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Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Keks & Drugs & Rock 'n' Roll

Titel: Keks & Drugs & Rock 'n' Roll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: László Virág
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Vergangenheit hängen und diesen Ort verkommen lassen. Nur ein verwittertes Schild trotzt der Zeit und erzählt, dass an diesem Ort im Jahr 1890 das letzte Indianermassaker statt fand. Dort steht auch der Name von Sitting Bull. Mein Stolz darüber, dass sein Hauptgefieder vor zwei Tagen auf meinem Kopf protzte, verblasst im Nu. Ah, weg mit dem! Rein in die Plastetüte und ab in den Schlafzimmerschrank! Es ist sinnlos diesen Platz, und die Tatsache; dass ich hier bin, aufzuwerten. Ich muss einsehen, dass die Menschen und ihre Taten maßgebend sind und nicht der Ort...
    Motto des Tages : Gemütlich kann man es schon überall haben, aber nicht mit jedem.
    Auf dem Fußmarsch in Richtung Purcu Pine beherrschen Russel Meals und Black Elk meine Gedanken und Konsummüll den Straßenrand. Die zwei jungen Typen, die meine Strecke erleichtern, wollen mir fünf Dollar für die Fünf-Meilen-Fahrt abknöpfen. Ich öffne sofort die Tür und will sogleich am Anfang aussteigen: „Ich bin ein Tramper und kein verrückter Millionär.“ Nein, zwei rück ich auch nicht `raus... Nein, nicht mal einen Dollar. „Schon gut Kumpel, wir nehmen dich umsonst mit.“ Aber das haben sie umsonst gesagt; denn während sie gefeilscht haben, sind wir schon angekommen.
    Auf einem Hügel ist die Radiostation. Ich gehe zielstrebig in das Gebäude und öffne eine Studiotür. „Könnt Ihr mir helfen, ich habe zwei Kassetten hier und will Indianer Musik, die ich in eurem Radio hörte aufnehmen. Deswegen bin ich hierher getrampt“
    „Klar, warum nicht!“ bekomme ich die überraschende Antwort. Junge Leute bedienen hier alles. Der Kopf des Studios sagt gerade das nächste Programm an, dann ruft er zu einem Kollegen: „Geht in die Zwei. Dort könnt ihr in Ruhe überspielen.“
    Zwischen zwei Ansagen entschuldigt er sich bei mir; aber er hätte viel zu tun. Er bereitet die Nachrichten vor und fängt an sie heru nterzuleiern.
    Die angenehme Stimme, die mir schon aus dem Radio vertraut ist, fließt aus einer Pausbacke in den Äther. Die Stimme, die ich in den letzten Tagen in Oglala gehört hatte, sitzt mir gegenüber und beim Händeschütteln entschuldigt sie sich sogar, dass sie jetzt beschäftigt ist.
    „Lakota Radio K.I.L.I. 90.1, ka, i, el, i, neun-zero-eins! Nun, Liebe Hörer, sehen wir jetzt, was heute in der großen Welt passierte...“ Und die ‘Große Welt’ fängt bei Washington an, geht über Präsident Reagans morgendliches Lächeln, über New York, einen steckbrieflich gesuchten Mörder bis zu den neuen Zähnen eines Paul Newmans. Derselbe Text wie überall in anderen Radios.
    „Die Nachrichten bekommen wir auch von APN“ zuckt der Chef seine Schulter. „Manchmal, selten aber, h aben wir auch eigene Quellen.“
    Zumindest die Musik kommt aus der eigenen Plattensammlung. Im Studio “2“ lädt Benbee, der junge Mitarbeiter einen Stapel LPs auf den Tisch, erklärt mir wie ich den Plattenspieler bedienen soll und lässt mich allein. Dann erscheint er wieder, die Hände voller Platten. Ich muss ihn bremsen. Mann, es ist Wahnsinn so viel Stoff überhaupt durchzusehen. Er beruhigt mich jedoch, es wäre nur ein Bruchteil des Archivs.
    „Ihr müsst sehr reich sein“ staune ich.“
    „Reich? Du machst Spaß? Das alles haben wir geschenkt bekommen. Dieses Paket hier, hat uns gerade jemand geschenkt. Der ganze Sender wurde fast nur aus Spenden aufgebaut. Die Regierung unterstützt uns auch, aber das Material müssen wir selbst auftreiben. Wir sind ein freies R adio!“ sagt er selbstbewusst.
    „Großartig Mann, freies Radio!... aber, zentrale Nachrichten?“
    „Hm...“ sagt er und von der Platte die ich gerade überspiele, kommt: „Renn’ Indianer, renn’, renn’ wie du nur kannst, hier kommt der Weiße Mann. Sie töten unsere Büffel, sie nehmen unser Land...“ Benbee lächelt mit leicht überlegendem Strahlen im Gesicht, und ich ergänze murmelnd das schöne Pathos des Liedes: ...“renn Indianer, renn, um dieselbe Scheiße in deinen Kopf zu kriegen, wie der Weiße Mann.“
    „Hä?“ schaut mich Benbee an.
    „Ich komme grade aus Wounded Knee und ich verstehe nicht, warum es so verkommen ist. Ich dachte, das wäre eine wichtige Gedenkstätte?“
    „Ich weiß nicht“ sagt er mit absolutem Desinteresse, „es gibt dort ein Schild, auf dem was von einer Schlacht steht. Irgendwelche Yankees haben dort Indianer getötet.“
    „Was, Du warst noch nicht mal da?“
    „Doch. Ich fahre jeden Tag dort vorbei nach Hause. Aber mich

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