzähle dir wie das funktioniert: Er berauscht die Menschen mit kostenlosen Geschenken. Und die sind sowieso schon locker und ausgelassen. Deswegen fahren sie nach New Orleans. Und dieser Typ nutzt es einfach aus. Er beginnt mit Kleingeld. Er nimmt es ab, und gibt es auch zurück, und noch mal und noch mal, aber die Summe wird immer größer. Inzwischen verteilt er tatsächlich so genannte Geschenke, bis er erreicht, dass alle Gäste das hin und her geben und nehmen von Geld als Spiel betrachten und auch die Reflexe darauf eingestellt sind, dass das ausgegebene Geld zurückkommt, mit Geschenken. Dann schlägt er zu. Er macht daraus einen als Geschenk und Werbung getarnten
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