Keks & Drugs & Rock 'n' Roll
einpacken, was er gekauft hat und auf Nimmerwiedersehen. Mit so einem Abschaum hab ich auch noch nie zu tun gehabt. Eintausendachthundertzwanzig Dollar!“
Die Meisten bleiben regungslos. Hoffen, dass sie wenigstens ihr eigenes Geld wiederkriegen. Aber im Nu ist es allen klar: Wir wurden reingelegt!
Der Dicke fegt das Geld in die Kasse und brummt verstimmt vor sich hin.
„Aber mein Herr!“ Stottert die junge Dame mit der Uhr. „Ich würde nie dreihundertfünfzig Dollar für so eine Uhr ausgeben. Ich weiß gar nicht, was ich damit anfangen soll.“
Der Dicke wirft einen bösen Blick zu der Frau: „Nun aber Schluss!“
Die Frau setzt fort: „Siehe mein Herr, ich habe dir vertraut und dachte, du gibst mein Geld am Ende zurück. Du sagtest doch, dass du Werbung machst.“
„Ich bitte dich Lady, du kannst zum Gericht gehen, wenn du willst. Ich habe so was nie versprochen. Ich habe euch diese Waren verkauft. Und was du dabei denkst, ist nicht meine Sache. Das war astreiner Verkauf. Oder hast du etwa nicht für diese Uhr dreihundertfünfzig Dollar geboten? Und was Werbung betrifft, ich habe hier den ganzen Abend für diese Waren bei euch geworben. Für dreckige eintausendachthundertzwanzig Dollar! Geizhälsige Mistbande! Ihr raubt nur meine Zeit.“
Da mit ist Schluss, Ende! Er geht einfach hinaus. Die Rausschmeißer kommen hinein und öffnen beide Flügel der Eingangstür sperrangelweit. Mit hängenden Köpfen torkelt das böse geprellte traurige Publikum - zwölf Leute - auf die von Musik und Lachen berauschte Bourbon Street.
Mit sauren Minen klammern sich alle an ihre no Name „Werbegeschenke“. Keiner traut sich den anderen anzuschauen. Der Dicke hatte Recht. Alle schämen sich. Er hatte die ganze Zeit von Intelligenz geredet. Auch als er den Redneck Jungen rausschmeißen ließ. Selbstsüchtige Bande. Wir wollten alle das Vertrauen des Dicken genießen, um uns mit sinnlosen Geschenken voll stopfen zu lassen.
„Hey, für fünfzehn Dollar haben wir gelernt, was Konsumfaschismus ist“ sagt André und lacht. „Manch ein Unternehmer würde tausende ausgeben für so eine Lektion.“
„Recht haste“ stimme ich ihm zu und mich um. „ Die Menschen haben eigentlich sich selbst dafür angeboten... Trotzdem, ist es eine riesen Sauerei...!“
„Ja ! Es ist so! Moralisch betrachtet: Raub, Terror, aber juristisch ist es astrein“ sagt André.
Einige von den Betrogenen bleiben in der Tür stehen und können es noch nicht fassen. Ganz unterwürfig schauen sie auf die Rausschmeißer. Mit Hoffnungsschimmer in ihren Herzen.
Die Tür wird rigoros abgeriegelt, ein Gitter heruntergelassen und die Lichter gehen unwiderruflich aus. Der Alte mit der Jeanshose will es nicht wahr haben. Er lächelt immer ergebener in der Hoffnung, dass er doch irgendwie noch der Auserwählte wird und irgendwas doch noch passiert. Aber das Licht ist schon aus und die junge Lady schleicht sich auch traurig davon. Ihre „Geschenke“ in einer großen Plastetüte, samt der bronzenen Kopie der achtunddreißig Pfund schweren goldenen Uhr. Und sie sieht gar nicht so schwer aus. Na ja, der Dicke hat mit keinem Wort behauptet, dass die Kopie genauso schwer wär wie das Original.
Der Alte steht für einen Moment da und sein Lächeln verzerrt sich in bitteren Zorn. Er sammelt Kraft. Seine Hände halten verkrampft die großen Tüten fest. Ich sehe wie sein Körper sich anspannt und sehe schon, wie er die Tüten in die Tür schmettert. Aber nein! Plötzlich bricht der aufkeimende Schwung und er ist voller Kraft bemüht seine Tränen zurückzuhalten und geht wankenden Schrittes auf der Bourbon Street los...
Wir, wir sind dagegen stolz auf uns selbst, weil wir dem Gehirnterror ziemlich getrotzt hatten. Die vergoldeten Kugelschreiber und die Ketten sind zusammen weniger als fünf Dollar wert, aber wir würden sie nicht mal für fünfzig hergeben. Wir haben eine Lektion über Schröpfen bekommen und na ja, wir bilden uns ein (obwohl der Dicke auch uns diesen Kram angedreht hatte): die Prüfung bestanden zu haben. Wir zahlten den niedrigsten Tarif dafür. Wir laufen dem entsprechend die Straße hinunter, wie Studenten, wie Mitglieder einer siegreichen Basketballmannschaft, und grüßen jeden.
Ein bärtiger Typ mit Stirnband hält uns an.
„Hey Kumpels, wohin denn so eilig? Bleibt mal eine Minute stehen. Dich habe ich gestern schon par mal g esehen“ sagt er zu mir.
„Ich dich auch“ erwidere ich. „Du hast gestern schon hier gestanden.“
Oh
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