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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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Genugtuung auf die aus Kleidern, neuen Schuhen, alten dreckigen Schuhen, Bleistiften, Füllfederhaltern, Papierblättern, Büchern, Socken, perlenbesetzten Gamaschen auf- und Lendenschürzen unter dem Bett, zerrissenen Bildern im Schrank sowie auf dem Stuhl, Kuchenresten, Staub und noch unzähligen Zutaten komponierte bunte Kavalkade im Kinderzimmer. „Jede Woche muss ich für irgendjemanden ein Paar neue Schuhe kaufen, weil sie, wenn sie ihre Schuhe ausziehen, diese irgendwo hinschmeißen, so dass sie meistens nur die eine Hälfte wieder finden... Oder nicht Mal das.“
    So geht es im ganzen Haus: In einem Zimmer sind demolierte neue Rustikalmöbel. „Wenn die großen sich besaufen, schlagen sie einfach die Schrankscheiben ein, oder beschnitzen den Tisch mit dem Taschenme sser.“
    An einem Fernseher sind die Knöpfe kaputtgeschlagen, der Stecker abgerissen. Ein Kühlschrank ist „kaltgestellt“, eine Vitrine und eine Zimmertür haben nur noch Scheibenreste. Sogar Joe`s Schlafzimmer ist der Wohnung „ angepasst“. „Sieh das hier an, ob ich Ordnung mache, oder nicht... hier Kleider unter meinem Bett, abgekaute Lutscher... Waschpulver in meinem Schrank, Spielzeuge...“ zeigt er auf die Sachen, wie ein Kunstführer in einer Ausstellung. „Siehst du, so muss ich leben. Ich bin ein gläubiger Mensch. Ich bete jeden Tag zu dem HERRn, er soll sie verbessern. Nur deswegen ertrage ich das hier, weil ich weiß, der HERR will, dass es so ist... Nur ich verstehe nicht warum. Ich weiß aber, dass unser HERR mich erhört, denn er hat mich auch erhört, als er mir mit sechsundsechzig einen Sohn schenkte.“
    Alma ist ein wunderschönes Baby und unbestreitbar sein Sohn. Er ist aber noch nicht am Ende, mit der Kunstführung. Wir gehen in den Keller, besser gesagt in das Souterrainteil des Hauses. Es besteht aus zwei kleineren Zimmern und aus einem riesengroßen Raum. In den kleineren Zimmern stehen Regale bis zur Decke voller Lebensmitteln von der Wohlfahrt; enorme Mengen Mais, Honig, Nüsse, Nusskrem, Ananas, Milchpulver, Pfirsichkonserven und Mehl und Zucker und-und-und... In dem großen Raum stehen eine Waschmaschine und ein Wäschetrockner in einer Hügellandschaft aus Wäsche. Man kann aus dem Badezimmer durch eine Rutsche die Dreckwäsche direkt vor die Maschinen fallen lassen. „Siehst du? Die sind zu faul die Maschinen einzuschalten. Aber, diesmal habe ich mir vorgenommen, nicht mehr für sie zu waschen. Jetzt warte ich ab, dass sie es selber tun... Selbst, wenn die Dreckwäsche das ganze Haus überflutet“ und er ergänzt mit bitterer Miene; „die neuen Kleider muss wieder ich für sie bezahlen.“ Er beugt sich über einen der Haufen, hebt einen kotbedreckten braunen Cowboystiefel hoch und schleudert ihn in die Raummitte. „Vorige Woche hat sich die große Tochter ein Paar neue Schuhe gekauft, weil sie diese angeblich nicht gefunden hatte. Und wenn ich ihnen das Geld nicht gebe, dann sprechen sie nicht mit mir. Auch meine Frau.“
    Ich verstehe ihn und seine Wehmut und ziemlich alles, aber warum er Lebensmittel hortet, muss er mir erläutern. „Für zehn Dollar kannst du dir von den Wohlfahrtsempfängern achtzig Dollar wertes Essen kaufen. Hier leben die Reichen auch davon...“
    „Wie? das verstehe ich nicht, warum verkaufen sie es so billig?“
    Weil sie für die Lebensmittel nirgendwo Alkohol kriegen! Aber für zehn Dollar schon eine ganze Flasche“ sagt er mit triumphierender Freude an der Belehrung. „...Und das ist für sie wichtiger als das Fressen...“
    Ich soll mir auch ruhig alles, was ich brauche, einstecken, wenn ich im Reservat unter wegs bin.
     
    So trampe ich dann, mit Erdnüssen und Mais ausgerüstet, am nächsten Morgen für eine Tagestour, nach Wounded Knee los. Ich hatte schon die verschiedenste Anekdoten über den Ort des letzten Massakers an Indianern in der US-amerikanischen Geschichte gehört.
    Sitting Bull war der Medizinmann des Stammes. Er wurde aber schon vorher, wegen seiner kultischen Tänze umgebracht. Ich denke an den Aufstand Neunzehndreiundsiebzig und verstehe die Leute hier nicht, Joe, Adlerherz, Christy und die anderen Verwandten, keiner findet etwas Besonderes an Wounded Knee. „Ein windiger Ort und es gibt nicht mal einen Shop in der Nähe.“ Ich dagegen hatte damals weit weg von hier alles aus den Zeitungen zusammen gelesen. Tja, aus zweiter, dritter Hand.
    Von Oglala nimmt mich ein junges Pärchen in ihrer zerlöcherten Rostlaube mit und ich bin froh, dass sie

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